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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Verwendet man zu einem solchen Versuche Erze in Stücken, so
schwellen dieselben gewöhnlich auf, bersten und zerfallen zu Pulver,
welches mit dem abgelagerten Kohlenstoff gemischt bleibt; dieser Vor-
gang aber hört nicht etwa auf, sobald ein gewisses Verhältniss zwischen
Eisen und Kohlenstoff erreicht ist, sondern, so lange frisches Kohlen-
oxyd zugeleitet wird, dauert, so weit die bis jetzt angestellten Unter-
suchungen schliessen lassen, die Kohlenstoffausscheidung ununterbrochen
fort, ja, sie nimmt mit der Zeit an Geschwindigkeit zu. Auf einem
Stück Rotheisenerz, welches von mir in dieser Weise behandelt wurde,
hatte sich in einem Zeitraume von 41 Stunden die fünffache Menge
des Erzgewichtes an Kohlenstoff abgelagert; Wägungen, welche innerhalb
bestimmter Zeiträume angestellt wurden, ergaben u. a., dass die Ab-
lagerung per Stunde betrug:

in den ersten 6 Stunden wegen allzu niedriger Temperatur Null Proc.
in der 6--11. Stunde durchschnittlich     1.6 "
" " 11--16. " "     3.2 "
" " 16--20. " "     4.2 "
" " 20--24. " "     4.5 "
" " 24--28. " "     7.2 "
u. s. f. 1)

Die ersten Beobachtungen in dieser Beziehung wurden 1851 durch
Stammer gemacht, welcher fand, dass beim Hinüberleiten von Kohlen-
oxyd über glühendes Eisen sich eine sammetschwarze Masse auf dem-
selben abschied 2); später, nachdem L. Bell die erwähnte Einwirkung
der Eisenerze auf Kohlenoxyd beobachtet und verschiedentlich studirt
hatte 2), wies Gruner nach 2), dass auf metallischem Eisen, wie es von
Stammer benutzt wurde, nur dann diese Kohlenstoffausscheidung vor
sich geht, wenn es wenigstens eine Spur von oxydirtem Eisen enthält,
ein Fall, der allerdings fast regelmässig vorkommt.

In Eisenhochöfen findet man mitunter an Stellen, wo sich Gelegen-
heit für eine ruhige, länger ausgedehnte Einwirkung von kohlenoxyd-
haltenden Gasen auf Eisenoxyd geboten hatte, Kohlenstoffablagerungen,
in denen nur wenige Procente Eisen sich finden, ein Beweis dafür,
dass der Process, sobald er einmal angefangen hat, so lange fortdauert,
als die äusseren Bedingungen dafür gegeben sind. 3)

Wie erwähnt ist die günstigste Temperatur für die beschriebene
Zersetzung des Kohlenoxydes 300--400 Grad; unter 300 Grad ist die
Einwirkung ausserordentlich gering oder gleich Null; in höheren Tempe-
raturen tritt unter Einwirkung des Kohlenoxydes stärkere Reduction
des oxydirten Eisens ein, während die Kohlenstoffablagerung ent-
sprechend nachlässt. Stammer's oben erwähnte Versuche sowie Be-
obachtungen in der Praxis lassen jedoch schliessen, dass unter besonders
günstigen Verhältnissen (wozu vor Allem ein reichliches Verhältniss
des Kohlenoxydes im Gasstrome zu der entstehenden Kohlensäure ge-

1) Berg- und hüttenm. Ztg. 1877, S. 278.
2) Vergl. Literatur.
2) Vergl. Literatur.
2) Vergl. Literatur.
3) In einer von mir untersuchten derartigen Kohlenstoffablagerung fanden sich
nur noch 2.99 Proc. Eisen.
Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Verwendet man zu einem solchen Versuche Erze in Stücken, so
schwellen dieselben gewöhnlich auf, bersten und zerfallen zu Pulver,
welches mit dem abgelagerten Kohlenstoff gemischt bleibt; dieser Vor-
gang aber hört nicht etwa auf, sobald ein gewisses Verhältniss zwischen
Eisen und Kohlenstoff erreicht ist, sondern, so lange frisches Kohlen-
oxyd zugeleitet wird, dauert, so weit die bis jetzt angestellten Unter-
suchungen schliessen lassen, die Kohlenstoffausscheidung ununterbrochen
fort, ja, sie nimmt mit der Zeit an Geschwindigkeit zu. Auf einem
Stück Rotheisenerz, welches von mir in dieser Weise behandelt wurde,
hatte sich in einem Zeitraume von 41 Stunden die fünffache Menge
des Erzgewichtes an Kohlenstoff abgelagert; Wägungen, welche innerhalb
bestimmter Zeiträume angestellt wurden, ergaben u. a., dass die Ab-
lagerung per Stunde betrug:

in den ersten 6 Stunden wegen allzu niedriger Temperatur Null Proc.
in der 6—11. Stunde durchschnittlich     1.6
„ „ 11—16. „ „     3.2
„ „ 16—20. „ „     4.2
„ „ 20—24. „ „     4.5
„ „ 24—28. „ „     7.2
u. s. f. 1)

Die ersten Beobachtungen in dieser Beziehung wurden 1851 durch
Stammer gemacht, welcher fand, dass beim Hinüberleiten von Kohlen-
oxyd über glühendes Eisen sich eine sammetschwarze Masse auf dem-
selben abschied 2); später, nachdem L. Bell die erwähnte Einwirkung
der Eisenerze auf Kohlenoxyd beobachtet und verschiedentlich studirt
hatte 2), wies Gruner nach 2), dass auf metallischem Eisen, wie es von
Stammer benutzt wurde, nur dann diese Kohlenstoffausscheidung vor
sich geht, wenn es wenigstens eine Spur von oxydirtem Eisen enthält,
ein Fall, der allerdings fast regelmässig vorkommt.

In Eisenhochöfen findet man mitunter an Stellen, wo sich Gelegen-
heit für eine ruhige, länger ausgedehnte Einwirkung von kohlenoxyd-
haltenden Gasen auf Eisenoxyd geboten hatte, Kohlenstoffablagerungen,
in denen nur wenige Procente Eisen sich finden, ein Beweis dafür,
dass der Process, sobald er einmal angefangen hat, so lange fortdauert,
als die äusseren Bedingungen dafür gegeben sind. 3)

Wie erwähnt ist die günstigste Temperatur für die beschriebene
Zersetzung des Kohlenoxydes 300—400 Grad; unter 300 Grad ist die
Einwirkung ausserordentlich gering oder gleich Null; in höheren Tempe-
raturen tritt unter Einwirkung des Kohlenoxydes stärkere Reduction
des oxydirten Eisens ein, während die Kohlenstoffablagerung ent-
sprechend nachlässt. Stammer’s oben erwähnte Versuche sowie Be-
obachtungen in der Praxis lassen jedoch schliessen, dass unter besonders
günstigen Verhältnissen (wozu vor Allem ein reichliches Verhältniss
des Kohlenoxydes im Gasstrome zu der entstehenden Kohlensäure ge-

1) Berg- und hüttenm. Ztg. 1877, S. 278.
2) Vergl. Literatur.
2) Vergl. Literatur.
2) Vergl. Literatur.
3) In einer von mir untersuchten derartigen Kohlenstoffablagerung fanden sich
nur noch 2.99 Proc. Eisen.
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[230/0276] Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter. Verwendet man zu einem solchen Versuche Erze in Stücken, so schwellen dieselben gewöhnlich auf, bersten und zerfallen zu Pulver, welches mit dem abgelagerten Kohlenstoff gemischt bleibt; dieser Vor- gang aber hört nicht etwa auf, sobald ein gewisses Verhältniss zwischen Eisen und Kohlenstoff erreicht ist, sondern, so lange frisches Kohlen- oxyd zugeleitet wird, dauert, so weit die bis jetzt angestellten Unter- suchungen schliessen lassen, die Kohlenstoffausscheidung ununterbrochen fort, ja, sie nimmt mit der Zeit an Geschwindigkeit zu. Auf einem Stück Rotheisenerz, welches von mir in dieser Weise behandelt wurde, hatte sich in einem Zeitraume von 41 Stunden die fünffache Menge des Erzgewichtes an Kohlenstoff abgelagert; Wägungen, welche innerhalb bestimmter Zeiträume angestellt wurden, ergaben u. a., dass die Ab- lagerung per Stunde betrug: in den ersten 6 Stunden wegen allzu niedriger Temperatur Null Proc. in der 6—11. Stunde durchschnittlich 1.6 „ „ „ 11—16. „ „ 3.2 „ „ „ 16—20. „ „ 4.2 „ „ „ 20—24. „ „ 4.5 „ „ „ 24—28. „ „ 7.2 „ u. s. f. 1) Die ersten Beobachtungen in dieser Beziehung wurden 1851 durch Stammer gemacht, welcher fand, dass beim Hinüberleiten von Kohlen- oxyd über glühendes Eisen sich eine sammetschwarze Masse auf dem- selben abschied 2); später, nachdem L. Bell die erwähnte Einwirkung der Eisenerze auf Kohlenoxyd beobachtet und verschiedentlich studirt hatte 2), wies Gruner nach 2), dass auf metallischem Eisen, wie es von Stammer benutzt wurde, nur dann diese Kohlenstoffausscheidung vor sich geht, wenn es wenigstens eine Spur von oxydirtem Eisen enthält, ein Fall, der allerdings fast regelmässig vorkommt. In Eisenhochöfen findet man mitunter an Stellen, wo sich Gelegen- heit für eine ruhige, länger ausgedehnte Einwirkung von kohlenoxyd- haltenden Gasen auf Eisenoxyd geboten hatte, Kohlenstoffablagerungen, in denen nur wenige Procente Eisen sich finden, ein Beweis dafür, dass der Process, sobald er einmal angefangen hat, so lange fortdauert, als die äusseren Bedingungen dafür gegeben sind. 3) Wie erwähnt ist die günstigste Temperatur für die beschriebene Zersetzung des Kohlenoxydes 300—400 Grad; unter 300 Grad ist die Einwirkung ausserordentlich gering oder gleich Null; in höheren Tempe- raturen tritt unter Einwirkung des Kohlenoxydes stärkere Reduction des oxydirten Eisens ein, während die Kohlenstoffablagerung ent- sprechend nachlässt. Stammer’s oben erwähnte Versuche sowie Be- obachtungen in der Praxis lassen jedoch schliessen, dass unter besonders günstigen Verhältnissen (wozu vor Allem ein reichliches Verhältniss des Kohlenoxydes im Gasstrome zu der entstehenden Kohlensäure ge- 1) Berg- und hüttenm. Ztg. 1877, S. 278. 2) Vergl. Literatur. 2) Vergl. Literatur. 2) Vergl. Literatur. 3) In einer von mir untersuchten derartigen Kohlenstoffablagerung fanden sich nur noch 2.99 Proc. Eisen.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/276>, abgerufen am 18.05.2024.