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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Revision des zweyten Bandes.

"Ein Knoten voll Kampfes" -- Drang der Muskeln, Ausdruck von Arbeit und Wi-
derstand.

"Das Aug' ist gediegner Lichtstral." -- Das ist, unflüchtiger, fester, durchdringender
Lichtstral! durchblickend -- "was es sieht, sieht's durch, ohne mühsame Meditation und Jdeen-
"reihung." --

"Jst es dir nicht, beym Blicke und Buge des Augenbrauns, als ob es seitwärts, oder
"von untenher schaue?" -- (dieß scheint mir klar) "und sich seinen eignen Anblick gebe"? -- eine
ganz eigene Art und Gabe, die Sachen anzusehen, besitze? -- "Jst's nicht, als kreuzten sich seine
"Stralen und der Brennpunkt liege tief hin?" -- als wenn beyde Blicke den Gegenstand nahe zu-
sammen faßten?

"Was die Nase anweht, stark, nahe, weht sie's an." -- Nimmt an nichts fremdem Theil;
aber recht denn an dem, was für ihn gehört.

12.

Seite 288. Die Vignette ist Fenelon ... Offenbar eines der sanften, feinen, tief be-
leuchtenden, unvordringlichen, traulichen, geistreichen Gesichter.

Beschluß.

Ohne weitere Stellen aus öffentlichen Beurtheilungen anzuführen -- verspreche ich nun
mehr kalte Belehrung -- und gerade dieser Band wird durchgehends, hoff' ich, darthun, wie wich-
tig mir billige Erinnerungen sind, und wie gern ich nachgebe, wo ich nachgeben kann ... Ohne
doch jemals der unbilligen Forderung entsprechen zu können oder zu wollen -- "Nicht mehr zu seyn,
"was ich bin -- oder anders zu reden, als ich denke" Jch hoffe -- daß nun "gemeinnützige
"Deutlichkeit
auf der Einen, und die kältere Untersuchung auf der andern Seite," in diesem
Bande herrschender sey -- und "daß ich meiner Einbildungskraft weniger freyen Lauf lasse, we-
"nigstens der ungeübtern, die unmöglich diesem Fluge folgen können, schone."



Drittes
D 3
Reviſion des zweyten Bandes.

„Ein Knoten voll Kampfes“ — Drang der Muskeln, Ausdruck von Arbeit und Wi-
derſtand.

„Das Aug’ iſt gediegner Lichtſtral.“ — Das iſt, unfluͤchtiger, feſter, durchdringender
Lichtſtral! durchblickend — „was es ſieht, ſieht’s durch, ohne muͤhſame Meditation und Jdeen-
„reihung.“ —

„Jſt es dir nicht, beym Blicke und Buge des Augenbrauns, als ob es ſeitwaͤrts, oder
„von untenher ſchaue?“ — (dieß ſcheint mir klar) „und ſich ſeinen eignen Anblick gebe“? — eine
ganz eigene Art und Gabe, die Sachen anzuſehen, beſitze? — „Jſt’s nicht, als kreuzten ſich ſeine
„Stralen und der Brennpunkt liege tief hin?“ — als wenn beyde Blicke den Gegenſtand nahe zu-
ſammen faßten?

„Was die Naſe anweht, ſtark, nahe, weht ſie’s an.“ — Nimmt an nichts fremdem Theil;
aber recht denn an dem, was fuͤr ihn gehoͤrt.

12.

Seite 288. Die Vignette iſt Fenelon ... Offenbar eines der ſanften, feinen, tief be-
leuchtenden, unvordringlichen, traulichen, geiſtreichen Geſichter.

Beſchluß.

Ohne weitere Stellen aus oͤffentlichen Beurtheilungen anzufuͤhren — verſpreche ich nun
mehr kalte Belehrung — und gerade dieſer Band wird durchgehends, hoff’ ich, darthun, wie wich-
tig mir billige Erinnerungen ſind, und wie gern ich nachgebe, wo ich nachgeben kann ... Ohne
doch jemals der unbilligen Forderung entſprechen zu koͤnnen oder zu wollen — „Nicht mehr zu ſeyn,
„was ich bin — oder anders zu reden, als ich denke“ Jch hoffe — daß nun „gemeinnuͤtzige
„Deutlichkeit
auf der Einen, und die kaͤltere Unterſuchung auf der andern Seite,“ in dieſem
Bande herrſchender ſey — und „daß ich meiner Einbildungskraft weniger freyen Lauf laſſe, we-
„nigſtens der ungeuͤbtern, die unmoͤglich dieſem Fluge folgen koͤnnen, ſchone.“



Drittes
D 3
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[29/0045] Reviſion des zweyten Bandes. „Ein Knoten voll Kampfes“ — Drang der Muskeln, Ausdruck von Arbeit und Wi- derſtand. „Das Aug’ iſt gediegner Lichtſtral.“ — Das iſt, unfluͤchtiger, feſter, durchdringender Lichtſtral! durchblickend — „was es ſieht, ſieht’s durch, ohne muͤhſame Meditation und Jdeen- „reihung.“ — „Jſt es dir nicht, beym Blicke und Buge des Augenbrauns, als ob es ſeitwaͤrts, oder „von untenher ſchaue?“ — (dieß ſcheint mir klar) „und ſich ſeinen eignen Anblick gebe“? — eine ganz eigene Art und Gabe, die Sachen anzuſehen, beſitze? — „Jſt’s nicht, als kreuzten ſich ſeine „Stralen und der Brennpunkt liege tief hin?“ — als wenn beyde Blicke den Gegenſtand nahe zu- ſammen faßten? „Was die Naſe anweht, ſtark, nahe, weht ſie’s an.“ — Nimmt an nichts fremdem Theil; aber recht denn an dem, was fuͤr ihn gehoͤrt. 12. Seite 288. Die Vignette iſt Fenelon ... Offenbar eines der ſanften, feinen, tief be- leuchtenden, unvordringlichen, traulichen, geiſtreichen Geſichter. Beſchluß. Ohne weitere Stellen aus oͤffentlichen Beurtheilungen anzufuͤhren — verſpreche ich nun mehr kalte Belehrung — und gerade dieſer Band wird durchgehends, hoff’ ich, darthun, wie wich- tig mir billige Erinnerungen ſind, und wie gern ich nachgebe, wo ich nachgeben kann ... Ohne doch jemals der unbilligen Forderung entſprechen zu koͤnnen oder zu wollen — „Nicht mehr zu ſeyn, „was ich bin — oder anders zu reden, als ich denke“ Jch hoffe — daß nun „gemeinnuͤtzige „Deutlichkeit auf der Einen, und die kaͤltere Unterſuchung auf der andern Seite,“ in dieſem Bande herrſchender ſey — und „daß ich meiner Einbildungskraft weniger freyen Lauf laſſe, we- „nigſtens der ungeuͤbtern, die unmoͤglich dieſem Fluge folgen koͤnnen, ſchone.“ Drittes D 3

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/45>, abgerufen am 23.11.2024.