Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.IX. Abschnitt. III. Fragment. ben -- die ruhige, kräftige göttliche Anbetung -- nicht die Anbetung eines Sünders, der Barm-herzigkeit erflehen will, oder erfleht hat -- nicht die Anbetung des Engels, dem Seligkeit werden soll und worden ist -- sondern des verherrlichten Sohnes und Herrn; Anbetung hebt und trägt diesen edlen Körper in froher Freyheit -- Doch ist mir die Form und Miene des Kopfes nicht sanft, nicht menschenfreundlich, nicht kindlich genug, wie ich mir auch in seiner Herrlichkeit so gern den denke, der immer in Kindeseinfalt sprach und handelte. Es ist mehr des Herrn Gesicht, als des Heylandes. Die nöthige Verkürzung abgerechnet, sind die Hände durch ihre Kürze unedel und gemein. Nah an Raphaels Christus stellte ich so gern einen von dem mißkannten -- aber beynahe [Abbildung]
K. Das
IX. Abſchnitt. III. Fragment. ben — die ruhige, kraͤftige goͤttliche Anbetung — nicht die Anbetung eines Suͤnders, der Barm-herzigkeit erflehen will, oder erfleht hat — nicht die Anbetung des Engels, dem Seligkeit werden ſoll und worden iſt — ſondern des verherrlichten Sohnes und Herrn; Anbetung hebt und traͤgt dieſen edlen Koͤrper in froher Freyheit — Doch iſt mir die Form und Miene des Kopfes nicht ſanft, nicht menſchenfreundlich, nicht kindlich genug, wie ich mir auch in ſeiner Herrlichkeit ſo gern den denke, der immer in Kindeseinfalt ſprach und handelte. Es iſt mehr des Herrn Geſicht, als des Heylandes. Die noͤthige Verkuͤrzung abgerechnet, ſind die Haͤnde durch ihre Kuͤrze unedel und gemein. Nah an Raphaels Chriſtus ſtellte ich ſo gern einen von dem mißkannten — aber beynahe [Abbildung]
K. Das
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IX. Abſchnitt. III. Fragment.
ben — die ruhige, kraͤftige goͤttliche Anbetung — nicht die Anbetung eines Suͤnders, der Barm-
herzigkeit erflehen will, oder erfleht hat — nicht die Anbetung des Engels, dem Seligkeit
werden ſoll und worden iſt — ſondern des verherrlichten Sohnes und Herrn; Anbetung hebt und
traͤgt dieſen edlen Koͤrper in froher Freyheit — Doch iſt mir die Form und Miene des Kopfes nicht
ſanft, nicht menſchenfreundlich, nicht kindlich genug, wie ich mir auch in ſeiner Herrlichkeit ſo gern
den denke, der immer in Kindeseinfalt ſprach und handelte. Es iſt mehr des Herrn Geſicht, als
des Heylandes.
Die noͤthige Verkuͤrzung abgerechnet, ſind die Haͤnde durch ihre Kuͤrze unedel und gemein.
Die ſchoͤne lange Geſtalt duldet dieſe Breite der Hand und Kuͤrze der Finger nicht.
Nah an Raphaels Chriſtus ſtellte ich ſo gern einen von dem mißkannten — aber beynahe
raphaeliſchen Holzer, dem ich zu lieb ſo gern eine Wallfahrt nach Augſpurg machte — auch aus
den ſchlechteſten Copien nach ihm zu ſchließen, hatte dieſer Kuͤnſtler — ſeines gleichen nicht unter
den Sterblichen. Wenn die nachſtehende ſiebente, gewiß elende, Copie von ihm — noch ſo beſchaf-
fen iſt — welch ein goͤttlicher Genius muß uͤber dir geſchwebt haben — unerſetzlicher Mann?
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