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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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Jugendliche Gesichter.
Jüngling und Mann. c.
Man kann, was man will;
Man will, was man kann!
Des III. Ban-
des XLIII.
Tafel.

Abermals ein (bey scharfem Lichte gezeichnetes) Bild des Jünglings, der schon Mann
ist; von der Kindlichkeit des Gefühls, des Thuns und Lassens, das ich so sehr an die-
sem Manne bewundere, wie wenige Spuren hier! Aber -- wenn ein gemeiner Mensch so eine
Stirn, so ein Auge, so eine Nase, so einen Mund, ja nur solch ein Haar haben kann, so steht's
schlecht mit der Physiognomik.

Es ist vielleicht kein Mensch, den der Anblick dieses lebenden Menschen nicht wechselsweise
anziehe und zurückstoße -- die kindliche Einfalt und die Last von Heldengröße! So gekannt, und so
mißkannt werden wenige Sterbliche seyn können.

Aber ja, viel Sagens ist, daß diese Stirn anprellen müsse? der Erfahrung noch viel bedür-
fe? -- Gewiß! -- Aber, meine lieben Weisen -- wird Erfahrung von zehen Jahren von dieser
Stirn ein Viertheil einer Messerrückenbreite abrunden? -- Also geschehe der Wille des Herrn!

Hier noch eine Silhouette -- ...

[Abbildung]

Rücksicht.
Phys. Fragm. III Versuch. X
Jugendliche Geſichter.
Juͤngling und Mann. c.
Man kann, was man will;
Man will, was man kann!
Des III. Ban-
des XLIII.
Tafel.

Abermals ein (bey ſcharfem Lichte gezeichnetes) Bild des Juͤnglings, der ſchon Mann
iſt; von der Kindlichkeit des Gefuͤhls, des Thuns und Laſſens, das ich ſo ſehr an die-
ſem Manne bewundere, wie wenige Spuren hier! Aber — wenn ein gemeiner Menſch ſo eine
Stirn, ſo ein Auge, ſo eine Naſe, ſo einen Mund, ja nur ſolch ein Haar haben kann, ſo ſteht’s
ſchlecht mit der Phyſiognomik.

Es iſt vielleicht kein Menſch, den der Anblick dieſes lebenden Menſchen nicht wechſelsweiſe
anziehe und zuruͤckſtoße — die kindliche Einfalt und die Laſt von Heldengroͤße! So gekannt, und ſo
mißkannt werden wenige Sterbliche ſeyn koͤnnen.

Aber ja, viel Sagens iſt, daß dieſe Stirn anprellen muͤſſe? der Erfahrung noch viel beduͤr-
fe? — Gewiß! — Aber, meine lieben Weiſen — wird Erfahrung von zehen Jahren von dieſer
Stirn ein Viertheil einer Meſſerruͤckenbreite abrunden? — Alſo geſchehe der Wille des Herrn!

Hier noch eine Silhouette — ...

[Abbildung]

Ruͤckſicht.
Phyſ. Fragm. III Verſuch. X
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[161/0263] Jugendliche Geſichter. Juͤngling und Mann. c. Man kann, was man will; Man will, was man kann! Abermals ein (bey ſcharfem Lichte gezeichnetes) Bild des Juͤnglings, der ſchon Mann iſt; von der Kindlichkeit des Gefuͤhls, des Thuns und Laſſens, das ich ſo ſehr an die- ſem Manne bewundere, wie wenige Spuren hier! Aber — wenn ein gemeiner Menſch ſo eine Stirn, ſo ein Auge, ſo eine Naſe, ſo einen Mund, ja nur ſolch ein Haar haben kann, ſo ſteht’s ſchlecht mit der Phyſiognomik. Es iſt vielleicht kein Menſch, den der Anblick dieſes lebenden Menſchen nicht wechſelsweiſe anziehe und zuruͤckſtoße — die kindliche Einfalt und die Laſt von Heldengroͤße! So gekannt, und ſo mißkannt werden wenige Sterbliche ſeyn koͤnnen. Aber ja, viel Sagens iſt, daß dieſe Stirn anprellen muͤſſe? der Erfahrung noch viel beduͤr- fe? — Gewiß! — Aber, meine lieben Weiſen — wird Erfahrung von zehen Jahren von dieſer Stirn ein Viertheil einer Meſſerruͤckenbreite abrunden? — Alſo geſchehe der Wille des Herrn! Hier noch eine Silhouette — ... [Abbildung] Ruͤckſicht. Phyſ. Fragm. III Verſuch. X

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 161. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/263>, abgerufen am 22.05.2024.