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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Eine solche Legirung kann demnach als eine gegenseitige Lösung
zweier oder mehrerer einfacher Körper betrachtet werden, innerhalb
welcher zwar wirkliche chemische Verbindungen der Bestandtheile ent-
stehen können, ohne dass aber die Anwesenheit dieser Verbindungen
nothwendig ist oder das Wesen der Legirung bedingt. 1) Es ist nicht
unwahrscheinlich, dass äussere Verhältnisse, z. B. die Temperatur,
welcher eine Legirung ausgesetzt ist, auf das Entstehen (beziehentlich
Zerfallen) solcher chemischen Verbindungen innerhalb einer Legirung
Einfluss haben, und dass auf diesem Umstande Abweichungen beruhen,
welche mitunter in den Eigenschaften scheinbar ganz übereinstimmend
zusammengesetzter Legirungen sich beobachten lassen.


Alle die verschiedenen Sorten Handelseisen, deren
Haupteintheilung und wichtigste Unterschiede schon auf
S. 1--6 kurz besprochen worden sind, lassen sich demnach
als Legirungen des Eisens mit anderen Metallen und Me-
talloiden betrachten, deren Menge in einzelnen Sorten
schmiedbaren Eisens oft wenige Zehntel Procente nicht
übersteigt, beim Roheisen mindestens
2.3 Procente, häufiger
8--12 Procente beträgt, in den Eisenmanganlegirungen
aber nicht selten die Menge des Eisens überwiegt
.


Wie andere Metalle zeigt das Eisen verschiedenen Körpern gegen-
über verschiedene Legirungsfähigkeit. Dieselbe ist unbegrenzt, d. h. es
kann Legirung des Eisens in jedem beliebigen Gewichtsverhältnisse statt-
finden mit Mangan, Chrom, Wolfram, Nickel, Kobalt, Kupfer, Gold,
Platin, Aluminium, Antimon, Arsen, Schwefel, Phosphor, Silicium u. a.;
sie ist beschränkt, d. h. es kann die gegenseitige Legirung nur bis zu
einem gewissen Gehalte des einen oder andern Körpers ausgedehnt
werden, mit Zink, Zinn, Wismuth, Kohle; fast gar nicht legirt sich
das Eisen mit Blei, Silber, Quecksilber.


Obgleich die Veränderungen, welche die Eigenschaften eines ein-
fachen Metalles, und somit auch des Eisens, durch die Legirung mit
einem andern Körper erleiden, nach der Beschaffenheit und der Menge
dieses letzteren sehr verschiedenartig sein können, so ist doch anderer-

zugehen im Stande sind, und steht geradezu im Widerspruche mit dem sonstigen
Sprachgebrauche. Man spricht z. B. ohne Bedenken von Zinnantimonlegirungen, Blei-
arsenlegirungen u. s. w., obgleich Antimon und Arsen von den Chemikern längst aus
der Reihe der Metalle gestrichen sind.
1) Ein ganz ähnliches Verhalten zeigen viele zusammengesetzte Körper. Wasser
löst zahlreiche feste und flüssige Körper in beliebigen Mengen, ohne dass chemische
Verbindungen nach den Gewichtsverhältnissen der Atomgewichte dabei zu entstehen
brauchen, während doch die Dichtigkeit, die Erstarrungstemperatur und andere phy-
sikalische Eigenschaften der Lösung oft erheblich andere sind, als dem Mittel der
Eigenschaften der in einander gelösten Körper entsprechen würde. Auch das früher
geschilderte Verhalten der Schlacken gehört hierher und zeigt grosse Aehnlichkeit
mit dem der Legirungen.
Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter.

Eine solche Legirung kann demnach als eine gegenseitige Lösung
zweier oder mehrerer einfacher Körper betrachtet werden, innerhalb
welcher zwar wirkliche chemische Verbindungen der Bestandtheile ent-
stehen können, ohne dass aber die Anwesenheit dieser Verbindungen
nothwendig ist oder das Wesen der Legirung bedingt. 1) Es ist nicht
unwahrscheinlich, dass äussere Verhältnisse, z. B. die Temperatur,
welcher eine Legirung ausgesetzt ist, auf das Entstehen (beziehentlich
Zerfallen) solcher chemischen Verbindungen innerhalb einer Legirung
Einfluss haben, und dass auf diesem Umstande Abweichungen beruhen,
welche mitunter in den Eigenschaften scheinbar ganz übereinstimmend
zusammengesetzter Legirungen sich beobachten lassen.


Alle die verschiedenen Sorten Handelseisen, deren
Haupteintheilung und wichtigste Unterschiede schon auf
S. 1—6 kurz besprochen worden sind, lassen sich demnach
als Legirungen des Eisens mit anderen Metallen und Me-
talloiden betrachten, deren Menge in einzelnen Sorten
schmiedbaren Eisens oft wenige Zehntel Procente nicht
übersteigt, beim Roheisen mindestens
2.3 Procente, häufiger
8—12 Procente beträgt, in den Eisenmanganlegirungen
aber nicht selten die Menge des Eisens überwiegt
.


Wie andere Metalle zeigt das Eisen verschiedenen Körpern gegen-
über verschiedene Legirungsfähigkeit. Dieselbe ist unbegrenzt, d. h. es
kann Legirung des Eisens in jedem beliebigen Gewichtsverhältnisse statt-
finden mit Mangan, Chrom, Wolfram, Nickel, Kobalt, Kupfer, Gold,
Platin, Aluminium, Antimon, Arsen, Schwefel, Phosphor, Silicium u. a.;
sie ist beschränkt, d. h. es kann die gegenseitige Legirung nur bis zu
einem gewissen Gehalte des einen oder andern Körpers ausgedehnt
werden, mit Zink, Zinn, Wismuth, Kohle; fast gar nicht legirt sich
das Eisen mit Blei, Silber, Quecksilber.


Obgleich die Veränderungen, welche die Eigenschaften eines ein-
fachen Metalles, und somit auch des Eisens, durch die Legirung mit
einem andern Körper erleiden, nach der Beschaffenheit und der Menge
dieses letzteren sehr verschiedenartig sein können, so ist doch anderer-

zugehen im Stande sind, und steht geradezu im Widerspruche mit dem sonstigen
Sprachgebrauche. Man spricht z. B. ohne Bedenken von Zinnantimonlegirungen, Blei-
arsenlegirungen u. s. w., obgleich Antimon und Arsen von den Chemikern längst aus
der Reihe der Metalle gestrichen sind.
1) Ein ganz ähnliches Verhalten zeigen viele zusammengesetzte Körper. Wasser
löst zahlreiche feste und flüssige Körper in beliebigen Mengen, ohne dass chemische
Verbindungen nach den Gewichtsverhältnissen der Atomgewichte dabei zu entstehen
brauchen, während doch die Dichtigkeit, die Erstarrungstemperatur und andere phy-
sikalische Eigenschaften der Lösung oft erheblich andere sind, als dem Mittel der
Eigenschaften der in einander gelösten Körper entsprechen würde. Auch das früher
geschilderte Verhalten der Schlacken gehört hierher und zeigt grosse Aehnlichkeit
mit dem der Legirungen.
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[218/0264] Das metallurgisch-chemische Verhalten des Eisens und seiner Begleiter. Eine solche Legirung kann demnach als eine gegenseitige Lösung zweier oder mehrerer einfacher Körper betrachtet werden, innerhalb welcher zwar wirkliche chemische Verbindungen der Bestandtheile ent- stehen können, ohne dass aber die Anwesenheit dieser Verbindungen nothwendig ist oder das Wesen der Legirung bedingt. 1) Es ist nicht unwahrscheinlich, dass äussere Verhältnisse, z. B. die Temperatur, welcher eine Legirung ausgesetzt ist, auf das Entstehen (beziehentlich Zerfallen) solcher chemischen Verbindungen innerhalb einer Legirung Einfluss haben, und dass auf diesem Umstande Abweichungen beruhen, welche mitunter in den Eigenschaften scheinbar ganz übereinstimmend zusammengesetzter Legirungen sich beobachten lassen. Alle die verschiedenen Sorten Handelseisen, deren Haupteintheilung und wichtigste Unterschiede schon auf S. 1—6 kurz besprochen worden sind, lassen sich demnach als Legirungen des Eisens mit anderen Metallen und Me- talloiden betrachten, deren Menge in einzelnen Sorten schmiedbaren Eisens oft wenige Zehntel Procente nicht übersteigt, beim Roheisen mindestens 2.3 Procente, häufiger 8—12 Procente beträgt, in den Eisenmanganlegirungen aber nicht selten die Menge des Eisens überwiegt. Wie andere Metalle zeigt das Eisen verschiedenen Körpern gegen- über verschiedene Legirungsfähigkeit. Dieselbe ist unbegrenzt, d. h. es kann Legirung des Eisens in jedem beliebigen Gewichtsverhältnisse statt- finden mit Mangan, Chrom, Wolfram, Nickel, Kobalt, Kupfer, Gold, Platin, Aluminium, Antimon, Arsen, Schwefel, Phosphor, Silicium u. a.; sie ist beschränkt, d. h. es kann die gegenseitige Legirung nur bis zu einem gewissen Gehalte des einen oder andern Körpers ausgedehnt werden, mit Zink, Zinn, Wismuth, Kohle; fast gar nicht legirt sich das Eisen mit Blei, Silber, Quecksilber. Obgleich die Veränderungen, welche die Eigenschaften eines ein- fachen Metalles, und somit auch des Eisens, durch die Legirung mit einem andern Körper erleiden, nach der Beschaffenheit und der Menge dieses letzteren sehr verschiedenartig sein können, so ist doch anderer- 1) 1) Ein ganz ähnliches Verhalten zeigen viele zusammengesetzte Körper. Wasser löst zahlreiche feste und flüssige Körper in beliebigen Mengen, ohne dass chemische Verbindungen nach den Gewichtsverhältnissen der Atomgewichte dabei zu entstehen brauchen, während doch die Dichtigkeit, die Erstarrungstemperatur und andere phy- sikalische Eigenschaften der Lösung oft erheblich andere sind, als dem Mittel der Eigenschaften der in einander gelösten Körper entsprechen würde. Auch das früher geschilderte Verhalten der Schlacken gehört hierher und zeigt grosse Aehnlichkeit mit dem der Legirungen. 1) zugehen im Stande sind, und steht geradezu im Widerspruche mit dem sonstigen Sprachgebrauche. Man spricht z. B. ohne Bedenken von Zinnantimonlegirungen, Blei- arsenlegirungen u. s. w., obgleich Antimon und Arsen von den Chemikern längst aus der Reihe der Metalle gestrichen sind.

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/264>, abgerufen am 21.11.2024.