Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.

Bild:
<< vorherige Seite
XXXIII. Fragment. Wilde Thiere.
Drey und dreyßigstes Fragment.
Wilde Thiere.
Erste Tafel.
Löwen, Tieger, Katzen, Leoparden.

Drey Hauptcharakter in dieser Tafel, Verschlagenheit, Falschheit und Grimm.

Die Löwinn 3. bezeichnet offenbaren Grimm und heiße Raubgier. Von Hunger zur
äußersten Wuth gebracht; Glut im Auge, das den gewissen Raub zuversichtlich zum voraus
schon ergreift. Blutdürstiger Rachen -- das Ganze voll Selbstgefühl, und Bewußtheit eigner
Kraft.

Vor solchem Fürstenblicke behüt uns lieber Herre Gott!

Bey den zween Tiegern 1. und 2. eben so wenig Zutrauen; -- höllische Verschlagenheit,
und Falschheit. Grimm und Blutdurst tiefer verhüllt, als bey der Löwinn. Verstecktere, fäl-
schere, funkelnde Augen -- Blutdurst auch in der Schnautze. Kann man sich das schadenfrohe
Lächeln des Satans, wenn ein Heiliger fällt -- teuflischer denken, als in dem ersten Tiegerkopfe?
Jn dem zweyten Tiegerkopfe ist der Grimm verschlagner, tiefer im Blicke -- volle Falschheit. Ein
tiegerscher Heuchler.

Die zweyte Reihe -- Katzenköpfe. Katzen, Tieger im kleinen; gemildert durch häusli-
che Erziehung. Wenig besser in ihrem Charakter, nur schwächer. Gegen Vögel und Mäuse eben
so unbarmherzig, wie Tieger gegen Schaafe. Jhre Wollust, langsam zu martern und zu töd-
ten. Hierinn übertreffen sie noch den Tieger.

Der zweyte Kopf -- von einer angorschen Katze, nach Büffon. Böses, mürrisches,
argwöhnisches Staatsgesicht.

Der
XXXIII. Fragment. Wilde Thiere.
Drey und dreyßigſtes Fragment.
Wilde Thiere.
Erſte Tafel.
Loͤwen, Tieger, Katzen, Leoparden.

Drey Hauptcharakter in dieſer Tafel, Verſchlagenheit, Falſchheit und Grimm.

Die Loͤwinn 3. bezeichnet offenbaren Grimm und heiße Raubgier. Von Hunger zur
aͤußerſten Wuth gebracht; Glut im Auge, das den gewiſſen Raub zuverſichtlich zum voraus
ſchon ergreift. Blutduͤrſtiger Rachen — das Ganze voll Selbſtgefuͤhl, und Bewußtheit eigner
Kraft.

Vor ſolchem Fuͤrſtenblicke behuͤt uns lieber Herre Gott!

Bey den zween Tiegern 1. und 2. eben ſo wenig Zutrauen; — hoͤlliſche Verſchlagenheit,
und Falſchheit. Grimm und Blutdurſt tiefer verhuͤllt, als bey der Loͤwinn. Verſtecktere, faͤl-
ſchere, funkelnde Augen — Blutdurſt auch in der Schnautze. Kann man ſich das ſchadenfrohe
Laͤcheln des Satans, wenn ein Heiliger faͤllt — teufliſcher denken, als in dem erſten Tiegerkopfe?
Jn dem zweyten Tiegerkopfe iſt der Grimm verſchlagner, tiefer im Blicke — volle Falſchheit. Ein
tiegerſcher Heuchler.

Die zweyte Reihe — Katzenkoͤpfe. Katzen, Tieger im kleinen; gemildert durch haͤusli-
che Erziehung. Wenig beſſer in ihrem Charakter, nur ſchwaͤcher. Gegen Voͤgel und Maͤuſe eben
ſo unbarmherzig, wie Tieger gegen Schaafe. Jhre Wolluſt, langſam zu martern und zu toͤd-
ten. Hierinn uͤbertreffen ſie noch den Tieger.

Der zweyte Kopf — von einer angorſchen Katze, nach Buͤffon. Boͤſes, muͤrriſches,
argwoͤhniſches Staatsgeſicht.

Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0450" n="260"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">XXXIII.</hi> Fragment. Wilde Thiere.</hi> </fw><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Drey und dreyßig&#x017F;tes Fragment.<lb/>
Wilde Thiere.</hi> </hi> </head><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#fr">Er&#x017F;te Tafel.</hi><lb/> <hi rendition="#b">Lo&#x0364;wen, Tieger, Katzen, Leoparden.</hi> </hi> </head><lb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>rey Hauptcharakter in die&#x017F;er Tafel, <hi rendition="#fr">Ver&#x017F;chlagenheit, Fal&#x017F;chheit und Grimm.</hi></p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#fr">Lo&#x0364;winn</hi> 3. bezeichnet offenbaren Grimm und heiße Raubgier. Von Hunger zur<lb/>
a&#x0364;ußer&#x017F;ten Wuth gebracht; Glut im Auge, das den gewi&#x017F;&#x017F;en Raub zuver&#x017F;ichtlich zum voraus<lb/>
&#x017F;chon ergreift. Blutdu&#x0364;r&#x017F;tiger Rachen &#x2014; das Ganze voll Selb&#x017F;tgefu&#x0364;hl, und Bewußtheit eigner<lb/>
Kraft.</p><lb/>
            <p>Vor &#x017F;olchem Fu&#x0364;r&#x017F;tenblicke behu&#x0364;t uns lieber Herre Gott!</p><lb/>
            <p>Bey den zween <hi rendition="#fr">Tiegern</hi> 1. und 2. eben &#x017F;o wenig Zutrauen; &#x2014; ho&#x0364;lli&#x017F;che Ver&#x017F;chlagenheit,<lb/>
und Fal&#x017F;chheit. Grimm und Blutdur&#x017F;t tiefer verhu&#x0364;llt, als bey der Lo&#x0364;winn. Ver&#x017F;tecktere, fa&#x0364;l-<lb/>
&#x017F;chere, funkelnde Augen &#x2014; Blutdur&#x017F;t auch in der Schnautze. Kann man &#x017F;ich das &#x017F;chadenfrohe<lb/>
La&#x0364;cheln des Satans, wenn ein Heiliger fa&#x0364;llt &#x2014; teufli&#x017F;cher denken, als in dem er&#x017F;ten Tiegerkopfe?<lb/>
Jn dem zweyten Tiegerkopfe i&#x017F;t der Grimm ver&#x017F;chlagner, tiefer im Blicke &#x2014; volle Fal&#x017F;chheit. Ein<lb/>
tieger&#x017F;cher Heuchler.</p><lb/>
            <p>Die zweyte Reihe &#x2014; <hi rendition="#fr">Katzenko&#x0364;pfe.</hi> Katzen, Tieger im kleinen; gemildert durch ha&#x0364;usli-<lb/>
che Erziehung. Wenig be&#x017F;&#x017F;er in ihrem Charakter, nur &#x017F;chwa&#x0364;cher. Gegen Vo&#x0364;gel und Ma&#x0364;u&#x017F;e eben<lb/>
&#x017F;o unbarmherzig, wie Tieger gegen Schaafe. Jhre Wollu&#x017F;t, lang&#x017F;am zu martern und zu to&#x0364;d-<lb/>
ten. Hierinn u&#x0364;bertreffen &#x017F;ie noch den Tieger.</p><lb/>
            <p>Der zweyte Kopf &#x2014; von einer angor&#x017F;chen Katze, nach <hi rendition="#fr">Bu&#x0364;ffon.</hi> Bo&#x0364;&#x017F;es, mu&#x0364;rri&#x017F;ches,<lb/>
argwo&#x0364;hni&#x017F;ches Staatsge&#x017F;icht.</p><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Der</fw><lb/>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[260/0450] XXXIII. Fragment. Wilde Thiere. Drey und dreyßigſtes Fragment. Wilde Thiere. Erſte Tafel. Loͤwen, Tieger, Katzen, Leoparden. Drey Hauptcharakter in dieſer Tafel, Verſchlagenheit, Falſchheit und Grimm. Die Loͤwinn 3. bezeichnet offenbaren Grimm und heiße Raubgier. Von Hunger zur aͤußerſten Wuth gebracht; Glut im Auge, das den gewiſſen Raub zuverſichtlich zum voraus ſchon ergreift. Blutduͤrſtiger Rachen — das Ganze voll Selbſtgefuͤhl, und Bewußtheit eigner Kraft. Vor ſolchem Fuͤrſtenblicke behuͤt uns lieber Herre Gott! Bey den zween Tiegern 1. und 2. eben ſo wenig Zutrauen; — hoͤlliſche Verſchlagenheit, und Falſchheit. Grimm und Blutdurſt tiefer verhuͤllt, als bey der Loͤwinn. Verſtecktere, faͤl- ſchere, funkelnde Augen — Blutdurſt auch in der Schnautze. Kann man ſich das ſchadenfrohe Laͤcheln des Satans, wenn ein Heiliger faͤllt — teufliſcher denken, als in dem erſten Tiegerkopfe? Jn dem zweyten Tiegerkopfe iſt der Grimm verſchlagner, tiefer im Blicke — volle Falſchheit. Ein tiegerſcher Heuchler. Die zweyte Reihe — Katzenkoͤpfe. Katzen, Tieger im kleinen; gemildert durch haͤusli- che Erziehung. Wenig beſſer in ihrem Charakter, nur ſchwaͤcher. Gegen Voͤgel und Maͤuſe eben ſo unbarmherzig, wie Tieger gegen Schaafe. Jhre Wolluſt, langſam zu martern und zu toͤd- ten. Hierinn uͤbertreffen ſie noch den Tieger. Der zweyte Kopf — von einer angorſchen Katze, nach Buͤffon. Boͤſes, muͤrriſches, argwoͤhniſches Staatsgeſicht. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/450
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/450>, abgerufen am 22.11.2024.