VIII. Fragment. Sokrates nach einem alten Marmor von Rubens.
Und min noch ein Wort über nachstehende Vignette -- die, wie mich deucht, für uns sehr sprechend ist.
Wer sieht nicht, daß es derselbe Kopf ist, den wir so eben größer vor uns hatten? dieselbe hohe, vielfassende Stirn; -- aber das Auge, wie viel weniger wollüstig! der Mund, wie ungleich sanfter, edler! wie herrlich, einfältig, huldreich! -- O Sokrates, wenn du nur so ausgesehen hast, und dieß Gesicht, wie unbeschreiblich muß auch dieß, als hundertste Copie hinter dem Origi- nale zurück seyn -- so ist kein stärkerer Beweis für die Wahrheit der Physiognomie, als du! -- -- Aber dann, heiliger Sokrates, bitte für deine -- Nachbilder, deinen Aristophanen -- so ähn- lich, wie ein Ey dem andern!
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Zugabe.
VIII. Fragment. Sokrates nach einem alten Marmor von Rubens.
Und min noch ein Wort uͤber nachſtehende Vignette — die, wie mich deucht, fuͤr uns ſehr ſprechend iſt.
Wer ſieht nicht, daß es derſelbe Kopf iſt, den wir ſo eben groͤßer vor uns hatten? dieſelbe hohe, vielfaſſende Stirn; — aber das Auge, wie viel weniger wolluͤſtig! der Mund, wie ungleich ſanfter, edler! wie herrlich, einfaͤltig, huldreich! — O Sokrates, wenn du nur ſo ausgeſehen haſt, und dieß Geſicht, wie unbeſchreiblich muß auch dieß, als hundertſte Copie hinter dem Origi- nale zuruͤck ſeyn — ſo iſt kein ſtaͤrkerer Beweis fuͤr die Wahrheit der Phyſiognomie, als du! — — Aber dann, heiliger Sokrates, bitte fuͤr deine — Nachbilder, deinen Ariſtophanen — ſo aͤhn- lich, wie ein Ey dem andern!
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VIII. Fragment. Sokrates nach einem alten Marmor von Rubens.
Und min noch ein Wort uͤber nachſtehende Vignette — die, wie mich deucht, fuͤr uns
ſehr ſprechend iſt.
Wer ſieht nicht, daß es derſelbe Kopf iſt, den wir ſo eben groͤßer vor uns hatten? dieſelbe
hohe, vielfaſſende Stirn; — aber das Auge, wie viel weniger wolluͤſtig! der Mund, wie ungleich
ſanfter, edler! wie herrlich, einfaͤltig, huldreich! — O Sokrates, wenn du nur ſo ausgeſehen
haſt, und dieß Geſicht, wie unbeſchreiblich muß auch dieß, als hundertſte Copie hinter dem Origi-
nale zuruͤck ſeyn — ſo iſt kein ſtaͤrkerer Beweis fuͤr die Wahrheit der Phyſiognomie, als du! — —
Aber dann, heiliger Sokrates, bitte fuͤr deine — Nachbilder, deinen Ariſtophanen — ſo aͤhn-
lich, wie ein Ey dem andern!
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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776, S. 70. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/94>, abgerufen am 23.11.2024.
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