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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777.

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II. Abschnitt. II. Fragment.
Anmerkungen.

Man durchgehe nochmals alle diese Pferdeköpfe, und vergleiche; so wird man sinden:

Daß alle muntere, muthige, stolze, kapriziöse Pferde vorgebogne oder herausgebogne Pro-
file oder Nasenbeine haben; die meisten verdrießlichen und trägen, einwärts gebogne oder flache.
Man wird in den Augen, in dem Munde, besonders in den Nasenlöchern, auch in den Kinnbacken
merkliche Verschiedenheiten finden, von denen ich jetzt weiter nichts sagen will; genug, wenns dem
Leser mit jeder Tafel anschaulicher wird: daß ungleiche Eigenschaften bey derselben Thierklasse sehr
verschiedene Ausdrücke haben; daß die in der Bildung des Pferdes so wahrhafte -- Schöpfungs-
kraft auch das schönste und vollkommenste aller Geschöpfe des Erdballs, mit wenigstens eben so
vieler Weisheit und Wahrheit gebildet haben muß.

Und nun noch einige Bemerkungen über die Pferde, von einem Freunde. Unter ihnen ist
der Schimmel das weichlichste; (so, wie im Vorbeygehen zu sagen, die Leute mit weißgelben Haa-
ren ebenfalls, wo nicht weichlich, doch bekannter maßen von sehr zarter Bildung und Complexion
sind) Der rothe und schwarze Schimmel, der Rappe und Braune, dauerhaft. Der
Schweißfuchs und der Mohrenkopf die dauerhaftesten, und dann am kränklichsten.

Alle Füchse von guter und schlechter Bildung sind falsch --

Alle falsche Pferde legen die Ohren hinterwärts.

Die scheuen und stutzigen legen wechselsweise bald das eine Ohr nieder, bald recken sie das
andere in die Höhe.

Zum Beschlusse noch eine Stelle -- aus dem launigten Schreiben eines Viehhändlers
über die Physiognomik.

"Haben wir auf den Viehmärkten unser Lebtage anders gekauft, als nach dem äußern An-
"sehen? Kauft ein einiger tüchtiger Viehhändler anders, und kann er anders kaufen? Der ist doch
"der beste, und profitirt am meisten, der am geschicktesten ist, aus dem Aeußern eines Pferdes zu
"erkennen, ob es faul oder frisch, gelehrig oder dumm, dreist oder scheu, von schwacher oder star-
"ker Natur, treu oder tückisch, krank oder gesund ist. Wird doch kein vernünftiger Mensch, der
"sich aufs liebe Vieh versteht, daran zweifeln, daß man es einem Pferde ansehen kann, obs ein
Engländer,
II. Abſchnitt. II. Fragment.
Anmerkungen.

Man durchgehe nochmals alle dieſe Pferdekoͤpfe, und vergleiche; ſo wird man ſinden:

Daß alle muntere, muthige, ſtolze, kaprizioͤſe Pferde vorgebogne oder herausgebogne Pro-
file oder Naſenbeine haben; die meiſten verdrießlichen und traͤgen, einwaͤrts gebogne oder flache.
Man wird in den Augen, in dem Munde, beſonders in den Naſenloͤchern, auch in den Kinnbacken
merkliche Verſchiedenheiten finden, von denen ich jetzt weiter nichts ſagen will; genug, wenns dem
Leſer mit jeder Tafel anſchaulicher wird: daß ungleiche Eigenſchaften bey derſelben Thierklaſſe ſehr
verſchiedene Ausdruͤcke haben; daß die in der Bildung des Pferdes ſo wahrhafte — Schoͤpfungs-
kraft auch das ſchoͤnſte und vollkommenſte aller Geſchoͤpfe des Erdballs, mit wenigſtens eben ſo
vieler Weisheit und Wahrheit gebildet haben muß.

Und nun noch einige Bemerkungen uͤber die Pferde, von einem Freunde. Unter ihnen iſt
der Schimmel das weichlichſte; (ſo, wie im Vorbeygehen zu ſagen, die Leute mit weißgelben Haa-
ren ebenfalls, wo nicht weichlich, doch bekannter maßen von ſehr zarter Bildung und Complexion
ſind) Der rothe und ſchwarze Schimmel, der Rappe und Braune, dauerhaft. Der
Schweißfuchs und der Mohrenkopf die dauerhafteſten, und dann am kraͤnklichſten.

Alle Fuͤchſe von guter und ſchlechter Bildung ſind falſch —

Alle falſche Pferde legen die Ohren hinterwaͤrts.

Die ſcheuen und ſtutzigen legen wechſelsweiſe bald das eine Ohr nieder, bald recken ſie das
andere in die Hoͤhe.

Zum Beſchluſſe noch eine Stelle — aus dem launigten Schreiben eines Viehhaͤndlers
uͤber die Phyſiognomik.

„Haben wir auf den Viehmaͤrkten unſer Lebtage anders gekauft, als nach dem aͤußern An-
„ſehen? Kauft ein einiger tuͤchtiger Viehhaͤndler anders, und kann er anders kaufen? Der iſt doch
„der beſte, und profitirt am meiſten, der am geſchickteſten iſt, aus dem Aeußern eines Pferdes zu
„erkennen, ob es faul oder friſch, gelehrig oder dumm, dreiſt oder ſcheu, von ſchwacher oder ſtar-
„ker Natur, treu oder tuͤckiſch, krank oder geſund iſt. Wird doch kein vernuͤnftiger Menſch, der
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Englaͤnder,
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[74/0110] II. Abſchnitt. II. Fragment. Anmerkungen. Man durchgehe nochmals alle dieſe Pferdekoͤpfe, und vergleiche; ſo wird man ſinden: Daß alle muntere, muthige, ſtolze, kaprizioͤſe Pferde vorgebogne oder herausgebogne Pro- file oder Naſenbeine haben; die meiſten verdrießlichen und traͤgen, einwaͤrts gebogne oder flache. Man wird in den Augen, in dem Munde, beſonders in den Naſenloͤchern, auch in den Kinnbacken merkliche Verſchiedenheiten finden, von denen ich jetzt weiter nichts ſagen will; genug, wenns dem Leſer mit jeder Tafel anſchaulicher wird: daß ungleiche Eigenſchaften bey derſelben Thierklaſſe ſehr verſchiedene Ausdruͤcke haben; daß die in der Bildung des Pferdes ſo wahrhafte — Schoͤpfungs- kraft auch das ſchoͤnſte und vollkommenſte aller Geſchoͤpfe des Erdballs, mit wenigſtens eben ſo vieler Weisheit und Wahrheit gebildet haben muß. Und nun noch einige Bemerkungen uͤber die Pferde, von einem Freunde. Unter ihnen iſt der Schimmel das weichlichſte; (ſo, wie im Vorbeygehen zu ſagen, die Leute mit weißgelben Haa- ren ebenfalls, wo nicht weichlich, doch bekannter maßen von ſehr zarter Bildung und Complexion ſind) Der rothe und ſchwarze Schimmel, der Rappe und Braune, dauerhaft. Der Schweißfuchs und der Mohrenkopf die dauerhafteſten, und dann am kraͤnklichſten. Alle Fuͤchſe von guter und ſchlechter Bildung ſind falſch — Alle falſche Pferde legen die Ohren hinterwaͤrts. Die ſcheuen und ſtutzigen legen wechſelsweiſe bald das eine Ohr nieder, bald recken ſie das andere in die Hoͤhe. Zum Beſchluſſe noch eine Stelle — aus dem launigten Schreiben eines Viehhaͤndlers uͤber die Phyſiognomik. „Haben wir auf den Viehmaͤrkten unſer Lebtage anders gekauft, als nach dem aͤußern An- „ſehen? Kauft ein einiger tuͤchtiger Viehhaͤndler anders, und kann er anders kaufen? Der iſt doch „der beſte, und profitirt am meiſten, der am geſchickteſten iſt, aus dem Aeußern eines Pferdes zu „erkennen, ob es faul oder friſch, gelehrig oder dumm, dreiſt oder ſcheu, von ſchwacher oder ſtar- „ker Natur, treu oder tuͤckiſch, krank oder geſund iſt. Wird doch kein vernuͤnftiger Menſch, der „ſich aufs liebe Vieh verſteht, daran zweifeln, daß man es einem Pferde anſehen kann, obs ein Englaͤnder,

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 3. Leipzig u. a., 1777, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente03_1777/110>, abgerufen am 29.11.2024.