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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Hochofenprocess.

Zu den geschilderten Veränderungen, welche die festen Körper
bei ihrem Niedergange im Ofen erleiden, stehen die Veränderungen,
welchen die Zusammensetzung des Gasgemenges bei dem Aufsteigen
von der Formgegend bis zur Gicht unterworfen ist, in naher Be-
ziehung.

Durch die Formen wird gepresste atmosphärische Luft eingeblasen,
im Wesentlichen bestehend aus einem Gemenge von Stickstoff und
Sauerstoff, daneben aber auch kleine Mengen Kohlensäure und Wasser-
dampf enthaltend.

Sobald die Luft auf die bei ihrem Niedergange schon stark erhitzten
Kohlen trifft, beginnt die Verbrennung. Dieselbe verläuft um so rascher,
d. h. der eingeblasene Sauerstoff wird um so früher verzehrt, je höher
die Temperatur in dem Verbrennungsraume und je vollständiger, aus-
gedehnter die gegenseitige Berührung zwischen Luft und Brennstoff
ist. Daher befördern Erhitzung des Windes, Vertheilung desselben in
zahlreiche einzelne Strahlen mit grösserer Gesammtoberfläche, poröse
Beschaffenheit des Brennstoffs und bis zu einem gewissen Grade auch
stärkere Pressung des Windes, durch welche er befähigt wird, zwischen
den Stücken des Brennstoffs hindurch seinen Weg bis in die Mitte des
Ofens zu nehmen, und welche ihn in innigere Berührung mit dem
Brennstoffe bringt, die rasche Verbrennung. Das Enderzeugniss der
Verbrennung ist in allen Fällen Kohlenoxyd, wie sich leicht aus dem
Umstände erklärt, dass der Gasstrom immer aufs Neue mit glühenden
Kohlen in Berührung tritt; dabei ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass
bei der ersten augenblicklichen Berührung zwischen Brennstoff und
Sauerstoff gewisse Mengen von Kohlensäure gebildet werden, welche
erst allmählich bis auf kleine etwa zurückbleibende Theile wieder ver-
schwinden; und ebenso erklärt es sich leicht, dass in den Gasen, die
unmittelbar über den Formen dem Hochofen entnommen werden, auch
noch unverzehrter Sauerstoff gefunden werden kann. Je höher aber
die Temperatur vor den Formen ist, desto rascher verschwindet aller
freie Sauerstoff; und Kohlensäure kann überhaupt in sehr hohen Tempe-
raturen nicht mehr bestehen.

Der nächste Zweck der Verbrennung der Kohlen vor den Formen
ist die Erzeugung der für den Schmelzprocess erforderlichen Tempe-
ratur. Diese Verbrennungstemperatur ist natürlich abhängig von der
Wärmeleistung des Brennstoffs, ausserdem aber von der stattgehabten
Vorwärmung der Brennstoffe und Schmelzmaterialien bei ihrem Nieder-
gange, von der Temperatur des Gebläsewindes, von dem Verhältnisse
zwischen der Menge des Brennstoffs und der zu erhitzenden Körper.
Es ist leicht zu ermessen, dass unter übrigens gleichen Verhältnissen
die Temperatur im Verbrennungsraume sinken muss, wenn das Ver-
hältniss des Erzsatzes zum Brennmaterial gesteigert wird; denn wenn
die Menge der wärmeaufnehmenden Körper zunimmt, muss die Tempe-
ratur abnehmen (vergl. S. 23).

Im Uebrigen ist, wie sich aus dem über den Verlauf der Ver-
brennung schon Gesagten ergiebt, diese Temperatur nicht an allen
Stellen des Ofenquerschnittes die nämliche. Der Wind tritt strahlen-
förmig in den Ofen, und wo diese Windstrahlen auf die Kohlen treffen,

Der Hochofenprocess.

Zu den geschilderten Veränderungen, welche die festen Körper
bei ihrem Niedergange im Ofen erleiden, stehen die Veränderungen,
welchen die Zusammensetzung des Gasgemenges bei dem Aufsteigen
von der Formgegend bis zur Gicht unterworfen ist, in naher Be-
ziehung.

Durch die Formen wird gepresste atmosphärische Luft eingeblasen,
im Wesentlichen bestehend aus einem Gemenge von Stickstoff und
Sauerstoff, daneben aber auch kleine Mengen Kohlensäure und Wasser-
dampf enthaltend.

Sobald die Luft auf die bei ihrem Niedergange schon stark erhitzten
Kohlen trifft, beginnt die Verbrennung. Dieselbe verläuft um so rascher,
d. h. der eingeblasene Sauerstoff wird um so früher verzehrt, je höher
die Temperatur in dem Verbrennungsraume und je vollständiger, aus-
gedehnter die gegenseitige Berührung zwischen Luft und Brennstoff
ist. Daher befördern Erhitzung des Windes, Vertheilung desselben in
zahlreiche einzelne Strahlen mit grösserer Gesammtoberfläche, poröse
Beschaffenheit des Brennstoffs und bis zu einem gewissen Grade auch
stärkere Pressung des Windes, durch welche er befähigt wird, zwischen
den Stücken des Brennstoffs hindurch seinen Weg bis in die Mitte des
Ofens zu nehmen, und welche ihn in innigere Berührung mit dem
Brennstoffe bringt, die rasche Verbrennung. Das Enderzeugniss der
Verbrennung ist in allen Fällen Kohlenoxyd, wie sich leicht aus dem
Umstände erklärt, dass der Gasstrom immer aufs Neue mit glühenden
Kohlen in Berührung tritt; dabei ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass
bei der ersten augenblicklichen Berührung zwischen Brennstoff und
Sauerstoff gewisse Mengen von Kohlensäure gebildet werden, welche
erst allmählich bis auf kleine etwa zurückbleibende Theile wieder ver-
schwinden; und ebenso erklärt es sich leicht, dass in den Gasen, die
unmittelbar über den Formen dem Hochofen entnommen werden, auch
noch unverzehrter Sauerstoff gefunden werden kann. Je höher aber
die Temperatur vor den Formen ist, desto rascher verschwindet aller
freie Sauerstoff; und Kohlensäure kann überhaupt in sehr hohen Tempe-
raturen nicht mehr bestehen.

Der nächste Zweck der Verbrennung der Kohlen vor den Formen
ist die Erzeugung der für den Schmelzprocess erforderlichen Tempe-
ratur. Diese Verbrennungstemperatur ist natürlich abhängig von der
Wärmeleistung des Brennstoffs, ausserdem aber von der stattgehabten
Vorwärmung der Brennstoffe und Schmelzmaterialien bei ihrem Nieder-
gange, von der Temperatur des Gebläsewindes, von dem Verhältnisse
zwischen der Menge des Brennstoffs und der zu erhitzenden Körper.
Es ist leicht zu ermessen, dass unter übrigens gleichen Verhältnissen
die Temperatur im Verbrennungsraume sinken muss, wenn das Ver-
hältniss des Erzsatzes zum Brennmaterial gesteigert wird; denn wenn
die Menge der wärmeaufnehmenden Körper zunimmt, muss die Tempe-
ratur abnehmen (vergl. S. 23).

Im Uebrigen ist, wie sich aus dem über den Verlauf der Ver-
brennung schon Gesagten ergiebt, diese Temperatur nicht an allen
Stellen des Ofenquerschnittes die nämliche. Der Wind tritt strahlen-
förmig in den Ofen, und wo diese Windstrahlen auf die Kohlen treffen,

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[466/0526] Der Hochofenprocess. Zu den geschilderten Veränderungen, welche die festen Körper bei ihrem Niedergange im Ofen erleiden, stehen die Veränderungen, welchen die Zusammensetzung des Gasgemenges bei dem Aufsteigen von der Formgegend bis zur Gicht unterworfen ist, in naher Be- ziehung. Durch die Formen wird gepresste atmosphärische Luft eingeblasen, im Wesentlichen bestehend aus einem Gemenge von Stickstoff und Sauerstoff, daneben aber auch kleine Mengen Kohlensäure und Wasser- dampf enthaltend. Sobald die Luft auf die bei ihrem Niedergange schon stark erhitzten Kohlen trifft, beginnt die Verbrennung. Dieselbe verläuft um so rascher, d. h. der eingeblasene Sauerstoff wird um so früher verzehrt, je höher die Temperatur in dem Verbrennungsraume und je vollständiger, aus- gedehnter die gegenseitige Berührung zwischen Luft und Brennstoff ist. Daher befördern Erhitzung des Windes, Vertheilung desselben in zahlreiche einzelne Strahlen mit grösserer Gesammtoberfläche, poröse Beschaffenheit des Brennstoffs und bis zu einem gewissen Grade auch stärkere Pressung des Windes, durch welche er befähigt wird, zwischen den Stücken des Brennstoffs hindurch seinen Weg bis in die Mitte des Ofens zu nehmen, und welche ihn in innigere Berührung mit dem Brennstoffe bringt, die rasche Verbrennung. Das Enderzeugniss der Verbrennung ist in allen Fällen Kohlenoxyd, wie sich leicht aus dem Umstände erklärt, dass der Gasstrom immer aufs Neue mit glühenden Kohlen in Berührung tritt; dabei ist jedoch nicht ausgeschlossen, dass bei der ersten augenblicklichen Berührung zwischen Brennstoff und Sauerstoff gewisse Mengen von Kohlensäure gebildet werden, welche erst allmählich bis auf kleine etwa zurückbleibende Theile wieder ver- schwinden; und ebenso erklärt es sich leicht, dass in den Gasen, die unmittelbar über den Formen dem Hochofen entnommen werden, auch noch unverzehrter Sauerstoff gefunden werden kann. Je höher aber die Temperatur vor den Formen ist, desto rascher verschwindet aller freie Sauerstoff; und Kohlensäure kann überhaupt in sehr hohen Tempe- raturen nicht mehr bestehen. Der nächste Zweck der Verbrennung der Kohlen vor den Formen ist die Erzeugung der für den Schmelzprocess erforderlichen Tempe- ratur. Diese Verbrennungstemperatur ist natürlich abhängig von der Wärmeleistung des Brennstoffs, ausserdem aber von der stattgehabten Vorwärmung der Brennstoffe und Schmelzmaterialien bei ihrem Nieder- gange, von der Temperatur des Gebläsewindes, von dem Verhältnisse zwischen der Menge des Brennstoffs und der zu erhitzenden Körper. Es ist leicht zu ermessen, dass unter übrigens gleichen Verhältnissen die Temperatur im Verbrennungsraume sinken muss, wenn das Ver- hältniss des Erzsatzes zum Brennmaterial gesteigert wird; denn wenn die Menge der wärmeaufnehmenden Körper zunimmt, muss die Tempe- ratur abnehmen (vergl. S. 23). Im Uebrigen ist, wie sich aus dem über den Verlauf der Ver- brennung schon Gesagten ergiebt, diese Temperatur nicht an allen Stellen des Ofenquerschnittes die nämliche. Der Wind tritt strahlen- förmig in den Ofen, und wo diese Windstrahlen auf die Kohlen treffen,

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 466. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/526>, abgerufen am 17.06.2024.