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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778.

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V. Abschnitt. VI. Fragment.

Nachstehendes Profil eines jungen Calmucken -- Die mißproportionirte Breite des obern
Schädels; das einwärts sich Senkende unter dem Haarzopf; die Höhe der schwachen Augenbraune
über dem Auge -- die beynahe, besonders in der Natur und von vornen, gänzliche Unsichtbarkeit des
obern Augenlieds; die Nähe des Auges am Umrisse der Nasenwurzel; die Kleinheit und das Auf-
wärtsgehende der Nase; und die Länge der Oberlippe -- verglichen mit dem Untertheile der Nase,
und besonders das beynah ungeheuer große Ohr sind alles charakteristische Züge seiner Nation.
Sonst ist dieser Junge voll Bonhomie, Fertigkeit, Lebhaftigkeit und trug- und bosheitsloser
Wildheit. *)

[Abbildung]
C. Sechs
*) [Spaltenumbruch] "Der Calmuke ist ein sonderbares Gemisch der fein-
"sten Fähigkeiten, und der untersten Thierheit. Sein
"Auge verkündigt mit seinem Feuer und Mobilität die
"reizbarste Seele. Er thut im Kriege Wunder persön-
"licher Tapferkeit, und ist wieder höchst frey. -- Kurz
"es ist keine Stätigkeit in seinen Charakter zu bringen.
[Spaltenumbruch] "Er begreift höchst leicht, und ist zugleich spekulativ --
"hängt gern wie alle Mongalen an metaphysischen
"Jdeen der Cosmogonie -- Uebrigens gleicht er im
"niedrigen Moralischen dem Mohren, ist geil, diebisch,
"rachgierig, Lügner und Schmeichler." Aus einem
Manuscripte.
V. Abſchnitt. VI. Fragment.

Nachſtehendes Profil eines jungen Calmucken — Die mißproportionirte Breite des obern
Schaͤdels; das einwaͤrts ſich Senkende unter dem Haarzopf; die Hoͤhe der ſchwachen Augenbraune
uͤber dem Auge — die beynahe, beſonders in der Natur und von vornen, gaͤnzliche Unſichtbarkeit des
obern Augenlieds; die Naͤhe des Auges am Umriſſe der Naſenwurzel; die Kleinheit und das Auf-
waͤrtsgehende der Naſe; und die Laͤnge der Oberlippe — verglichen mit dem Untertheile der Naſe,
und beſonders das beynah ungeheuer große Ohr ſind alles charakteriſtiſche Zuͤge ſeiner Nation.
Sonſt iſt dieſer Junge voll Bonhomie, Fertigkeit, Lebhaftigkeit und trug- und bosheitsloſer
Wildheit. *)

[Abbildung]
C. Sechs
*) [Spaltenumbruch] „Der Calmuke iſt ein ſonderbares Gemiſch der fein-
„ſten Faͤhigkeiten, und der unterſten Thierheit. Sein
„Auge verkuͤndigt mit ſeinem Feuer und Mobilitaͤt die
„reizbarſte Seele. Er thut im Kriege Wunder perſoͤn-
„licher Tapferkeit, und iſt wieder hoͤchſt frey. — Kurz
„es iſt keine Staͤtigkeit in ſeinen Charakter zu bringen.
[Spaltenumbruch] „Er begreift hoͤchſt leicht, und iſt zugleich ſpekulativ —
„haͤngt gern wie alle Mongalen an metaphyſiſchen
„Jdeen der Cosmogonie — Uebrigens gleicht er im
„niedrigen Moraliſchen dem Mohren, iſt geil, diebiſch,
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Manuſcripte.
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[312/0366] V. Abſchnitt. VI. Fragment. Nachſtehendes Profil eines jungen Calmucken — Die mißproportionirte Breite des obern Schaͤdels; das einwaͤrts ſich Senkende unter dem Haarzopf; die Hoͤhe der ſchwachen Augenbraune uͤber dem Auge — die beynahe, beſonders in der Natur und von vornen, gaͤnzliche Unſichtbarkeit des obern Augenlieds; die Naͤhe des Auges am Umriſſe der Naſenwurzel; die Kleinheit und das Auf- waͤrtsgehende der Naſe; und die Laͤnge der Oberlippe — verglichen mit dem Untertheile der Naſe, und beſonders das beynah ungeheuer große Ohr ſind alles charakteriſtiſche Zuͤge ſeiner Nation. Sonſt iſt dieſer Junge voll Bonhomie, Fertigkeit, Lebhaftigkeit und trug- und bosheitsloſer Wildheit. *) [Abbildung] C. Sechs *) „Der Calmuke iſt ein ſonderbares Gemiſch der fein- „ſten Faͤhigkeiten, und der unterſten Thierheit. Sein „Auge verkuͤndigt mit ſeinem Feuer und Mobilitaͤt die „reizbarſte Seele. Er thut im Kriege Wunder perſoͤn- „licher Tapferkeit, und iſt wieder hoͤchſt frey. — Kurz „es iſt keine Staͤtigkeit in ſeinen Charakter zu bringen. „Er begreift hoͤchſt leicht, und iſt zugleich ſpekulativ — „haͤngt gern wie alle Mongalen an metaphyſiſchen „Jdeen der Cosmogonie — Uebrigens gleicht er im „niedrigen Moraliſchen dem Mohren, iſt geil, diebiſch, „rachgierig, Luͤgner und Schmeichler.“ Aus einem Manuſcripte.

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 4. Leipzig u. a., 1778, S. 312. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente04_1778/366>, abgerufen am 11.05.2024.