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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Temperaturbestimmungen.
herrschenden Temperaturen wie der Betriebsverhältnisse überhaupt
bildet ein auf graues Roheisen betriebener Holzkohlenhochofen zu Rothe-
hütte am Harz, dessen Temperaturen durch Jüngst gemessen wurden.1)
Die Abmessungen dieses Hochofens ergeben sich aus der Abbildung
Fig. 79 auf S. 340; es sei deshalb nur erwähnt, dass die Höhe von der
Formebene bis zur Gicht 13 m betrug. Zur Verhüttung gelangten
Roth- und Brauneisenerze mit einem durchschnittlichen Eisengehalte von
30 Proc.; die Windtemperatur betrug 300°C., die Production in 24 Stun-
den 4.5 Tonnen Roheisen (also nur etwa ein Viertel von der Production
des Eisenerzer Hochofens, während der räumliche Inhalt beider Oefen
annähernd gleich war).

Die Temperaturmessungen ergaben:

[Tabelle]

Vor den Formen herrscht, wie es zur Darstellung grauen Roh-
eisens erforderlich ist, eine höhere Temperatur als in dem zuerst be-
sprochenen Hochofen; aber rascher als dort nimmt dieselbe ab und
sinkt schon bei etwas mehr als einem Drittel der Ofenhöhe auf das
auffallend niedrige Maass von 360°C. Die grössere Hälfte des Ofens
dient also für die Vorbereitung der Erze, d. h. die Austreibung des
Wassergehaltes; erst bei 5.4 m Höhe über der Form, 7.6 m unterhalb
der Gicht, in welcher Gegend eine Temperatur von 230°C. oder etwas
darüber herrscht, kann die Reduction beginnen, wird aber hier immer-
hin noch auf ein unbedeutendes Maass beschränkt bleiben, und die
grösste Menge des Sauerstoffes wird erst innerhalb der Rast -- inner-
halb des Raumes, welcher 2--4 m über der Form liegt -- entzogen.
Aus diesem Grunde muss die Durchsetzzeit lang, die Production ent-
sprechend gering sein. Durch Beschleunigung des Ofenganges, d. h.
durch Vermehrung der zugeführten Windmenge würde vermuthlich
eine Steigerung der Production zu erreichen gewesen sein, nicht aber
ohne Vermehrung des Brennstoffverbrauches per 100 kg dargestellten
Roheisens. Die Gase würden heisser die Ofengicht verlassen und dem-
nach mehr Wärme mitgeführt haben, die directe Reduction wäre ver-
mehrt worden; dieser grössere Wärmeverbrauch hätte eben durch jene
Erhöhung des Brennstoffaufwandes gedeckt werden müssen, wenn nicht
Rohgang die Folge sein sollte.

Als letztes Beispiel mögen die Temperaturbestimmungen eines mit
Koks auf gewöhnliches Weisseisen betriebenen Hochofens zu Gleiwitz
dienen. 2) Der Ofen maass 13.6 m von der Formebene bis zur Gicht;
Durchmesser in der Formebene 2.56 m, im Kohlensack 5.34 m, in der
Gicht 3.92 m, Rauminhalt des Ofens 215 cbm. Die Windtemperatur
betrug 350°C., Windmenge ca. 150 cbm per Minute. Die Beschickung
bestand per Gicht aus 180 kg Frischschlacken, 135 kg Brauneisenstein,
135 kg Spatheisenstein (von letzterem die Hälfte roh, die andere Hälfte

1) Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate, Bd. XIX.
2) Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate, Bd. XXII,
S. 289 (Wiebner).

Temperaturbestimmungen.
herrschenden Temperaturen wie der Betriebsverhältnisse überhaupt
bildet ein auf graues Roheisen betriebener Holzkohlenhochofen zu Rothe-
hütte am Harz, dessen Temperaturen durch Jüngst gemessen wurden.1)
Die Abmessungen dieses Hochofens ergeben sich aus der Abbildung
Fig. 79 auf S. 340; es sei deshalb nur erwähnt, dass die Höhe von der
Formebene bis zur Gicht 13 m betrug. Zur Verhüttung gelangten
Roth- und Brauneisenerze mit einem durchschnittlichen Eisengehalte von
30 Proc.; die Windtemperatur betrug 300°C., die Production in 24 Stun-
den 4.5 Tonnen Roheisen (also nur etwa ein Viertel von der Production
des Eisenerzer Hochofens, während der räumliche Inhalt beider Oefen
annähernd gleich war).

Die Temperaturmessungen ergaben:

[Tabelle]

Vor den Formen herrscht, wie es zur Darstellung grauen Roh-
eisens erforderlich ist, eine höhere Temperatur als in dem zuerst be-
sprochenen Hochofen; aber rascher als dort nimmt dieselbe ab und
sinkt schon bei etwas mehr als einem Drittel der Ofenhöhe auf das
auffallend niedrige Maass von 360°C. Die grössere Hälfte des Ofens
dient also für die Vorbereitung der Erze, d. h. die Austreibung des
Wassergehaltes; erst bei 5.4 m Höhe über der Form, 7.6 m unterhalb
der Gicht, in welcher Gegend eine Temperatur von 230°C. oder etwas
darüber herrscht, kann die Reduction beginnen, wird aber hier immer-
hin noch auf ein unbedeutendes Maass beschränkt bleiben, und die
grösste Menge des Sauerstoffes wird erst innerhalb der Rast — inner-
halb des Raumes, welcher 2—4 m über der Form liegt — entzogen.
Aus diesem Grunde muss die Durchsetzzeit lang, die Production ent-
sprechend gering sein. Durch Beschleunigung des Ofenganges, d. h.
durch Vermehrung der zugeführten Windmenge würde vermuthlich
eine Steigerung der Production zu erreichen gewesen sein, nicht aber
ohne Vermehrung des Brennstoffverbrauches per 100 kg dargestellten
Roheisens. Die Gase würden heisser die Ofengicht verlassen und dem-
nach mehr Wärme mitgeführt haben, die directe Reduction wäre ver-
mehrt worden; dieser grössere Wärmeverbrauch hätte eben durch jene
Erhöhung des Brennstoffaufwandes gedeckt werden müssen, wenn nicht
Rohgang die Folge sein sollte.

Als letztes Beispiel mögen die Temperaturbestimmungen eines mit
Koks auf gewöhnliches Weisseisen betriebenen Hochofens zu Gleiwitz
dienen. 2) Der Ofen maass 13.6 m von der Formebene bis zur Gicht;
Durchmesser in der Formebene 2.56 m, im Kohlensack 5.34 m, in der
Gicht 3.92 m, Rauminhalt des Ofens 215 cbm. Die Windtemperatur
betrug 350°C., Windmenge ca. 150 cbm per Minute. Die Beschickung
bestand per Gicht aus 180 kg Frischschlacken, 135 kg Brauneisenstein,
135 kg Spatheisenstein (von letzterem die Hälfte roh, die andere Hälfte

1) Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate, Bd. XIX.
2) Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate, Bd. XXII,
S. 289 (Wiebner).
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[493/0553] Temperaturbestimmungen. herrschenden Temperaturen wie der Betriebsverhältnisse überhaupt bildet ein auf graues Roheisen betriebener Holzkohlenhochofen zu Rothe- hütte am Harz, dessen Temperaturen durch Jüngst gemessen wurden. 1) Die Abmessungen dieses Hochofens ergeben sich aus der Abbildung Fig. 79 auf S. 340; es sei deshalb nur erwähnt, dass die Höhe von der Formebene bis zur Gicht 13 m betrug. Zur Verhüttung gelangten Roth- und Brauneisenerze mit einem durchschnittlichen Eisengehalte von 30 Proc.; die Windtemperatur betrug 300°C., die Production in 24 Stun- den 4.5 Tonnen Roheisen (also nur etwa ein Viertel von der Production des Eisenerzer Hochofens, während der räumliche Inhalt beider Oefen annähernd gleich war). Die Temperaturmessungen ergaben: Vor den Formen herrscht, wie es zur Darstellung grauen Roh- eisens erforderlich ist, eine höhere Temperatur als in dem zuerst be- sprochenen Hochofen; aber rascher als dort nimmt dieselbe ab und sinkt schon bei etwas mehr als einem Drittel der Ofenhöhe auf das auffallend niedrige Maass von 360°C. Die grössere Hälfte des Ofens dient also für die Vorbereitung der Erze, d. h. die Austreibung des Wassergehaltes; erst bei 5.4 m Höhe über der Form, 7.6 m unterhalb der Gicht, in welcher Gegend eine Temperatur von 230°C. oder etwas darüber herrscht, kann die Reduction beginnen, wird aber hier immer- hin noch auf ein unbedeutendes Maass beschränkt bleiben, und die grösste Menge des Sauerstoffes wird erst innerhalb der Rast — inner- halb des Raumes, welcher 2—4 m über der Form liegt — entzogen. Aus diesem Grunde muss die Durchsetzzeit lang, die Production ent- sprechend gering sein. Durch Beschleunigung des Ofenganges, d. h. durch Vermehrung der zugeführten Windmenge würde vermuthlich eine Steigerung der Production zu erreichen gewesen sein, nicht aber ohne Vermehrung des Brennstoffverbrauches per 100 kg dargestellten Roheisens. Die Gase würden heisser die Ofengicht verlassen und dem- nach mehr Wärme mitgeführt haben, die directe Reduction wäre ver- mehrt worden; dieser grössere Wärmeverbrauch hätte eben durch jene Erhöhung des Brennstoffaufwandes gedeckt werden müssen, wenn nicht Rohgang die Folge sein sollte. Als letztes Beispiel mögen die Temperaturbestimmungen eines mit Koks auf gewöhnliches Weisseisen betriebenen Hochofens zu Gleiwitz dienen. 2) Der Ofen maass 13.6 m von der Formebene bis zur Gicht; Durchmesser in der Formebene 2.56 m, im Kohlensack 5.34 m, in der Gicht 3.92 m, Rauminhalt des Ofens 215 cbm. Die Windtemperatur betrug 350°C., Windmenge ca. 150 cbm per Minute. Die Beschickung bestand per Gicht aus 180 kg Frischschlacken, 135 kg Brauneisenstein, 135 kg Spatheisenstein (von letzterem die Hälfte roh, die andere Hälfte 1) Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate, Bd. XIX. 2) Ztschr. f. Berg-, Hütten- und Salinenwesen im Preussischen Staate, Bd. XXII, S. 289 (Wiebner).

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 493. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/553>, abgerufen am 11.06.2024.