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Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778.

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Gesinnungen kennst, daß du meine redliche Absich-
ten mitten unter den Schwachheiten meines Wan-
dels wahrnimmst, und mich nicht nach diesem oder
jenem vielleicht unvorsichtigen Verfahren; sondern
nach der ganzen Verfassung meines Gemüthes einst
richten wirst. Zwar sehe ich einen jeden Beyfall,
den weise und gottselige Menschen mir geben, als
einen sehr schätzbaren Seegen von deiner Hand an.
Aber da ich von so vielen ein anderes erleiden muß;
so ist mir doch das Ruhm genug, daß du mich
billigest, daß du mich in Christo von allen Verschul-
dungen frey gesprochen, und für dein Kind erkläret
hast. Was ist es denn nun mehr, wenn Menschen
mich tadlen, urtheilen und richten? Wer will die
Auserwählten Gottes beschuldigen? Gott ist hie, der
gerecht macht! Wenn ich noch allen Menschen ge-
fällig wäre: so wäre ich Ehristi Knecht nicht. Nie
kann der Gottlose mit dem Gerechten allezeit zufrie-
den seyn. Wenn ich mich nur des Wohlgefallens
meines himmlischen Vaters durch keine vorsetzliche
Sünde verlustig mache, wenn er nur mein Freund,
mein Trost und mein Beystand ist: dann will ich
gerne die Urtheile der Welt geduldig ertragen, und
großmüthig verachten. Gott ist mein Richter: mein
Ruhm und Trost, das Zeugniß eines guten Ge-
wissens. Handle du nur nicht mit mir nach meinem
Sünden; sey du mir nur nicht schrecklich, meine
Zuversicht in der Noth! so will ich alles geduldig
ertragen: so will ich mit stiller Gelassenheit auf die
Stunde hoffen, in welcher du mein Recht offenbar
machen wirst. Jsts möglich! so laß meine Unschuld
vor Menschen hier noch kund werden: soll ich,
gleich mein Erlöser, länger Schmach leiden; Siehe!
hier bin ich; der Herr mache es, wie es ihm wohl
gefällt.

Trö-

Geſinnungen kennſt, daß du meine redliche Abſich-
ten mitten unter den Schwachheiten meines Wan-
dels wahrnimmſt, und mich nicht nach dieſem oder
jenem vielleicht unvorſichtigen Verfahren; ſondern
nach der ganzen Verfaſſung meines Gemüthes einſt
richten wirſt. Zwar ſehe ich einen jeden Beyfall,
den weiſe und gottſelige Menſchen mir geben, als
einen ſehr ſchätzbaren Seegen von deiner Hand an.
Aber da ich von ſo vielen ein anderes erleiden muß;
ſo iſt mir doch das Ruhm genug, daß du mich
billigeſt, daß du mich in Chriſto von allen Verſchul-
dungen frey geſprochen, und für dein Kind erkläret
haſt. Was iſt es denn nun mehr, wenn Menſchen
mich tadlen, urtheilen und richten? Wer will die
Auserwählten Gottes beſchuldigen? Gott iſt hie, der
gerecht macht! Wenn ich noch allen Menſchen ge-
fällig wäre: ſo wäre ich Ehriſti Knecht nicht. Nie
kann der Gottloſe mit dem Gerechten allezeit zufrie-
den ſeyn. Wenn ich mich nur des Wohlgefallens
meines himmliſchen Vaters durch keine vorſetzliche
Sünde verluſtig mache, wenn er nur mein Freund,
mein Troſt und mein Beyſtand iſt: dann will ich
gerne die Urtheile der Welt geduldig ertragen, und
großmüthig verachten. Gott iſt mein Richter: mein
Ruhm und Troſt, das Zeugniß eines guten Ge-
wiſſens. Handle du nur nicht mit mir nach meinem
Sünden; ſey du mir nur nicht ſchrecklich, meine
Zuverſicht in der Noth! ſo will ich alles geduldig
ertragen: ſo will ich mit ſtiller Gelaſſenheit auf die
Stunde hoffen, in welcher du mein Recht offenbar
machen wirſt. Jſts möglich! ſo laß meine Unſchuld
vor Menſchen hier noch kund werden: ſoll ich,
gleich mein Erlöſer, länger Schmach leiden; Siehe!
hier bin ich; der Herr mache es, wie es ihm wohl
gefällt.

Trö-
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[63/0065] Geſinnungen kennſt, daß du meine redliche Abſich- ten mitten unter den Schwachheiten meines Wan- dels wahrnimmſt, und mich nicht nach dieſem oder jenem vielleicht unvorſichtigen Verfahren; ſondern nach der ganzen Verfaſſung meines Gemüthes einſt richten wirſt. Zwar ſehe ich einen jeden Beyfall, den weiſe und gottſelige Menſchen mir geben, als einen ſehr ſchätzbaren Seegen von deiner Hand an. Aber da ich von ſo vielen ein anderes erleiden muß; ſo iſt mir doch das Ruhm genug, daß du mich billigeſt, daß du mich in Chriſto von allen Verſchul- dungen frey geſprochen, und für dein Kind erkläret haſt. Was iſt es denn nun mehr, wenn Menſchen mich tadlen, urtheilen und richten? Wer will die Auserwählten Gottes beſchuldigen? Gott iſt hie, der gerecht macht! Wenn ich noch allen Menſchen ge- fällig wäre: ſo wäre ich Ehriſti Knecht nicht. Nie kann der Gottloſe mit dem Gerechten allezeit zufrie- den ſeyn. Wenn ich mich nur des Wohlgefallens meines himmliſchen Vaters durch keine vorſetzliche Sünde verluſtig mache, wenn er nur mein Freund, mein Troſt und mein Beyſtand iſt: dann will ich gerne die Urtheile der Welt geduldig ertragen, und großmüthig verachten. Gott iſt mein Richter: mein Ruhm und Troſt, das Zeugniß eines guten Ge- wiſſens. Handle du nur nicht mit mir nach meinem Sünden; ſey du mir nur nicht ſchrecklich, meine Zuverſicht in der Noth! ſo will ich alles geduldig ertragen: ſo will ich mit ſtiller Gelaſſenheit auf die Stunde hoffen, in welcher du mein Recht offenbar machen wirſt. Jſts möglich! ſo laß meine Unſchuld vor Menſchen hier noch kund werden: ſoll ich, gleich mein Erlöſer, länger Schmach leiden; Siehe! hier bin ich; der Herr mache es, wie es ihm wohl gefällt. Trö-

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_sammlung_1778/65>, abgerufen am 18.12.2024.