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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Der Hochofenprocess.
verringert hatte, in einer Tiefe von 4.3 m dagegen in dunkler Rothgluth
-- also bei einer Temperatur von ungefähr 500°C. -- nach Verlauf
von 41/2 Stunden annähernd vollständig ausgetrieben war. 1) Jedenfalls
ergiebt sich hieraus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Reduction
der Erze, welche in den angegebenen Temperaturen, wie bereits erwähnt
wurde, auf ein ziemlich unbedeutendes Maass beschränkt bleibt, durch
den gebundenen Wassergehalt der Erze nicht herbeigeführt werden
kann, und es erklärt sich hieraus die vielfach beobachtete Thatsache,
dass eine vorausgehende Röstung der Brauneisenerze zu dem Zwecke,
sie ihres Wassergehaltes zu berauben, für den Hochofenprocess ohne
Nutzen ist.

In einem niedriger gelegenen Theile des Hochofens dagegen erfolgt
die Zersetzung vorhandener Carbonate, der aus kohlensaurem Eisen
bestehenden Erze wie des Kalksteins. Nach Versuchen von Schinz
beginnt die Zersetzung und Reduction der Spatheisensteine in einem
Gasstrome, welcher etwa 34 Proc. Kohlenoxyd neben Stickstoff enthält,
erst in Temperaturen, welche nicht erheblich unter 800°C. liegen 2);
es erklärt sich hieraus, dass die gerösteten Eisencarbonate erheblich
leichter reducirbar sind als die ungerösteten (vergl. auch S. 187).

Auch die Zerlegung des Calciumcarbonats erfordert eine Tempe-
ratur von nicht unter 800°C. Schöffel fand in einer kalkspath-
haltigen Erzprobe, deren Kohlensäuregehalt ursprünglich 12.11 Proc.
gewesen war, noch 5.01 Proc. Kohlensäure, also mehr als ein Drittel
der ursprünglichen Menge, nachdem das Erz im Hochofen der Ein-
wirkung des aufsteigenden Gasstromes in einer Temperatur von etwa
900°C. ausgesetzt gewesen war. 3)

Zur Zerlegung der Carbonate wird Wärme verbraucht. Wenn
trotzdem eine vorausgehende Röstung des Kalksteins sich fast immer
als wenig nutzbringend für den Hochofenbetrieb erwiesen hat 4), so
lässt sich dieser Umstand durch verschiedene Ursachen erklären. Eines-
theils nimmt gebrannter Kalk, wenn er nicht unmittelbar nach dem
Brennen aufgegichtet wird, sondern vielleicht -- wie es mitunter ge-
schieht -- erst Tage oder Wochen lang, den Einflüssen der Atmo-
sphärilien preisgegeben, lagert, sehr bald Wasser und später auch Kohlen-
säure auf; der Zweck des Brennens geht also ganz oder doch zum
grossen Theile wieder verloren. Anderntheils aber ist jene Temperatur-
erniedrigung, welche bei Anwendung rohen Kalksteins durch den Wärme-
verbrauch für die Zersetzung des Carbonats und durch die hierbei
stattfindende Vermehrung der Gasmenge hervorgerufen wird, in allen

1) Trav. Scient. 2, p. 185; daraus in Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde,
Abth. II, S. 659.
2) Dokumente, betreffend den Hochofen, S. 70.
3) Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w., Bd. XXI, S. 194.
4) Vergl. unter Literatur die diesen Gegenstand betreffende Abhandlung von
L. Bell.
Versuche, die ich selbst bei einem kleinen Holzkohlenhochofen über das Verhalten
des rohen und gerösteten Kalksteins anstellte, liessen das Rösten als zwecklos er-
scheinen. In anderen Fällen hat man eine geringe Productionsvermehrung oder eine
Abminderung des Brennstoffverbrauches bei Anwendung gebrannten Kalkes statt
rohen Kalksteins beobachtet; selten aber sind die erlangten Vortheile so erheblich ge-
wesen, dass sie nicht durch die Kosten des Brennens wieder ausgeglichen worden wären.

Der Hochofenprocess.
verringert hatte, in einer Tiefe von 4.3 m dagegen in dunkler Rothgluth
— also bei einer Temperatur von ungefähr 500°C. — nach Verlauf
von 4½ Stunden annähernd vollständig ausgetrieben war. 1) Jedenfalls
ergiebt sich hieraus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Reduction
der Erze, welche in den angegebenen Temperaturen, wie bereits erwähnt
wurde, auf ein ziemlich unbedeutendes Maass beschränkt bleibt, durch
den gebundenen Wassergehalt der Erze nicht herbeigeführt werden
kann, und es erklärt sich hieraus die vielfach beobachtete Thatsache,
dass eine vorausgehende Röstung der Brauneisenerze zu dem Zwecke,
sie ihres Wassergehaltes zu berauben, für den Hochofenprocess ohne
Nutzen ist.

In einem niedriger gelegenen Theile des Hochofens dagegen erfolgt
die Zersetzung vorhandener Carbonate, der aus kohlensaurem Eisen
bestehenden Erze wie des Kalksteins. Nach Versuchen von Schinz
beginnt die Zersetzung und Reduction der Spatheisensteine in einem
Gasstrome, welcher etwa 34 Proc. Kohlenoxyd neben Stickstoff enthält,
erst in Temperaturen, welche nicht erheblich unter 800°C. liegen 2);
es erklärt sich hieraus, dass die gerösteten Eisencarbonate erheblich
leichter reducirbar sind als die ungerösteten (vergl. auch S. 187).

Auch die Zerlegung des Calciumcarbonats erfordert eine Tempe-
ratur von nicht unter 800°C. Schöffel fand in einer kalkspath-
haltigen Erzprobe, deren Kohlensäuregehalt ursprünglich 12.11 Proc.
gewesen war, noch 5.01 Proc. Kohlensäure, also mehr als ein Drittel
der ursprünglichen Menge, nachdem das Erz im Hochofen der Ein-
wirkung des aufsteigenden Gasstromes in einer Temperatur von etwa
900°C. ausgesetzt gewesen war. 3)

Zur Zerlegung der Carbonate wird Wärme verbraucht. Wenn
trotzdem eine vorausgehende Röstung des Kalksteins sich fast immer
als wenig nutzbringend für den Hochofenbetrieb erwiesen hat 4), so
lässt sich dieser Umstand durch verschiedene Ursachen erklären. Eines-
theils nimmt gebrannter Kalk, wenn er nicht unmittelbar nach dem
Brennen aufgegichtet wird, sondern vielleicht — wie es mitunter ge-
schieht — erst Tage oder Wochen lang, den Einflüssen der Atmo-
sphärilien preisgegeben, lagert, sehr bald Wasser und später auch Kohlen-
säure auf; der Zweck des Brennens geht also ganz oder doch zum
grossen Theile wieder verloren. Anderntheils aber ist jene Temperatur-
erniedrigung, welche bei Anwendung rohen Kalksteins durch den Wärme-
verbrauch für die Zersetzung des Carbonats und durch die hierbei
stattfindende Vermehrung der Gasmenge hervorgerufen wird, in allen

1) Trav. Scient. 2, p. 185; daraus in Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde,
Abth. II, S. 659.
2) Dokumente, betreffend den Hochofen, S. 70.
3) Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w., Bd. XXI, S. 194.
4) Vergl. unter Literatur die diesen Gegenstand betreffende Abhandlung von
L. Bell.
Versuche, die ich selbst bei einem kleinen Holzkohlenhochofen über das Verhalten
des rohen und gerösteten Kalksteins anstellte, liessen das Rösten als zwecklos er-
scheinen. In anderen Fällen hat man eine geringe Productionsvermehrung oder eine
Abminderung des Brennstoffverbrauches bei Anwendung gebrannten Kalkes statt
rohen Kalksteins beobachtet; selten aber sind die erlangten Vortheile so erheblich ge-
wesen, dass sie nicht durch die Kosten des Brennens wieder ausgeglichen worden wären.
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[462/0522] Der Hochofenprocess. verringert hatte, in einer Tiefe von 4.3 m dagegen in dunkler Rothgluth — also bei einer Temperatur von ungefähr 500°C. — nach Verlauf von 4½ Stunden annähernd vollständig ausgetrieben war. 1) Jedenfalls ergiebt sich hieraus, dass eine erhebliche Beeinträchtigung der Reduction der Erze, welche in den angegebenen Temperaturen, wie bereits erwähnt wurde, auf ein ziemlich unbedeutendes Maass beschränkt bleibt, durch den gebundenen Wassergehalt der Erze nicht herbeigeführt werden kann, und es erklärt sich hieraus die vielfach beobachtete Thatsache, dass eine vorausgehende Röstung der Brauneisenerze zu dem Zwecke, sie ihres Wassergehaltes zu berauben, für den Hochofenprocess ohne Nutzen ist. In einem niedriger gelegenen Theile des Hochofens dagegen erfolgt die Zersetzung vorhandener Carbonate, der aus kohlensaurem Eisen bestehenden Erze wie des Kalksteins. Nach Versuchen von Schinz beginnt die Zersetzung und Reduction der Spatheisensteine in einem Gasstrome, welcher etwa 34 Proc. Kohlenoxyd neben Stickstoff enthält, erst in Temperaturen, welche nicht erheblich unter 800°C. liegen 2); es erklärt sich hieraus, dass die gerösteten Eisencarbonate erheblich leichter reducirbar sind als die ungerösteten (vergl. auch S. 187). Auch die Zerlegung des Calciumcarbonats erfordert eine Tempe- ratur von nicht unter 800°C. Schöffel fand in einer kalkspath- haltigen Erzprobe, deren Kohlensäuregehalt ursprünglich 12.11 Proc. gewesen war, noch 5.01 Proc. Kohlensäure, also mehr als ein Drittel der ursprünglichen Menge, nachdem das Erz im Hochofen der Ein- wirkung des aufsteigenden Gasstromes in einer Temperatur von etwa 900°C. ausgesetzt gewesen war. 3) Zur Zerlegung der Carbonate wird Wärme verbraucht. Wenn trotzdem eine vorausgehende Röstung des Kalksteins sich fast immer als wenig nutzbringend für den Hochofenbetrieb erwiesen hat 4), so lässt sich dieser Umstand durch verschiedene Ursachen erklären. Eines- theils nimmt gebrannter Kalk, wenn er nicht unmittelbar nach dem Brennen aufgegichtet wird, sondern vielleicht — wie es mitunter ge- schieht — erst Tage oder Wochen lang, den Einflüssen der Atmo- sphärilien preisgegeben, lagert, sehr bald Wasser und später auch Kohlen- säure auf; der Zweck des Brennens geht also ganz oder doch zum grossen Theile wieder verloren. Anderntheils aber ist jene Temperatur- erniedrigung, welche bei Anwendung rohen Kalksteins durch den Wärme- verbrauch für die Zersetzung des Carbonats und durch die hierbei stattfindende Vermehrung der Gasmenge hervorgerufen wird, in allen 1) Trav. Scient. 2, p. 185; daraus in Percy-Wedding, Eisenhüttenkunde, Abth. II, S. 659. 2) Dokumente, betreffend den Hochofen, S. 70. 3) Jahrbuch der Bergakademieen zu Leoben u. s. w., Bd. XXI, S. 194. 4) Vergl. unter Literatur die diesen Gegenstand betreffende Abhandlung von L. Bell. Versuche, die ich selbst bei einem kleinen Holzkohlenhochofen über das Verhalten des rohen und gerösteten Kalksteins anstellte, liessen das Rösten als zwecklos er- scheinen. In anderen Fällen hat man eine geringe Productionsvermehrung oder eine Abminderung des Brennstoffverbrauches bei Anwendung gebrannten Kalkes statt rohen Kalksteins beobachtet; selten aber sind die erlangten Vortheile so erheblich ge- wesen, dass sie nicht durch die Kosten des Brennens wieder ausgeglichen worden wären.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 462. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/522>, abgerufen am 23.12.2024.