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Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884.

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Die Darstellung des Cementstahles.
in der gewöhnlichen Weise in der Kiste des Cementirofens geglüht,
zeigten

nach 7 Tagen eine nur 1/2 mm starke Stahlschicht mit 0.65 Proc. Kohlenstoff;
" 8 " " 1 mm starke Stahlschicht mit 0.94 Proc. Kohlenstoff;
" 9 " " 2 mm " " " 0.95 " "
" 10 " " 2.6 mm " " " 1.1 " "
" 111/2 " " 3 mm " " " 1.2 " "
" 131/2 " einen annähernd gleichmässig durch das ganze Stück vertheilten
Kohlenstoffgehalt von 1.2 Proc.

Dieser zuletzt erreichte Kohlenstoffgehalt nahm auch bei länger fort-
gesetztem Glühen nicht mehr zu, wie schon soeben erwähnt wurde.
Eine annähernd gleichmässige Cementirung eines Eisenstückes ist daher
in jedem Falle nur dann erreichbar, wenn die Zeitdauer des Glühens
der Stärke des Eisenstückes entspricht; und die Höhe des hierbei
erreichten Kohlenstoffgehaltes ist von der angewendeten Temperatur
abhängig.

Erwähnenswerth ist, dass in einzelnen Fällen beim Glühen in
hoher Temperatur Graueisen mit amorphem (nichtgraphitischem) Kohlen-
stoff 1) entstand. Eine nähere Untersuchung dieses Kohlenstoffes oder
dieser Kohlenstofflegirung, welche der Bruchfläche die graue Färbung
ertheilte, scheint nicht stattgefunden zu haben.

Boussingault dehnte seine Untersuchungen auch auf das Ver-
halten des Schwefels, Phosphors und Siliciums aus. 2) Er fand, dass
der Schwefelgehalt des Eisens regelmässig eine Verringerung erfahre.
Es entspricht diese Beobachtung vollständig dem auf S. 250 geschil-
derten Verhalten des Schwefels in kohlenstoffhaltigem Eisen. Aller-
dings wird man in Rücksicht auf die hohen Ansprüche, welche an die
Beschaffenheit des Cementstahles gestellt werden müssen, kaum jemals
ein schwefelreiches Eisen zur Darstellung desselben benutzen; so erklärt
es sich, dass auch die beobachtete Abnahme nicht sehr bedeutend sein
konnte. Schwedisches Eisen mit 0.055 Proc. Schwefelgehalt enthielt
nach dem Cementiren nur noch 0.019 Proc.; eine andere Sorte schwedi-
schen Eisens mit 0.04 Proc. Schwefel enthielt nach dem Cementiren
0.02 Proc. Zahlreiche andere Versuche bestätigten dieselbe Wahr-
nehmung. Als man weisses Roheisen mit 0.101 Proc. Schwefel 35 Tage
lang in Holzkohlen glühte, hatte sich der Schwefelgehalt auf 0.036 Proc.
verringert.

Der Silicium- und Phosphorgehalt dagegen liessen bei den ange-
gestellten Untersuchungen mitunter eine, allerdings nicht bedeutende
Zunahme erkennen. 3) Sollte dieselbe nicht auf der ungleichen Ver-
theilung dieser Stoffe im Eisen oder auf kleinen Unrichtigkeiten der
Analyse beruhen, so würde die Erklärung dieser Anreicherung leicht
in der stattfindenden Reduction dieser Körper aus der Asche der immer-

1) Vergl. S. 238.
2) Vergl. Literatur.
3) Bei einem derartigen Versuche betrug z. B. der Gehalt an:
[Tabelle]

Die Darstellung des Cementstahles.
in der gewöhnlichen Weise in der Kiste des Cementirofens geglüht,
zeigten

nach 7 Tagen eine nur ½ mm starke Stahlschicht mit 0.65 Proc. Kohlenstoff;
„ 8 „ „ 1 mm starke Stahlschicht mit 0.94 Proc. Kohlenstoff;
„ 9 „ „ 2 mm „ „ „ 0.95 „ „
„ 10 „ „ 2.6 mm „ „ „ 1.1 „ „
„ 11½ „ „ 3 mm „ „ „ 1.2 „ „
„ 13½ „ einen annähernd gleichmässig durch das ganze Stück vertheilten
Kohlenstoffgehalt von 1.2 Proc.

Dieser zuletzt erreichte Kohlenstoffgehalt nahm auch bei länger fort-
gesetztem Glühen nicht mehr zu, wie schon soeben erwähnt wurde.
Eine annähernd gleichmässige Cementirung eines Eisenstückes ist daher
in jedem Falle nur dann erreichbar, wenn die Zeitdauer des Glühens
der Stärke des Eisenstückes entspricht; und die Höhe des hierbei
erreichten Kohlenstoffgehaltes ist von der angewendeten Temperatur
abhängig.

Erwähnenswerth ist, dass in einzelnen Fällen beim Glühen in
hoher Temperatur Graueisen mit amorphem (nichtgraphitischem) Kohlen-
stoff 1) entstand. Eine nähere Untersuchung dieses Kohlenstoffes oder
dieser Kohlenstofflegirung, welche der Bruchfläche die graue Färbung
ertheilte, scheint nicht stattgefunden zu haben.

Boussingault dehnte seine Untersuchungen auch auf das Ver-
halten des Schwefels, Phosphors und Siliciums aus. 2) Er fand, dass
der Schwefelgehalt des Eisens regelmässig eine Verringerung erfahre.
Es entspricht diese Beobachtung vollständig dem auf S. 250 geschil-
derten Verhalten des Schwefels in kohlenstoffhaltigem Eisen. Aller-
dings wird man in Rücksicht auf die hohen Ansprüche, welche an die
Beschaffenheit des Cementstahles gestellt werden müssen, kaum jemals
ein schwefelreiches Eisen zur Darstellung desselben benutzen; so erklärt
es sich, dass auch die beobachtete Abnahme nicht sehr bedeutend sein
konnte. Schwedisches Eisen mit 0.055 Proc. Schwefelgehalt enthielt
nach dem Cementiren nur noch 0.019 Proc.; eine andere Sorte schwedi-
schen Eisens mit 0.04 Proc. Schwefel enthielt nach dem Cementiren
0.02 Proc. Zahlreiche andere Versuche bestätigten dieselbe Wahr-
nehmung. Als man weisses Roheisen mit 0.101 Proc. Schwefel 35 Tage
lang in Holzkohlen glühte, hatte sich der Schwefelgehalt auf 0.036 Proc.
verringert.

Der Silicium- und Phosphorgehalt dagegen liessen bei den ange-
gestellten Untersuchungen mitunter eine, allerdings nicht bedeutende
Zunahme erkennen. 3) Sollte dieselbe nicht auf der ungleichen Ver-
theilung dieser Stoffe im Eisen oder auf kleinen Unrichtigkeiten der
Analyse beruhen, so würde die Erklärung dieser Anreicherung leicht
in der stattfindenden Reduction dieser Körper aus der Asche der immer-

1) Vergl. S. 238.
2) Vergl. Literatur.
3) Bei einem derartigen Versuche betrug z. B. der Gehalt an:
[Tabelle]
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[954/1042] Die Darstellung des Cementstahles. in der gewöhnlichen Weise in der Kiste des Cementirofens geglüht, zeigten nach 7 Tagen eine nur ½ mm starke Stahlschicht mit 0.65 Proc. Kohlenstoff; „ 8 „ „ 1 mm starke Stahlschicht mit 0.94 Proc. Kohlenstoff; „ 9 „ „ 2 mm „ „ „ 0.95 „ „ „ 10 „ „ 2.6 mm „ „ „ 1.1 „ „ „ 11½ „ „ 3 mm „ „ „ 1.2 „ „ „ 13½ „ einen annähernd gleichmässig durch das ganze Stück vertheilten Kohlenstoffgehalt von 1.2 Proc. Dieser zuletzt erreichte Kohlenstoffgehalt nahm auch bei länger fort- gesetztem Glühen nicht mehr zu, wie schon soeben erwähnt wurde. Eine annähernd gleichmässige Cementirung eines Eisenstückes ist daher in jedem Falle nur dann erreichbar, wenn die Zeitdauer des Glühens der Stärke des Eisenstückes entspricht; und die Höhe des hierbei erreichten Kohlenstoffgehaltes ist von der angewendeten Temperatur abhängig. Erwähnenswerth ist, dass in einzelnen Fällen beim Glühen in hoher Temperatur Graueisen mit amorphem (nichtgraphitischem) Kohlen- stoff 1) entstand. Eine nähere Untersuchung dieses Kohlenstoffes oder dieser Kohlenstofflegirung, welche der Bruchfläche die graue Färbung ertheilte, scheint nicht stattgefunden zu haben. Boussingault dehnte seine Untersuchungen auch auf das Ver- halten des Schwefels, Phosphors und Siliciums aus. 2) Er fand, dass der Schwefelgehalt des Eisens regelmässig eine Verringerung erfahre. Es entspricht diese Beobachtung vollständig dem auf S. 250 geschil- derten Verhalten des Schwefels in kohlenstoffhaltigem Eisen. Aller- dings wird man in Rücksicht auf die hohen Ansprüche, welche an die Beschaffenheit des Cementstahles gestellt werden müssen, kaum jemals ein schwefelreiches Eisen zur Darstellung desselben benutzen; so erklärt es sich, dass auch die beobachtete Abnahme nicht sehr bedeutend sein konnte. Schwedisches Eisen mit 0.055 Proc. Schwefelgehalt enthielt nach dem Cementiren nur noch 0.019 Proc.; eine andere Sorte schwedi- schen Eisens mit 0.04 Proc. Schwefel enthielt nach dem Cementiren 0.02 Proc. Zahlreiche andere Versuche bestätigten dieselbe Wahr- nehmung. Als man weisses Roheisen mit 0.101 Proc. Schwefel 35 Tage lang in Holzkohlen glühte, hatte sich der Schwefelgehalt auf 0.036 Proc. verringert. Der Silicium- und Phosphorgehalt dagegen liessen bei den ange- gestellten Untersuchungen mitunter eine, allerdings nicht bedeutende Zunahme erkennen. 3) Sollte dieselbe nicht auf der ungleichen Ver- theilung dieser Stoffe im Eisen oder auf kleinen Unrichtigkeiten der Analyse beruhen, so würde die Erklärung dieser Anreicherung leicht in der stattfindenden Reduction dieser Körper aus der Asche der immer- 1) Vergl. S. 238. 2) Vergl. Literatur. 3) Bei einem derartigen Versuche betrug z. B. der Gehalt an:

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Zitationshilfe: Ledebur, Adolf: Handbuch der Eisenhüttenkunde. Leipzig, 1884, S. 954. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/ledebur_eisenhuettenkunde_1884/1042>, abgerufen am 18.05.2024.