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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Musiker.
sehr abgerundet, läßt indeß immer noch genug von Feinheit und würkender Kraft durchscheinen.
Der Mund -- welch ein einfach gewordener Ausdruck von Feingefühl, Sattheit, Trockenheit,
Selbstbewußtheit und Sicherheit; die Unterlippe etwas listig und schwach -- aber nur leiser Hauch
der Lästigkeit drüber! Die nah an die Lippe gränzende Einkerbung -- kräftigt wieder sehr.

Feste, Heiterkeit, Muth und Drang ist in der Stirne. Jch weiß nicht, ob's Trug ist --
wenigstens scheint's mir, daß der untere Theil des Gesichtes bey den mehresten Virtuosen, die ich
im Urbilde oder Nachbilde sah, nicht ganz vortheilhaft ist. Der Umriß vom Oberkinn ist indeß
hier nicht gemein.

"Emanuel Bach hat sein Leben in Burneys Reisen selbst beschrieben, wir weisen un-
"sere Leser dorthin, wofern es nämlich, wie's scheint, richtig ist, daß sich vom Leben eines Men-
"schen viel auf den Charakter schließen läßt." -- Nachstehende Vignette -- hat am meisten Seele
in Stirn, Augenbraunen und Nase. Unten ganz der Virtuose.

[Abbildung]

Viertes
Phys. Fragm. III Versuch. C c

Muſiker.
ſehr abgerundet, laͤßt indeß immer noch genug von Feinheit und wuͤrkender Kraft durchſcheinen.
Der Mund — welch ein einfach gewordener Ausdruck von Feingefuͤhl, Sattheit, Trockenheit,
Selbſtbewußtheit und Sicherheit; die Unterlippe etwas liſtig und ſchwach — aber nur leiſer Hauch
der Laͤſtigkeit druͤber! Die nah an die Lippe graͤnzende Einkerbung — kraͤftigt wieder ſehr.

Feſte, Heiterkeit, Muth und Drang iſt in der Stirne. Jch weiß nicht, ob’s Trug iſt —
wenigſtens ſcheint’s mir, daß der untere Theil des Geſichtes bey den mehreſten Virtuoſen, die ich
im Urbilde oder Nachbilde ſah, nicht ganz vortheilhaft iſt. Der Umriß vom Oberkinn iſt indeß
hier nicht gemein.

Emanuel Bach hat ſein Leben in Burneys Reiſen ſelbſt beſchrieben, wir weiſen un-
„ſere Leſer dorthin, wofern es naͤmlich, wie’s ſcheint, richtig iſt, daß ſich vom Leben eines Men-
„ſchen viel auf den Charakter ſchließen laͤßt.“ — Nachſtehende Vignette — hat am meiſten Seele
in Stirn, Augenbraunen und Naſe. Unten ganz der Virtuoſe.

[Abbildung]

Viertes
Phyſ. Fragm. III Verſuch. C c
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[201/0335] Muſiker. ſehr abgerundet, laͤßt indeß immer noch genug von Feinheit und wuͤrkender Kraft durchſcheinen. Der Mund — welch ein einfach gewordener Ausdruck von Feingefuͤhl, Sattheit, Trockenheit, Selbſtbewußtheit und Sicherheit; die Unterlippe etwas liſtig und ſchwach — aber nur leiſer Hauch der Laͤſtigkeit druͤber! Die nah an die Lippe graͤnzende Einkerbung — kraͤftigt wieder ſehr. Feſte, Heiterkeit, Muth und Drang iſt in der Stirne. Jch weiß nicht, ob’s Trug iſt — wenigſtens ſcheint’s mir, daß der untere Theil des Geſichtes bey den mehreſten Virtuoſen, die ich im Urbilde oder Nachbilde ſah, nicht ganz vortheilhaft iſt. Der Umriß vom Oberkinn iſt indeß hier nicht gemein. „Emanuel Bach hat ſein Leben in Burneys Reiſen ſelbſt beſchrieben, wir weiſen un- „ſere Leſer dorthin, wofern es naͤmlich, wie’s ſcheint, richtig iſt, daß ſich vom Leben eines Men- „ſchen viel auf den Charakter ſchließen laͤßt.“ — Nachſtehende Vignette — hat am meiſten Seele in Stirn, Augenbraunen und Naſe. Unten ganz der Virtuoſe. [Abbildung] Viertes Phyſ. Fragm. III Verſuch. C c

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 201. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/335>, abgerufen am 22.11.2024.