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Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778.

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und doppelten Eifer im Gebet, so viel an mir liegt,
wieder gut zu machen?

Bin ich auch redlich genug, meinen Fehler an-
dern zu gestehen und zu bekennen, die etwa Zeugen
davon gewesen und dadurch geärgert worden sind?

Oder bin ich vielmehr bemüht, meine unordent-
liche Gemüthsbewegungen und schädliche Uebeteilun-
gen aus Eigenliebe zu verbergen, zu entschuldigen und
zu beschönen?

Ich mag mir diese wichtigen Fragen redlich oder
nicht redlich beäntworten; ich mag meine Fehler ver-
heelen oder gestehen, so weißt du doch, mein Schöp-
fer und Richter, wie das Innerste meines Herzens
beschaffen, und weißest alles, was heute in meiner
Seele vorgegangen ist.

Verhehle ich meine Uebertretungen, mein Gott,
wie kann ich sie bereuen? wie kann ich Vergebung
vor dir finden?

Darum, o mein Gott! will ich dir meine Sün-
den bekennen, und keine meiner Missethaten vor dir
verheelen, damit sich mein Herz vor dir demüthige,
und den Trost der Evangelischen Verheissung erfah-
re: So wir unsre Sünden bekennen, so ist Gott
treu und gerecht, daß er uns dieselben vergebe, und
uns von aller Ungerechtigkeit reinige.

Ja! ich habe gefehlt; ich hade gesehlt; ich bin
nicht rein und unsträflich vor dir gewesen! ich habe
nicht genug gekämpft, nicht brünstig und anhaltend
genug gebetet, mich nicht genug im Geiste an dir
festgehalten, o mein himmlischer Erlöser! -- Ich
erkenne und bekenne meine Fehlbarkeit! Gieb mir
dieselbe noch lebhafter zu erkennen, noch tiefer zu
empfinden! Laß keine einzige meiner Vergehungen
unbemerkt vor mir bleiben! Vergieb sie mie alle! Be-
wahre mich künftig vor allen! Laß mich doch in dem
Werk meiner Heiligung täglich weiter kommen!

Laß

und doppelten Eifer im Gebet, ſo viel an mir liegt,
wieder gut zu machen?

Bin ich auch redlich genug, meinen Fehler an-
dern zu geſtehen und zu bekennen, die etwa Zeugen
davon geweſen und dadurch geärgert worden ſind?

Oder bin ich vielmehr bemüht, meine unordent-
liche Gemüthsbewegungen und ſchädliche Uebeteilun-
gen aus Eigenliebe zu verbergen, zu entſchuldigen und
zu beſchönen?

Ich mag mir dieſe wichtigen Fragen redlich oder
nicht redlich beäntworten; ich mag meine Fehler ver-
heelen oder geſtehen, ſo weißt du doch, mein Schöp-
fer und Richter, wie das Innerſte meines Herzens
beſchaffen, und weißeſt alles, was heute in meiner
Seele vorgegangen iſt.

Verhehle ich meine Uebertretungen, mein Gott,
wie kann ich ſie bereuen? wie kann ich Vergebung
vor dir finden?

Darum, o mein Gott! will ich dir meine Sün-
den bekennen, und keine meiner Miſſethaten vor dir
verheelen, damit ſich mein Herz vor dir demüthige,
und den Troſt der Evangeliſchen Verheiſſung erfah-
re: So wir unſre Sünden bekennen, ſo iſt Gott
treu und gerecht, daß er uns dieſelben vergebe, und
uns von aller Ungerechtigkeit reinige.

Ja! ich habe gefehlt; ich hade geſehlt; ich bin
nicht rein und unſträflich vor dir geweſen! ich habe
nicht genug gekämpft, nicht brünſtig und anhaltend
genug gebetet, mich nicht genug im Geiſte an dir
feſtgehalten, o mein himmliſcher Erlöſer! — Ich
erkenne und bekenne meine Fehlbarkeit! Gieb mir
dieſelbe noch lebhafter zu erkennen, noch tiefer zu
empfinden! Laß keine einzige meiner Vergehungen
unbemerkt vor mir bleiben! Vergieb ſie mie alle! Be-
wahre mich künftig vor allen! Laß mich doch in dem
Werk meiner Heiligung täglich weiter kommen!

Laß
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[31/0033] und doppelten Eifer im Gebet, ſo viel an mir liegt, wieder gut zu machen? Bin ich auch redlich genug, meinen Fehler an- dern zu geſtehen und zu bekennen, die etwa Zeugen davon geweſen und dadurch geärgert worden ſind? Oder bin ich vielmehr bemüht, meine unordent- liche Gemüthsbewegungen und ſchädliche Uebeteilun- gen aus Eigenliebe zu verbergen, zu entſchuldigen und zu beſchönen? Ich mag mir dieſe wichtigen Fragen redlich oder nicht redlich beäntworten; ich mag meine Fehler ver- heelen oder geſtehen, ſo weißt du doch, mein Schöp- fer und Richter, wie das Innerſte meines Herzens beſchaffen, und weißeſt alles, was heute in meiner Seele vorgegangen iſt. Verhehle ich meine Uebertretungen, mein Gott, wie kann ich ſie bereuen? wie kann ich Vergebung vor dir finden? Darum, o mein Gott! will ich dir meine Sün- den bekennen, und keine meiner Miſſethaten vor dir verheelen, damit ſich mein Herz vor dir demüthige, und den Troſt der Evangeliſchen Verheiſſung erfah- re: So wir unſre Sünden bekennen, ſo iſt Gott treu und gerecht, daß er uns dieſelben vergebe, und uns von aller Ungerechtigkeit reinige. Ja! ich habe gefehlt; ich hade geſehlt; ich bin nicht rein und unſträflich vor dir geweſen! ich habe nicht genug gekämpft, nicht brünſtig und anhaltend genug gebetet, mich nicht genug im Geiſte an dir feſtgehalten, o mein himmliſcher Erlöſer! — Ich erkenne und bekenne meine Fehlbarkeit! Gieb mir dieſelbe noch lebhafter zu erkennen, noch tiefer zu empfinden! Laß keine einzige meiner Vergehungen unbemerkt vor mir bleiben! Vergieb ſie mie alle! Be- wahre mich künftig vor allen! Laß mich doch in dem Werk meiner Heiligung täglich weiter kommen! Laß

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Sammlung einiger Gebete auf die wichtigsten Angelegenheiten des menschlichen Lebens. Leipzig, 1778, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_sammlung_1778/33>, abgerufen am 24.11.2024.