Das Material für die Schienen bildet vorzugsweise Bessemereisen, weniger häufig Martineisen. Tiegelgussstahl bleibt selbstverständlich wegen seiner grösseren Kostspieligkeit von der Verwendung für Schienen- anfertigung ausgeschlossen. Die Verarbeitung der Blöcke nun aber ist verschieden; sie hängt ab theils von der grösseren oder geringeren Dichtigkeit derselben, theils von der Leistungsfähigkeit des vorhandenen Walzwerkes und seiner Betriebsmaschine.
In jedem Falle ist eine ein- oder mehrmalige Erhitzung der Blöcke nothwendig. Für die erste Erhitzung lassen sich bei ausreichend um- fangreichem Betriebe die oben besprochenen Heizgruben von Gjers benutzen; gerade für die Schienendarstellung, bei welcher in kurzer Zeit grosse Eisenmengen verarbeitet werden und welche deshalb leicht dem Bessemerbetriebe sich anschliessen lässt, sind dieselben vortrefflich geeignet. Stehen solche Gruben nicht zur Verwendung, so benutzt man vielfach Rollöfen (S. 980), welche ebenfalls ihrer grossen Leistungs- fähigkeit halber besonders gut für Schienenwalzhütten sich eignen; Siemensöfen mit Herdlängen von 6--6.5 m bei 2--3.5 m Breite sind auf englischen und amerikanischen Eisenwerken für diesen Zweck vielfach in Anwendung; mitunter auch benutzt man gewöhnliche, den oben beschriebenen Schweissöfen mit directer Feuerung ähnliche, nur mit etwas höherer Feuerbrücke versehene Oefen.
Das Gewicht der Blöcke muss natürlicherweise gleich dem Ge- wichte der zu walzenden Schiene unter Hinzurechnung des entstehenden Abbrandes und der abzuschneidenden Schienenenden sein. Die übliche Länge einer einzelnen Schiene pflegt 9 m zu sein; Abbrand für jede erforderliche Erhitzung etwa 3 Proc.; Länge jedes der beiden abzu- schneidenden Enden ungefähr 0.5 m. Aus dem Schienengewichte per laufenden Meter 1) lässt sich hiernach leicht das erforderliche Blockgewicht im Voraus ermitteln.
Wo aber die vorhandenen Einrichtungen es ermöglichen, insbe- sondere wo die Leistungsfähigkeit des vorhandenen Walzwerkes nebst seiner Dampfmaschine gross genug ist, wird man es meistens vor- ziehen, nicht eine einzige Schiene aus einem Blocke zu walzen, sondern den letzteren so gross zu giessen, dass Schienen von doppelter, unter Umständen dreifacher Länge daraus erfolgen, welche erst nach be- endigtem Walzen in die entsprechenden Stücke von kürzerer Länge zertheilt werden. Man erlangt dadurch mancherlei Vortheile. Die Zahl der entstehenden Abfallenden wird geringer; auch der Abbrand fällt etwas niedriger aus, da das Verhältniss der von den grösseren Blöcken dargebotenen Oberfläche zu ihrem Gewichte geringer ist, als bei kleinen. Die Arbeitslöhne beim Walzen und die Kosten der Erhitzung sind niedriger. Grössere Blöcke aber lassen sich leichter dicht giessen als kleinere, und auch dieser Umstand bildet einen nicht unwesentlichen Vorzug des Walzens in doppelten oder dreifachen Schienenlängen.
Ein Block für doppelte Schienenlängen -- also 18 m Gesammtlänge -- wird, wenn die Schiene per laufenden Meter 30 kg wiegt und nur eine einmalige Erhitzung nothwendig ist, ein Gewicht von etwa 590 kg besitzen müssen; bei dreifacher Schienenlänge würde das Gewicht
1) Dasselbe pflegt bei verschiedenen Bahnen 26--33 kg zu betragen.
Die Herstellung der Eisenbahnschienen.
Das Material für die Schienen bildet vorzugsweise Bessemereisen, weniger häufig Martineisen. Tiegelgussstahl bleibt selbstverständlich wegen seiner grösseren Kostspieligkeit von der Verwendung für Schienen- anfertigung ausgeschlossen. Die Verarbeitung der Blöcke nun aber ist verschieden; sie hängt ab theils von der grösseren oder geringeren Dichtigkeit derselben, theils von der Leistungsfähigkeit des vorhandenen Walzwerkes und seiner Betriebsmaschine.
In jedem Falle ist eine ein- oder mehrmalige Erhitzung der Blöcke nothwendig. Für die erste Erhitzung lassen sich bei ausreichend um- fangreichem Betriebe die oben besprochenen Heizgruben von Gjers benutzen; gerade für die Schienendarstellung, bei welcher in kurzer Zeit grosse Eisenmengen verarbeitet werden und welche deshalb leicht dem Bessemerbetriebe sich anschliessen lässt, sind dieselben vortrefflich geeignet. Stehen solche Gruben nicht zur Verwendung, so benutzt man vielfach Rollöfen (S. 980), welche ebenfalls ihrer grossen Leistungs- fähigkeit halber besonders gut für Schienenwalzhütten sich eignen; Siemensöfen mit Herdlängen von 6—6.5 m bei 2—3.5 m Breite sind auf englischen und amerikanischen Eisenwerken für diesen Zweck vielfach in Anwendung; mitunter auch benutzt man gewöhnliche, den oben beschriebenen Schweissöfen mit directer Feuerung ähnliche, nur mit etwas höherer Feuerbrücke versehene Oefen.
Das Gewicht der Blöcke muss natürlicherweise gleich dem Ge- wichte der zu walzenden Schiene unter Hinzurechnung des entstehenden Abbrandes und der abzuschneidenden Schienenenden sein. Die übliche Länge einer einzelnen Schiene pflegt 9 m zu sein; Abbrand für jede erforderliche Erhitzung etwa 3 Proc.; Länge jedes der beiden abzu- schneidenden Enden ungefähr 0.5 m. Aus dem Schienengewichte per laufenden Meter 1) lässt sich hiernach leicht das erforderliche Blockgewicht im Voraus ermitteln.
Wo aber die vorhandenen Einrichtungen es ermöglichen, insbe- sondere wo die Leistungsfähigkeit des vorhandenen Walzwerkes nebst seiner Dampfmaschine gross genug ist, wird man es meistens vor- ziehen, nicht eine einzige Schiene aus einem Blocke zu walzen, sondern den letzteren so gross zu giessen, dass Schienen von doppelter, unter Umständen dreifacher Länge daraus erfolgen, welche erst nach be- endigtem Walzen in die entsprechenden Stücke von kürzerer Länge zertheilt werden. Man erlangt dadurch mancherlei Vortheile. Die Zahl der entstehenden Abfallenden wird geringer; auch der Abbrand fällt etwas niedriger aus, da das Verhältniss der von den grösseren Blöcken dargebotenen Oberfläche zu ihrem Gewichte geringer ist, als bei kleinen. Die Arbeitslöhne beim Walzen und die Kosten der Erhitzung sind niedriger. Grössere Blöcke aber lassen sich leichter dicht giessen als kleinere, und auch dieser Umstand bildet einen nicht unwesentlichen Vorzug des Walzens in doppelten oder dreifachen Schienenlängen.
Ein Block für doppelte Schienenlängen — also 18 m Gesammtlänge — wird, wenn die Schiene per laufenden Meter 30 kg wiegt und nur eine einmalige Erhitzung nothwendig ist, ein Gewicht von etwa 590 kg besitzen müssen; bei dreifacher Schienenlänge würde das Gewicht
1) Dasselbe pflegt bei verschiedenen Bahnen 26—33 kg zu betragen.
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Die Herstellung der Eisenbahnschienen.
Das Material für die Schienen bildet vorzugsweise Bessemereisen,
weniger häufig Martineisen. Tiegelgussstahl bleibt selbstverständlich
wegen seiner grösseren Kostspieligkeit von der Verwendung für Schienen-
anfertigung ausgeschlossen. Die Verarbeitung der Blöcke nun aber ist
verschieden; sie hängt ab theils von der grösseren oder geringeren
Dichtigkeit derselben, theils von der Leistungsfähigkeit des vorhandenen
Walzwerkes und seiner Betriebsmaschine.
In jedem Falle ist eine ein- oder mehrmalige Erhitzung der Blöcke
nothwendig. Für die erste Erhitzung lassen sich bei ausreichend um-
fangreichem Betriebe die oben besprochenen Heizgruben von Gjers
benutzen; gerade für die Schienendarstellung, bei welcher in kurzer
Zeit grosse Eisenmengen verarbeitet werden und welche deshalb leicht
dem Bessemerbetriebe sich anschliessen lässt, sind dieselben vortrefflich
geeignet. Stehen solche Gruben nicht zur Verwendung, so benutzt man
vielfach Rollöfen (S. 980), welche ebenfalls ihrer grossen Leistungs-
fähigkeit halber besonders gut für Schienenwalzhütten sich eignen;
Siemensöfen mit Herdlängen von 6—6.5 m bei 2—3.5 m Breite sind
auf englischen und amerikanischen Eisenwerken für diesen Zweck
vielfach in Anwendung; mitunter auch benutzt man gewöhnliche, den
oben beschriebenen Schweissöfen mit directer Feuerung ähnliche, nur
mit etwas höherer Feuerbrücke versehene Oefen.
Das Gewicht der Blöcke muss natürlicherweise gleich dem Ge-
wichte der zu walzenden Schiene unter Hinzurechnung des entstehenden
Abbrandes und der abzuschneidenden Schienenenden sein. Die übliche
Länge einer einzelnen Schiene pflegt 9 m zu sein; Abbrand für jede
erforderliche Erhitzung etwa 3 Proc.; Länge jedes der beiden abzu-
schneidenden Enden ungefähr 0.5 m. Aus dem Schienengewichte per
laufenden Meter 1) lässt sich hiernach leicht das erforderliche Blockgewicht
im Voraus ermitteln.
Wo aber die vorhandenen Einrichtungen es ermöglichen, insbe-
sondere wo die Leistungsfähigkeit des vorhandenen Walzwerkes nebst
seiner Dampfmaschine gross genug ist, wird man es meistens vor-
ziehen, nicht eine einzige Schiene aus einem Blocke zu walzen, sondern
den letzteren so gross zu giessen, dass Schienen von doppelter, unter
Umständen dreifacher Länge daraus erfolgen, welche erst nach be-
endigtem Walzen in die entsprechenden Stücke von kürzerer Länge
zertheilt werden. Man erlangt dadurch mancherlei Vortheile. Die Zahl
der entstehenden Abfallenden wird geringer; auch der Abbrand fällt
etwas niedriger aus, da das Verhältniss der von den grösseren Blöcken
dargebotenen Oberfläche zu ihrem Gewichte geringer ist, als bei kleinen.
Die Arbeitslöhne beim Walzen und die Kosten der Erhitzung sind
niedriger. Grössere Blöcke aber lassen sich leichter dicht giessen als
kleinere, und auch dieser Umstand bildet einen nicht unwesentlichen
Vorzug des Walzens in doppelten oder dreifachen Schienenlängen.
Ein Block für doppelte Schienenlängen — also 18 m Gesammtlänge
— wird, wenn die Schiene per laufenden Meter 30 kg wiegt und nur
eine einmalige Erhitzung nothwendig ist, ein Gewicht von etwa 590 kg
besitzen müssen; bei dreifacher Schienenlänge würde das Gewicht
1) Dasselbe pflegt bei verschiedenen Bahnen 26—33 kg zu betragen.
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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 989. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1077>, abgerufen am 23.12.2024.
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