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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
ander gegenüberliegenden Reihen Düsen niedergeschmolzen wurde.
Setzte man hierbei reichliche Mengen eisenreicher Schlacken zu, so
war auch eine theilweise Entphosphorung möglich; aber auch der ge-
sammte Abbrand war hoch und betrug mitunter mehr als 16 Proc.

Bei allen diesen Methoden wird, sofern die Temperatur nicht allzu
hoch steigt und der Process nicht allzu lange ausgedehnt wird, vorzugs-
weise Silicium und Mangan abgeschieden. Phosphor kann, wie erwähnt,
theilweise in die Schlacke geführt werden, sofern diese ausreichend
basisch ist, Kohlenstoff wird nicht verbrannt und ist seinem Procent-
gehalte nach in dem gefeinten Eisen oft reichlicher vorhanden als in
dem rohen. Infolge der Abscheidung des Siliciums wird das graue Roh-
eisen in weisses umgewandelt.

Anders verläuft der Process, wenn die Temperatur sehr gesteigert
wird, z. B. durch Anwendung heissen Windes statt kalten. Die Ver-
brennung wirft sich alsdann theilweise auf den Kohlenstoffgehalt des
Roheisens und der Siliciumgehalt wird weniger als im andern Falle
beeinflusst. In dieser Beziehung interessant, wenn auch übrigens ohne
praktische Wichtigkeit, ist ein Verfahren, welches vor einigen Jahren
auf französischen Eisenwerken unter dem Namen Hamoirprocess durch-
geführt wurde und im Wesentlichen auf dem Einblasen heissen Windes
in das aus dem Hochofen fiiessende Roheisen beruhte. Die Analyse
eines derartig behandelten Roheisens zeigte, dass der Kohlenstoffgehalt
von 4.10 Proc. auf 2.80 Proc., der Siliciumgehalt von 1.16 Proc. auf
0.69 Proc., der Phosphorgehalt von 1.71 Proc. auf 1.44 Proc. sich ver-
ringert hatte. 1)

Seitdem man gelernt hat, beim Hochofenbetriebe die Beschaffenheit
des erfolgenden Roheisens fast beliebig zu regeln, und solcherart unmittel-
bar Roheisensorten zu erzeugen ähnlich denjenigen, wie sie früher erst
durch den Feinprocess aus grauem Roheisen gewonnen wurden; seitdem
ferner der Bedarf an diesem weissen Roheisen den Bedarf an grauem
Roheisen ganz erheblich überstiegen hat, und somit jene frühere Betriebs-
weise, bei der nur die Abfälle von der Gusswaarendarstellung durch
Feinen in Weisseisen umgewandelt wurden, zur Deckung des Bedarfes
an letzterem überhaupt unmöglich geworden ist, hat auch das Feinen
des Roheisens seine frühere Wichtigkeit vollständig verloren. Im Hoch-
ofen lässt sich, wie aus den früheren Darlegungen hervorgeht, ein
siliciumarmes Weisseisen nicht unerheblich billiger als Graueisen dar-
stellen; durch den Feinprocess aber werden die Kosten des letzteren
noch fernerhin vertheuert.

Wohl aber führt man unabsichtlich mitunter einen Feinprocess
aus, wo eine Entphosphorung des Roheisens nach einer der im Nach-
folgenden beschriebenen Methoden der Hauptzweck ist; denn es ist
kein Verfahren bekannt, durch welches grössere Mengen Phosphor
aus dem Roheisen ohne gleichzeitige Abscheidung des ganzen Silicium-
gehaltes entfernt werden könnten.

1) Vergl. Literatur.

Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens.
ander gegenüberliegenden Reihen Düsen niedergeschmolzen wurde.
Setzte man hierbei reichliche Mengen eisenreicher Schlacken zu, so
war auch eine theilweise Entphosphorung möglich; aber auch der ge-
sammte Abbrand war hoch und betrug mitunter mehr als 16 Proc.

Bei allen diesen Methoden wird, sofern die Temperatur nicht allzu
hoch steigt und der Process nicht allzu lange ausgedehnt wird, vorzugs-
weise Silicium und Mangan abgeschieden. Phosphor kann, wie erwähnt,
theilweise in die Schlacke geführt werden, sofern diese ausreichend
basisch ist, Kohlenstoff wird nicht verbrannt und ist seinem Procent-
gehalte nach in dem gefeinten Eisen oft reichlicher vorhanden als in
dem rohen. Infolge der Abscheidung des Siliciums wird das graue Roh-
eisen in weisses umgewandelt.

Anders verläuft der Process, wenn die Temperatur sehr gesteigert
wird, z. B. durch Anwendung heissen Windes statt kalten. Die Ver-
brennung wirft sich alsdann theilweise auf den Kohlenstoffgehalt des
Roheisens und der Siliciumgehalt wird weniger als im andern Falle
beeinflusst. In dieser Beziehung interessant, wenn auch übrigens ohne
praktische Wichtigkeit, ist ein Verfahren, welches vor einigen Jahren
auf französischen Eisenwerken unter dem Namen Hamoirprocess durch-
geführt wurde und im Wesentlichen auf dem Einblasen heissen Windes
in das aus dem Hochofen fiiessende Roheisen beruhte. Die Analyse
eines derartig behandelten Roheisens zeigte, dass der Kohlenstoffgehalt
von 4.10 Proc. auf 2.80 Proc., der Siliciumgehalt von 1.16 Proc. auf
0.69 Proc., der Phosphorgehalt von 1.71 Proc. auf 1.44 Proc. sich ver-
ringert hatte. 1)

Seitdem man gelernt hat, beim Hochofenbetriebe die Beschaffenheit
des erfolgenden Roheisens fast beliebig zu regeln, und solcherart unmittel-
bar Roheisensorten zu erzeugen ähnlich denjenigen, wie sie früher erst
durch den Feinprocess aus grauem Roheisen gewonnen wurden; seitdem
ferner der Bedarf an diesem weissen Roheisen den Bedarf an grauem
Roheisen ganz erheblich überstiegen hat, und somit jene frühere Betriebs-
weise, bei der nur die Abfälle von der Gusswaarendarstellung durch
Feinen in Weisseisen umgewandelt wurden, zur Deckung des Bedarfes
an letzterem überhaupt unmöglich geworden ist, hat auch das Feinen
des Roheisens seine frühere Wichtigkeit vollständig verloren. Im Hoch-
ofen lässt sich, wie aus den früheren Darlegungen hervorgeht, ein
siliciumarmes Weisseisen nicht unerheblich billiger als Graueisen dar-
stellen; durch den Feinprocess aber werden die Kosten des letzteren
noch fernerhin vertheuert.

Wohl aber führt man unabsichtlich mitunter einen Feinprocess
aus, wo eine Entphosphorung des Roheisens nach einer der im Nach-
folgenden beschriebenen Methoden der Hauptzweck ist; denn es ist
kein Verfahren bekannt, durch welches grössere Mengen Phosphor
aus dem Roheisen ohne gleichzeitige Abscheidung des ganzen Silicium-
gehaltes entfernt werden könnten.

1) Vergl. Literatur.
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[624/0692] Das Umschmelzen und die Reinigung des Roheisens. ander gegenüberliegenden Reihen Düsen niedergeschmolzen wurde. Setzte man hierbei reichliche Mengen eisenreicher Schlacken zu, so war auch eine theilweise Entphosphorung möglich; aber auch der ge- sammte Abbrand war hoch und betrug mitunter mehr als 16 Proc. Bei allen diesen Methoden wird, sofern die Temperatur nicht allzu hoch steigt und der Process nicht allzu lange ausgedehnt wird, vorzugs- weise Silicium und Mangan abgeschieden. Phosphor kann, wie erwähnt, theilweise in die Schlacke geführt werden, sofern diese ausreichend basisch ist, Kohlenstoff wird nicht verbrannt und ist seinem Procent- gehalte nach in dem gefeinten Eisen oft reichlicher vorhanden als in dem rohen. Infolge der Abscheidung des Siliciums wird das graue Roh- eisen in weisses umgewandelt. Anders verläuft der Process, wenn die Temperatur sehr gesteigert wird, z. B. durch Anwendung heissen Windes statt kalten. Die Ver- brennung wirft sich alsdann theilweise auf den Kohlenstoffgehalt des Roheisens und der Siliciumgehalt wird weniger als im andern Falle beeinflusst. In dieser Beziehung interessant, wenn auch übrigens ohne praktische Wichtigkeit, ist ein Verfahren, welches vor einigen Jahren auf französischen Eisenwerken unter dem Namen Hamoirprocess durch- geführt wurde und im Wesentlichen auf dem Einblasen heissen Windes in das aus dem Hochofen fiiessende Roheisen beruhte. Die Analyse eines derartig behandelten Roheisens zeigte, dass der Kohlenstoffgehalt von 4.10 Proc. auf 2.80 Proc., der Siliciumgehalt von 1.16 Proc. auf 0.69 Proc., der Phosphorgehalt von 1.71 Proc. auf 1.44 Proc. sich ver- ringert hatte. 1) Seitdem man gelernt hat, beim Hochofenbetriebe die Beschaffenheit des erfolgenden Roheisens fast beliebig zu regeln, und solcherart unmittel- bar Roheisensorten zu erzeugen ähnlich denjenigen, wie sie früher erst durch den Feinprocess aus grauem Roheisen gewonnen wurden; seitdem ferner der Bedarf an diesem weissen Roheisen den Bedarf an grauem Roheisen ganz erheblich überstiegen hat, und somit jene frühere Betriebs- weise, bei der nur die Abfälle von der Gusswaarendarstellung durch Feinen in Weisseisen umgewandelt wurden, zur Deckung des Bedarfes an letzterem überhaupt unmöglich geworden ist, hat auch das Feinen des Roheisens seine frühere Wichtigkeit vollständig verloren. Im Hoch- ofen lässt sich, wie aus den früheren Darlegungen hervorgeht, ein siliciumarmes Weisseisen nicht unerheblich billiger als Graueisen dar- stellen; durch den Feinprocess aber werden die Kosten des letzteren noch fernerhin vertheuert. Wohl aber führt man unabsichtlich mitunter einen Feinprocess aus, wo eine Entphosphorung des Roheisens nach einer der im Nach- folgenden beschriebenen Methoden der Hauptzweck ist; denn es ist kein Verfahren bekannt, durch welches grössere Mengen Phosphor aus dem Roheisen ohne gleichzeitige Abscheidung des ganzen Silicium- gehaltes entfernt werden könnten. 1) Vergl. Literatur.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 624. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/692>, abgerufen am 26.06.2024.