Eisen und Gase (Wasserstoff, Kohlenoxyd, Stickstoff).
mit sich zu bringen pflegt, jedenfalls infolge des Umstandes, dass das erstarrte Metall eine geringere Fähigkeit als flüssiges besitzt, Gase -- die in Legirung mit dem ersteren natürlich ebenfalls feste Form an- nehmen müssten -- in Lösung zu behalten. Der nämliche Vorgang lässt sich auch beim Erstarren anderer gashaltiger Flüssigkeiten be- obachten und das gewöhnliche Eis ist aus demselben Grunde oft massen- haft mit Gasblasen durchsetzt, die im Augenblicke des Gefrierens aus ihrer Lösung im Wasser ausschieden.
Je rascher dieses Starrwerden des flüssigen Eisens vor sich geht, desto stürmischer wird, sofern die Menge der vorher gelösten Gase die nämliche war, die Gasentwickelung eintreten. Deshalb zeigt sie sich vorzugsweise deutlich, wenn ein Eisen mit hoher Schmelztemperatur -- also insbesondere ein kohlenstoffarmes schmiedbares Eisen -- rasch abgekühlt wird, wie es beispielsweise beim Eingiessen in eiserne Formen unvermeidlich ist. Ein heftiges Kochen des flüssigen Metalls tritt ein, und besondere Maassregeln sind gewöhnlich erforderlich, zu verhüten, dass nicht ein grosser Theil des Metalls aus der Form wieder heraus- geschleudert werde.
Die Erscheinungen, welche verschiedene Eisensorten im flüssigen Zustande darbieten, lassen jedoch auch schliessen, dass die chemische Zusammensetzung des Eisens die Fähigkeit desselben, Gase zu lösen und wieder zu entlassen, nicht unerheblich beeinflusse. Manganreiche Legirungen -- Spiegeleisen und Ferromangane -- sind im flüssigen Zustande regelmässig mit einer dichten Schicht brennender Gase bedeckt, die nicht selten einen weissen, grösstentheils aus Kieselsäure bestehen- den Rauch ausstösst, ein Vorgang, der darauf hinweist, dass auch flüchtige Siliciumverbindungen davon geführt werden. Eine farblos brennende Gasschicht, aber ohne jenen starken weissen Rauch, zeigt auch flüssiges schmiedbares Eisen; in weit geringerem Maasse dagegen siliciumhaltiges manganarmes Roheisen. Nur so lange das letztere stark überhitzt ist, sind an der Oberfläche desselben kleinere Mengen bren- nender Gase bemerkbar; lässt man es abkühlen, so verschwindet sehr bald die Gasschicht, und nur ab und an sieht man noch eine vereinzelte Gasblase aus dem flüssigen Metallbade aufsteigen.
Es ist ferner erwiesen, dass die Gasentwickelung beim Giessen flüssigen schmiedbaren Eisens geringer ausfällt, wenn man vor dem Giessen dem Eisen etwas siliciumreiches Material zusetzte.
Die eigentlichen Ursachen für dieses abweichende Verhalten ver- schieden zusammengesetzter Eisensorten sind bislang mit Sicherheit noch nicht erforscht worden. Müller glaubt, dass ein Siliciumgehalt flüssigen Eisens die Fähigkeit desselben erhöhe, Gase zu binden, d. h. mit den gelösten Gasen zu erstarren, ohne dass sie wieder Gasform annehmen 1), eine Ansicht, die zwar nicht unwahrscheinlich ist, doch aber noch wissen- schaftlicher Bestätigung bedarf.
Nicht immer jedoch, wo wir Gase aus geschmolzenem Eisen ent- weichen sehen, braucht dieser Vorgang die Folge einer vorausgegangenen Auflösung der Gase im Eisen zu sein. Auch chemische Reactionen,
1)Glaser's Annalen, Bd. X, S. 211.
Eisen und Gase (Wasserstoff, Kohlenoxyd, Stickstoff).
mit sich zu bringen pflegt, jedenfalls infolge des Umstandes, dass das erstarrte Metall eine geringere Fähigkeit als flüssiges besitzt, Gase — die in Legirung mit dem ersteren natürlich ebenfalls feste Form an- nehmen müssten — in Lösung zu behalten. Der nämliche Vorgang lässt sich auch beim Erstarren anderer gashaltiger Flüssigkeiten be- obachten und das gewöhnliche Eis ist aus demselben Grunde oft massen- haft mit Gasblasen durchsetzt, die im Augenblicke des Gefrierens aus ihrer Lösung im Wasser ausschieden.
Je rascher dieses Starrwerden des flüssigen Eisens vor sich geht, desto stürmischer wird, sofern die Menge der vorher gelösten Gase die nämliche war, die Gasentwickelung eintreten. Deshalb zeigt sie sich vorzugsweise deutlich, wenn ein Eisen mit hoher Schmelztemperatur — also insbesondere ein kohlenstoffarmes schmiedbares Eisen — rasch abgekühlt wird, wie es beispielsweise beim Eingiessen in eiserne Formen unvermeidlich ist. Ein heftiges Kochen des flüssigen Metalls tritt ein, und besondere Maassregeln sind gewöhnlich erforderlich, zu verhüten, dass nicht ein grosser Theil des Metalls aus der Form wieder heraus- geschleudert werde.
Die Erscheinungen, welche verschiedene Eisensorten im flüssigen Zustande darbieten, lassen jedoch auch schliessen, dass die chemische Zusammensetzung des Eisens die Fähigkeit desselben, Gase zu lösen und wieder zu entlassen, nicht unerheblich beeinflusse. Manganreiche Legirungen — Spiegeleisen und Ferromangane — sind im flüssigen Zustande regelmässig mit einer dichten Schicht brennender Gase bedeckt, die nicht selten einen weissen, grösstentheils aus Kieselsäure bestehen- den Rauch ausstösst, ein Vorgang, der darauf hinweist, dass auch flüchtige Siliciumverbindungen davon geführt werden. Eine farblos brennende Gasschicht, aber ohne jenen starken weissen Rauch, zeigt auch flüssiges schmiedbares Eisen; in weit geringerem Maasse dagegen siliciumhaltiges manganarmes Roheisen. Nur so lange das letztere stark überhitzt ist, sind an der Oberfläche desselben kleinere Mengen bren- nender Gase bemerkbar; lässt man es abkühlen, so verschwindet sehr bald die Gasschicht, und nur ab und an sieht man noch eine vereinzelte Gasblase aus dem flüssigen Metallbade aufsteigen.
Es ist ferner erwiesen, dass die Gasentwickelung beim Giessen flüssigen schmiedbaren Eisens geringer ausfällt, wenn man vor dem Giessen dem Eisen etwas siliciumreiches Material zusetzte.
Die eigentlichen Ursachen für dieses abweichende Verhalten ver- schieden zusammengesetzter Eisensorten sind bislang mit Sicherheit noch nicht erforscht worden. Müller glaubt, dass ein Siliciumgehalt flüssigen Eisens die Fähigkeit desselben erhöhe, Gase zu binden, d. h. mit den gelösten Gasen zu erstarren, ohne dass sie wieder Gasform annehmen 1), eine Ansicht, die zwar nicht unwahrscheinlich ist, doch aber noch wissen- schaftlicher Bestätigung bedarf.
Nicht immer jedoch, wo wir Gase aus geschmolzenem Eisen ent- weichen sehen, braucht dieser Vorgang die Folge einer vorausgegangenen Auflösung der Gase im Eisen zu sein. Auch chemische Reactionen,
1)Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 211.
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[269/0315]
Eisen und Gase (Wasserstoff, Kohlenoxyd, Stickstoff).
mit sich zu bringen pflegt, jedenfalls infolge des Umstandes, dass das
erstarrte Metall eine geringere Fähigkeit als flüssiges besitzt, Gase —
die in Legirung mit dem ersteren natürlich ebenfalls feste Form an-
nehmen müssten — in Lösung zu behalten. Der nämliche Vorgang
lässt sich auch beim Erstarren anderer gashaltiger Flüssigkeiten be-
obachten und das gewöhnliche Eis ist aus demselben Grunde oft massen-
haft mit Gasblasen durchsetzt, die im Augenblicke des Gefrierens aus
ihrer Lösung im Wasser ausschieden.
Je rascher dieses Starrwerden des flüssigen Eisens vor sich geht,
desto stürmischer wird, sofern die Menge der vorher gelösten Gase die
nämliche war, die Gasentwickelung eintreten. Deshalb zeigt sie sich
vorzugsweise deutlich, wenn ein Eisen mit hoher Schmelztemperatur
— also insbesondere ein kohlenstoffarmes schmiedbares Eisen — rasch
abgekühlt wird, wie es beispielsweise beim Eingiessen in eiserne Formen
unvermeidlich ist. Ein heftiges Kochen des flüssigen Metalls tritt ein,
und besondere Maassregeln sind gewöhnlich erforderlich, zu verhüten,
dass nicht ein grosser Theil des Metalls aus der Form wieder heraus-
geschleudert werde.
Die Erscheinungen, welche verschiedene Eisensorten im flüssigen
Zustande darbieten, lassen jedoch auch schliessen, dass die chemische
Zusammensetzung des Eisens die Fähigkeit desselben, Gase zu lösen
und wieder zu entlassen, nicht unerheblich beeinflusse. Manganreiche
Legirungen — Spiegeleisen und Ferromangane — sind im flüssigen
Zustande regelmässig mit einer dichten Schicht brennender Gase bedeckt,
die nicht selten einen weissen, grösstentheils aus Kieselsäure bestehen-
den Rauch ausstösst, ein Vorgang, der darauf hinweist, dass auch
flüchtige Siliciumverbindungen davon geführt werden. Eine farblos
brennende Gasschicht, aber ohne jenen starken weissen Rauch, zeigt
auch flüssiges schmiedbares Eisen; in weit geringerem Maasse dagegen
siliciumhaltiges manganarmes Roheisen. Nur so lange das letztere stark
überhitzt ist, sind an der Oberfläche desselben kleinere Mengen bren-
nender Gase bemerkbar; lässt man es abkühlen, so verschwindet sehr
bald die Gasschicht, und nur ab und an sieht man noch eine vereinzelte
Gasblase aus dem flüssigen Metallbade aufsteigen.
Es ist ferner erwiesen, dass die Gasentwickelung beim Giessen
flüssigen schmiedbaren Eisens geringer ausfällt, wenn man vor dem
Giessen dem Eisen etwas siliciumreiches Material zusetzte.
Die eigentlichen Ursachen für dieses abweichende Verhalten ver-
schieden zusammengesetzter Eisensorten sind bislang mit Sicherheit noch
nicht erforscht worden. Müller glaubt, dass ein Siliciumgehalt flüssigen
Eisens die Fähigkeit desselben erhöhe, Gase zu binden, d. h. mit den
gelösten Gasen zu erstarren, ohne dass sie wieder Gasform annehmen 1),
eine Ansicht, die zwar nicht unwahrscheinlich ist, doch aber noch wissen-
schaftlicher Bestätigung bedarf.
Nicht immer jedoch, wo wir Gase aus geschmolzenem Eisen ent-
weichen sehen, braucht dieser Vorgang die Folge einer vorausgegangenen
Auflösung der Gase im Eisen zu sein. Auch chemische Reactionen,
1) Glaser’s Annalen, Bd. X, S. 211.
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/315>, abgerufen am 21.11.2024.
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