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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.
formen hervorgehen; Hohlräume des Spiegeleisens finden sich häufig
durchwachsen von einzelnen dünnen Blättern, welche theils fächerartig
auf und neben einander liegen, theils sich gruppenweise durchkreuzen.
Vielfach hielt man jene erwähnten, aus der Durchkreuzung verschiedener
Flächen hervorgehenden Prismatoide, Sphenoide u. s. w. für wirkliche
Krystalle und stellte Messungen derselben an; Martens dagegen be-
zeichnet infolge neuerer Untersuchungen mit sorgfältiger Benutzung des
Mikroskops jedes der Blätter des Spiegeleisens als eine Reihe paralleler,
dicht neben einander liegender vierseitiger Säulen des rhombischen
Systems 1); und diese Ansicht hat sehr viel Wahrscheinlichkeit für sich.
Auf den Spaltungsflächen des Gefüges aber erkennt man, mitunter
schon mit Hilfe einer schwachen Lupe, zahlreiche tropfenartige oder in
Oktaedern krystallisirte Ausscheidungen, welche auf die stattgehabte
Saigerung beim Krystallisiren hindeuten.

Wie erwähnt, ist die Farbe der frischen Bruchfläche des Spiegel-
eisens rein weiss; wo aber während der Abkühlung die Luft infolge
der Entstehung eines feinen Risses beschränkten Zutritt hatte, entstehen
oft prächtige Anlauffarben in Gelb, Roth oder Blau.

In chemischer Beziehung ist das Spiegeleisen ausgezeichnet durch
einen im Vergleiche zu den übrigen Roheisensorten hohen Kohlenstoff-
gehalt, welcher 4.5--5.1 Proc. zu betragen pflegt und einen nie ganz
fehlenden Mangangehalt, dessen Betrag zwischen 5 und 25 Proc. zu
schwanken pflegt. Sowohl bei niedrigerem als bei höherem Mangan-
gehalte wird die Spiegelbildung auf dem Gefüge undeutlicher und das
Roheisen verliert dadurch die Berechtigung, als Spiegeleisen zu gelten;
die grössten Spiegel finden sich in den Sorten mit 10--15 Proc. Mangan.
Durch langsame Abkühlung (unter einer Schlackendecke) wird die Ent-
stehung eines grossspiegligen Gefüges begünstigt.

An Schwefel und Phosphor pflegt das Spiegeleisen aus den schon
besprochenen Ursachen ziemlich arm zu sein; Schwefel wird durch den
Mangangehalt verschlackt, und phosphorhaltige Erze wird man aus wirth-
schaftlichen Gründen überhaupt nicht zur Darstellung des kostspieligen
Spiegeleisens verwenden.

Dass das Spiegeleisen sich beim anhaltenden Schmelzen in Be-
rührung mit kieselsäurehaltigen Körpern ziemlich leicht durch Aus-
tausch von Mangan gegen Silicium in graues Roheisen umwandelt,
findet seine Erklärung in dem über das Verhalten des Mangans gegen
Kieselsäure Gesagten und dem hohen Kohlenstoffgehalte des Spiegeleisens.

Im geschmolzenen Zustande pflegt das Spiegeleisen während des
Fliessens eine reichliche Menge mit farbloser Flamme verbrennender
Gase zu entwickeln, welche einen dichten weissen Rauch ausstossen.
Die chemische Zusammensetzung dieses Rauches scheint bislang noch
wenig untersucht zu sein. Die Erscheinung deutet auf das Entweichen
von Wasserstoff theils im freien Zustande, theils an andere, den Rauch
erzeugende Körper gebunden. Der Uebergang aus dem flüssigen in
den festen Zustand findet plötzlich statt. Die Oberfläche des erkalteteu
Spiegeleisens pflegt eben zu sein, oft mit Andeutungen der sich kreuzen-
den Spaltungsflächen.

1) Vergl. Literatur.

Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane.
formen hervorgehen; Hohlräume des Spiegeleisens finden sich häufig
durchwachsen von einzelnen dünnen Blättern, welche theils fächerartig
auf und neben einander liegen, theils sich gruppenweise durchkreuzen.
Vielfach hielt man jene erwähnten, aus der Durchkreuzung verschiedener
Flächen hervorgehenden Prismatoide, Sphenoide u. s. w. für wirkliche
Krystalle und stellte Messungen derselben an; Martens dagegen be-
zeichnet infolge neuerer Untersuchungen mit sorgfältiger Benutzung des
Mikroskops jedes der Blätter des Spiegeleisens als eine Reihe paralleler,
dicht neben einander liegender vierseitiger Säulen des rhombischen
Systems 1); und diese Ansicht hat sehr viel Wahrscheinlichkeit für sich.
Auf den Spaltungsflächen des Gefüges aber erkennt man, mitunter
schon mit Hilfe einer schwachen Lupe, zahlreiche tropfenartige oder in
Oktaedern krystallisirte Ausscheidungen, welche auf die stattgehabte
Saigerung beim Krystallisiren hindeuten.

Wie erwähnt, ist die Farbe der frischen Bruchfläche des Spiegel-
eisens rein weiss; wo aber während der Abkühlung die Luft infolge
der Entstehung eines feinen Risses beschränkten Zutritt hatte, entstehen
oft prächtige Anlauffarben in Gelb, Roth oder Blau.

In chemischer Beziehung ist das Spiegeleisen ausgezeichnet durch
einen im Vergleiche zu den übrigen Roheisensorten hohen Kohlenstoff-
gehalt, welcher 4.5—5.1 Proc. zu betragen pflegt und einen nie ganz
fehlenden Mangangehalt, dessen Betrag zwischen 5 und 25 Proc. zu
schwanken pflegt. Sowohl bei niedrigerem als bei höherem Mangan-
gehalte wird die Spiegelbildung auf dem Gefüge undeutlicher und das
Roheisen verliert dadurch die Berechtigung, als Spiegeleisen zu gelten;
die grössten Spiegel finden sich in den Sorten mit 10—15 Proc. Mangan.
Durch langsame Abkühlung (unter einer Schlackendecke) wird die Ent-
stehung eines grossspiegligen Gefüges begünstigt.

An Schwefel und Phosphor pflegt das Spiegeleisen aus den schon
besprochenen Ursachen ziemlich arm zu sein; Schwefel wird durch den
Mangangehalt verschlackt, und phosphorhaltige Erze wird man aus wirth-
schaftlichen Gründen überhaupt nicht zur Darstellung des kostspieligen
Spiegeleisens verwenden.

Dass das Spiegeleisen sich beim anhaltenden Schmelzen in Be-
rührung mit kieselsäurehaltigen Körpern ziemlich leicht durch Aus-
tausch von Mangan gegen Silicium in graues Roheisen umwandelt,
findet seine Erklärung in dem über das Verhalten des Mangans gegen
Kieselsäure Gesagten und dem hohen Kohlenstoffgehalte des Spiegeleisens.

Im geschmolzenen Zustande pflegt das Spiegeleisen während des
Fliessens eine reichliche Menge mit farbloser Flamme verbrennender
Gase zu entwickeln, welche einen dichten weissen Rauch ausstossen.
Die chemische Zusammensetzung dieses Rauches scheint bislang noch
wenig untersucht zu sein. Die Erscheinung deutet auf das Entweichen
von Wasserstoff theils im freien Zustande, theils an andere, den Rauch
erzeugende Körper gebunden. Der Uebergang aus dem flüssigen in
den festen Zustand findet plötzlich statt. Die Oberfläche des erkalteteu
Spiegeleisens pflegt eben zu sein, oft mit Andeutungen der sich kreuzen-
den Spaltungsflächen.

1) Vergl. Literatur.
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[312/0358] Eigenschaften und Eintheilung des Roheisens und der Eisenmangane. formen hervorgehen; Hohlräume des Spiegeleisens finden sich häufig durchwachsen von einzelnen dünnen Blättern, welche theils fächerartig auf und neben einander liegen, theils sich gruppenweise durchkreuzen. Vielfach hielt man jene erwähnten, aus der Durchkreuzung verschiedener Flächen hervorgehenden Prismatoide, Sphenoide u. s. w. für wirkliche Krystalle und stellte Messungen derselben an; Martens dagegen be- zeichnet infolge neuerer Untersuchungen mit sorgfältiger Benutzung des Mikroskops jedes der Blätter des Spiegeleisens als eine Reihe paralleler, dicht neben einander liegender vierseitiger Säulen des rhombischen Systems 1); und diese Ansicht hat sehr viel Wahrscheinlichkeit für sich. Auf den Spaltungsflächen des Gefüges aber erkennt man, mitunter schon mit Hilfe einer schwachen Lupe, zahlreiche tropfenartige oder in Oktaedern krystallisirte Ausscheidungen, welche auf die stattgehabte Saigerung beim Krystallisiren hindeuten. Wie erwähnt, ist die Farbe der frischen Bruchfläche des Spiegel- eisens rein weiss; wo aber während der Abkühlung die Luft infolge der Entstehung eines feinen Risses beschränkten Zutritt hatte, entstehen oft prächtige Anlauffarben in Gelb, Roth oder Blau. In chemischer Beziehung ist das Spiegeleisen ausgezeichnet durch einen im Vergleiche zu den übrigen Roheisensorten hohen Kohlenstoff- gehalt, welcher 4.5—5.1 Proc. zu betragen pflegt und einen nie ganz fehlenden Mangangehalt, dessen Betrag zwischen 5 und 25 Proc. zu schwanken pflegt. Sowohl bei niedrigerem als bei höherem Mangan- gehalte wird die Spiegelbildung auf dem Gefüge undeutlicher und das Roheisen verliert dadurch die Berechtigung, als Spiegeleisen zu gelten; die grössten Spiegel finden sich in den Sorten mit 10—15 Proc. Mangan. Durch langsame Abkühlung (unter einer Schlackendecke) wird die Ent- stehung eines grossspiegligen Gefüges begünstigt. An Schwefel und Phosphor pflegt das Spiegeleisen aus den schon besprochenen Ursachen ziemlich arm zu sein; Schwefel wird durch den Mangangehalt verschlackt, und phosphorhaltige Erze wird man aus wirth- schaftlichen Gründen überhaupt nicht zur Darstellung des kostspieligen Spiegeleisens verwenden. Dass das Spiegeleisen sich beim anhaltenden Schmelzen in Be- rührung mit kieselsäurehaltigen Körpern ziemlich leicht durch Aus- tausch von Mangan gegen Silicium in graues Roheisen umwandelt, findet seine Erklärung in dem über das Verhalten des Mangans gegen Kieselsäure Gesagten und dem hohen Kohlenstoffgehalte des Spiegeleisens. Im geschmolzenen Zustande pflegt das Spiegeleisen während des Fliessens eine reichliche Menge mit farbloser Flamme verbrennender Gase zu entwickeln, welche einen dichten weissen Rauch ausstossen. Die chemische Zusammensetzung dieses Rauches scheint bislang noch wenig untersucht zu sein. Die Erscheinung deutet auf das Entweichen von Wasserstoff theils im freien Zustande, theils an andere, den Rauch erzeugende Körper gebunden. Der Uebergang aus dem flüssigen in den festen Zustand findet plötzlich statt. Die Oberfläche des erkalteteu Spiegeleisens pflegt eben zu sein, oft mit Andeutungen der sich kreuzen- den Spaltungsflächen. 1) Vergl. Literatur.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/358>, abgerufen am 19.05.2024.