Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.
Die Erwartungen, welche man auf die Anwendung hängender Röhrenapparate setzte, haben sich nicht erfüllt. Das frei hängende Rohr wird durch sein eigenes Gewicht auf Zerreissungsfestigkeit in Anspruch genommen, welcher es geringeren Widerstand entgegensetzt als der rückwirkenden Festigkeit; ist einmal ein Riss entstanden, so erweitert sich derselbe zusehends, während er bei stehenden Apparaten durch das Gewicht des oberen Rohrstückes zusammengedrückt wird und unter Umständen längere Zeit bestehen kann, ohne dass ein erheblicher Nach- theil dadurch hervorgerufen wird. Mit den liegenden Apparaten theilen die hängenden den Nachtheil, dass die Krümmer ausserhalb des Feuers liegen, also ein verhältnissmässig grosser Theil des gesammten Guss- eisengewichtes für den eigentlichen Zweck des Apparates unbenutzt bleibt; und die Wärmeausnutzung ist, wie sich leicht erkennen lässt, mindestens nicht günstiger als in stehenden.
Aus diesen Gründen sind die Hängeapparate in der Jetztzeit ziem- lich vollständig wieder verschwunden, nachdem sie im Laufe der sech- ziger und noch bis gegen die Mitte der siebziger Jahre nicht selten benutzt wurden.
Die steinernen Winderhitzer oder Kammerapparate.
Die allgemeine Einrichtung dieser Apparate wurde schon auf S. 405 besprochen. Der Umstand, dass ein Theil der gesammten in einer der Kammern aufgespeicherten Wärme das Mittel zur Erhitzung des Windes bildet, erklärt es, dass, je längere Zeit der Wind hindurch geht und je kleiner der Inhalt der Kammer ist, um so mehr die Temperatur des austretenden Windes sich verringern wird; es muss deshalb zur Ver- meidung erheblicher Temperaturschwankungen um so öfter mit den Apparaten gewechselt werden, je kleiner sie sind.
Unter der Voraussetzung, dass die inneren Theile der Kammer gleich stark erhitzt sind, lässt sich ohne Schwierigkeit die Abkühlung berechnen, welche der Wind innerhalb eines gewissen Zeitraumes erfährt. So z. B. enthielt nach Gruner1) ein derartiger Apparat, welcher dazu bestimmt war, 180 cbm Luft per Minute oder 10800 cbm = 13390 kg Luft per Stunde zu erhitzen, 134 cbm = 241000 kg feuerfeste Ziegeln. Soll der Wind auf 800 Grad Celsius erwärmt werden, so sind dafür, sofern man die specifische Wärme der gewöhnlichen, etwas feuchten Luft = 0.239 annimmt, 13390 x 800 x 0.239 = 2557490 W.-E. erforderlich, welche von den Ziegeln abgegeben werden müssen. Bei einer specifischen Wärme der heissen Ziegeln = 0.23 würde mithin die Abkühlung derselben sein:
[Formel 1]
.
In Wirklichkeit jedoch ist der Vorgang noch etwas anders. An der Stelle, wo die Gase in den Apparat eintreten und verbrennen, wer- den die Ziegeln stärker erhitzt sein, d. h. mehr Wärme aufgenommen haben als da, wo die Gase den Apparat verlassen; den zu erhitzen-
1)Gruner-Kupelwieser, Abhandlungen über Metallurgie, Bd. 1, S. 411.
Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.
Die Erwartungen, welche man auf die Anwendung hängender Röhrenapparate setzte, haben sich nicht erfüllt. Das frei hängende Rohr wird durch sein eigenes Gewicht auf Zerreissungsfestigkeit in Anspruch genommen, welcher es geringeren Widerstand entgegensetzt als der rückwirkenden Festigkeit; ist einmal ein Riss entstanden, so erweitert sich derselbe zusehends, während er bei stehenden Apparaten durch das Gewicht des oberen Rohrstückes zusammengedrückt wird und unter Umständen längere Zeit bestehen kann, ohne dass ein erheblicher Nach- theil dadurch hervorgerufen wird. Mit den liegenden Apparaten theilen die hängenden den Nachtheil, dass die Krümmer ausserhalb des Feuers liegen, also ein verhältnissmässig grosser Theil des gesammten Guss- eisengewichtes für den eigentlichen Zweck des Apparates unbenutzt bleibt; und die Wärmeausnutzung ist, wie sich leicht erkennen lässt, mindestens nicht günstiger als in stehenden.
Aus diesen Gründen sind die Hängeapparate in der Jetztzeit ziem- lich vollständig wieder verschwunden, nachdem sie im Laufe der sech- ziger und noch bis gegen die Mitte der siebziger Jahre nicht selten benutzt wurden.
Die steinernen Winderhitzer oder Kammerapparate.
Die allgemeine Einrichtung dieser Apparate wurde schon auf S. 405 besprochen. Der Umstand, dass ein Theil der gesammten in einer der Kammern aufgespeicherten Wärme das Mittel zur Erhitzung des Windes bildet, erklärt es, dass, je längere Zeit der Wind hindurch geht und je kleiner der Inhalt der Kammer ist, um so mehr die Temperatur des austretenden Windes sich verringern wird; es muss deshalb zur Ver- meidung erheblicher Temperaturschwankungen um so öfter mit den Apparaten gewechselt werden, je kleiner sie sind.
Unter der Voraussetzung, dass die inneren Theile der Kammer gleich stark erhitzt sind, lässt sich ohne Schwierigkeit die Abkühlung berechnen, welche der Wind innerhalb eines gewissen Zeitraumes erfährt. So z. B. enthielt nach Gruner1) ein derartiger Apparat, welcher dazu bestimmt war, 180 cbm Luft per Minute oder 10800 cbm = 13390 kg Luft per Stunde zu erhitzen, 134 cbm = 241000 kg feuerfeste Ziegeln. Soll der Wind auf 800 Grad Celsius erwärmt werden, so sind dafür, sofern man die specifische Wärme der gewöhnlichen, etwas feuchten Luft = 0.239 annimmt, 13390 × 800 × 0.239 = 2557490 W.-E. erforderlich, welche von den Ziegeln abgegeben werden müssen. Bei einer specifischen Wärme der heissen Ziegeln = 0.23 würde mithin die Abkühlung derselben sein:
[Formel 1]
.
In Wirklichkeit jedoch ist der Vorgang noch etwas anders. An der Stelle, wo die Gase in den Apparat eintreten und verbrennen, wer- den die Ziegeln stärker erhitzt sein, d. h. mehr Wärme aufgenommen haben als da, wo die Gase den Apparat verlassen; den zu erhitzen-
1)Gruner-Kupelwieser, Abhandlungen über Metallurgie, Bd. 1, S. 411.
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Die Erzeugung, Erhitzung und Fortleitung des Gebläsewindes.
Die Erwartungen, welche man auf die Anwendung hängender
Röhrenapparate setzte, haben sich nicht erfüllt. Das frei hängende Rohr
wird durch sein eigenes Gewicht auf Zerreissungsfestigkeit in Anspruch
genommen, welcher es geringeren Widerstand entgegensetzt als der
rückwirkenden Festigkeit; ist einmal ein Riss entstanden, so erweitert
sich derselbe zusehends, während er bei stehenden Apparaten durch
das Gewicht des oberen Rohrstückes zusammengedrückt wird und unter
Umständen längere Zeit bestehen kann, ohne dass ein erheblicher Nach-
theil dadurch hervorgerufen wird. Mit den liegenden Apparaten theilen
die hängenden den Nachtheil, dass die Krümmer ausserhalb des Feuers
liegen, also ein verhältnissmässig grosser Theil des gesammten Guss-
eisengewichtes für den eigentlichen Zweck des Apparates unbenutzt
bleibt; und die Wärmeausnutzung ist, wie sich leicht erkennen lässt,
mindestens nicht günstiger als in stehenden.
Aus diesen Gründen sind die Hängeapparate in der Jetztzeit ziem-
lich vollständig wieder verschwunden, nachdem sie im Laufe der sech-
ziger und noch bis gegen die Mitte der siebziger Jahre nicht selten
benutzt wurden.
Die steinernen Winderhitzer oder Kammerapparate.
Die allgemeine Einrichtung dieser Apparate wurde schon auf S. 405
besprochen. Der Umstand, dass ein Theil der gesammten in einer der
Kammern aufgespeicherten Wärme das Mittel zur Erhitzung des Windes
bildet, erklärt es, dass, je längere Zeit der Wind hindurch geht und
je kleiner der Inhalt der Kammer ist, um so mehr die Temperatur des
austretenden Windes sich verringern wird; es muss deshalb zur Ver-
meidung erheblicher Temperaturschwankungen um so öfter mit den
Apparaten gewechselt werden, je kleiner sie sind.
Unter der Voraussetzung, dass die inneren Theile der Kammer
gleich stark erhitzt sind, lässt sich ohne Schwierigkeit die Abkühlung
berechnen, welche der Wind innerhalb eines gewissen Zeitraumes erfährt.
So z. B. enthielt nach Gruner 1) ein derartiger Apparat, welcher dazu
bestimmt war, 180 cbm Luft per Minute oder 10800 cbm = 13390 kg
Luft per Stunde zu erhitzen, 134 cbm = 241000 kg feuerfeste Ziegeln.
Soll der Wind auf 800 Grad Celsius erwärmt werden, so sind dafür,
sofern man die specifische Wärme der gewöhnlichen, etwas feuchten
Luft = 0.239 annimmt, 13390 × 800 × 0.239 = 2557490 W.-E.
erforderlich, welche von den Ziegeln abgegeben werden müssen. Bei
einer specifischen Wärme der heissen Ziegeln = 0.23 würde mithin
die Abkühlung derselben sein:
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In Wirklichkeit jedoch ist der Vorgang noch etwas anders. An
der Stelle, wo die Gase in den Apparat eintreten und verbrennen, wer-
den die Ziegeln stärker erhitzt sein, d. h. mehr Wärme aufgenommen
haben als da, wo die Gase den Apparat verlassen; den zu erhitzen-
1) Gruner-Kupelwieser, Abhandlungen über Metallurgie, Bd. 1, S. 411.
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 418. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/478>, abgerufen am 21.11.2024.
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