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Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778.

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lieben Leute! Schüttet euer Herz vor ihm aus.
Gott ist unsere Zuversicht und Stärke. Amen.

Gebet gleichen Inhalts mit dem
vorigen.

Du hast mich, o barmherziger Vater! in der
liebreichen Absicht geschaffen, daß ich glücklich
seyn soll. Du hast um mich her alle Reichthümer
deiner Herrlichkeit ausgeschüttet; mir überall Mittel
zur Nahrung, zur Stärke, zur Gesundheit, zum
Veranügen hingelegt; in den verflossenen Tagen
meines Lebens mir unzählbare Merkmale deiner zärt-
lichen Liebe gegeben: Solltest du mich künstig mit
deiner Hülfe verlassen? Solltest du mir so viele
Wohlthaten nur deswegen erzeigt haben, damit mich
der folgende Verlust deiner Gnade desto empfindli-
cher schmerzen möchte? Nein, nimmermehr? Der
Herr ist freundlich, dem der auf ihn harret, und
der Seele, die nach ihm fraget. Seine Barmher-
zigkeit hat kein Ende, sie ist alle Morgen neu, und
seine Treue ist groß. Er hat mich durch den Tod
seines Sohnes aus dem Abgrunde des Verderbens
gerissen: wird er künftig mir etwas fehlen lassen,
daß zu meinem Glücke nöthig ist? Er, der so große
Anstalten zu meinem Heile gemacht, der mir alle
meine Fehler liebreich vergeben, der mich mit dem
Pfande des ewigen Lebens, dem heiligen Geiste ver-
sehen, der mir das Allerhöchste seinen lieben Sohn
geschenket hat, sollte er mir mit seinem Sohne nicht
alles, was mir nützlich ist, schenken? Er ist mein
Herr: Und seine Ehre erfordert es, mich seinen
Knecht nicht untergehen zu lassen. Er ist die Liebe,
und diese väterliche Neigung, womit er allen seinen
guten Geschöpfen zärtlich zugethan ist, erlaubt ihm
nicht, mich mit meinem Gebet zu verstossen. Mei-

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lieben Leute! Schüttet euer Herz vor ihm aus.
Gott iſt unſere Zuverſicht und Stärke. Amen.

Gebet gleichen Inhalts mit dem
vorigen.

Du haſt mich, o barmherziger Vater! in der
liebreichen Abſicht geſchaffen, daß ich glücklich
ſeyn ſoll. Du haſt um mich her alle Reichthümer
deiner Herrlichkeit ausgeſchüttet; mir überall Mittel
zur Nahrung, zur Stärke, zur Geſundheit, zum
Veranügen hingelegt; in den verfloſſenen Tagen
meines Lebens mir unzählbare Merkmale deiner zärt-
lichen Liebe gegeben: Sollteſt du mich künſtig mit
deiner Hülfe verlaſſen? Sollteſt du mir ſo viele
Wohlthaten nur deswegen erzeigt haben, damit mich
der folgende Verluſt deiner Gnade deſto empfindli-
cher ſchmerzen möchte? Nein, nimmermehr? Der
Herr iſt freundlich, dem der auf ihn harret, und
der Seele, die nach ihm fraget. Seine Barmher-
zigkeit hat kein Ende, ſie iſt alle Morgen neu, und
ſeine Treue iſt groß. Er hat mich durch den Tod
ſeines Sohnes aus dem Abgrunde des Verderbens
geriſſen: wird er künftig mir etwas fehlen laſſen,
daß zu meinem Glücke nöthig iſt? Er, der ſo große
Anſtalten zu meinem Heile gemacht, der mir alle
meine Fehler liebreich vergeben, der mich mit dem
Pfande des ewigen Lebens, dem heiligen Geiſte ver-
ſehen, der mir das Allerhöchſte ſeinen lieben Sohn
geſchenket hat, ſollte er mir mit ſeinem Sohne nicht
alles, was mir nützlich iſt, ſchenken? Er iſt mein
Herr: Und ſeine Ehre erfordert es, mich ſeinen
Knecht nicht untergehen zu laſſen. Er iſt die Liebe,
und dieſe väterliche Neigung, womit er allen ſeinen
guten Geſchöpfen zärtlich zugethan iſt, erlaubt ihm
nicht, mich mit meinem Gebet zu verſtoſſen. Mei-

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[55/0057] lieben Leute! Schüttet euer Herz vor ihm aus. Gott iſt unſere Zuverſicht und Stärke. Amen. Gebet gleichen Inhalts mit dem vorigen. Du haſt mich, o barmherziger Vater! in der liebreichen Abſicht geſchaffen, daß ich glücklich ſeyn ſoll. Du haſt um mich her alle Reichthümer deiner Herrlichkeit ausgeſchüttet; mir überall Mittel zur Nahrung, zur Stärke, zur Geſundheit, zum Veranügen hingelegt; in den verfloſſenen Tagen meines Lebens mir unzählbare Merkmale deiner zärt- lichen Liebe gegeben: Sollteſt du mich künſtig mit deiner Hülfe verlaſſen? Sollteſt du mir ſo viele Wohlthaten nur deswegen erzeigt haben, damit mich der folgende Verluſt deiner Gnade deſto empfindli- cher ſchmerzen möchte? Nein, nimmermehr? Der Herr iſt freundlich, dem der auf ihn harret, und der Seele, die nach ihm fraget. Seine Barmher- zigkeit hat kein Ende, ſie iſt alle Morgen neu, und ſeine Treue iſt groß. Er hat mich durch den Tod ſeines Sohnes aus dem Abgrunde des Verderbens geriſſen: wird er künftig mir etwas fehlen laſſen, daß zu meinem Glücke nöthig iſt? Er, der ſo große Anſtalten zu meinem Heile gemacht, der mir alle meine Fehler liebreich vergeben, der mich mit dem Pfande des ewigen Lebens, dem heiligen Geiſte ver- ſehen, der mir das Allerhöchſte ſeinen lieben Sohn geſchenket hat, ſollte er mir mit ſeinem Sohne nicht alles, was mir nützlich iſt, ſchenken? Er iſt mein Herr: Und ſeine Ehre erfordert es, mich ſeinen Knecht nicht untergehen zu laſſen. Er iſt die Liebe, und dieſe väterliche Neigung, womit er allen ſeinen guten Geſchöpfen zärtlich zugethan iſt, erlaubt ihm nicht, mich mit meinem Gebet zu verſtoſſen. Mei- ne D 4

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778, S. 55. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_sammlung_1778/57>, abgerufen am 14.06.2024.