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Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776.

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in Ansehung des Geschlechtes, und besonders der Nationen.
fenheit des Körpers und der Seele -- das ist, der sichtbaren und unsichtbaren Kräfte des Men-
schen, würkt, zu einander gebildet werden, ungeachtet der Nationalcharakter von jeglicher derselbe
bleibt, der freylich größtentheils eher bemerkt, als beschrieben werden kann.

Feinere Unterschiede derselben Knochen beyseite gesetzt, wird es genug seyn, einige Bey-
spiele sehr von einander entfernter Nationen anzuführen. Zwar zeigen sich dergleichen in Absicht auf
die Stärke, die Festigkeit, die Bauart, das Verhältniß der Theile, in allen Theilen der Skelete
verschiedener Völker, am allermeisten aber doch in der Gestaltung des Gesichtes, das überall den Aus-
druck der besondern Art und Natur der Seele an sich hat.

VIII.
Dritte Tafel. B.
Drey Schädel, eines Holländers, Calmucken, Mohren.

Man betrachte die Gestalt der drey verschiedenen Todtenschädel, die hier vorgelegt werden.

Der erste ist eines Holländers, der zweyte eines Calmucken, der dritte eines Ae-
thiopiers.

Das Gesicht des ersten ist überhaupt runder nach allen Richtungen; die Hirnschalenkno-
chen sind breiter, überall gleichförmiger umgebogen, gewölbt; auf beyden Seiten weniger platt
gedrückt, dem Ansehen nach glatter, voller, und zarter, als der andern beyden.

Der Calmuckenschädel hat ein gröberes, rauheres Ansehen; ist oben etwas platter,
auf den Seiten weit hervorstehend, zugleich fest, und wie zusammengepreßt; das Gesicht breit und
flach. (Man vergleiche es mit den vorherstehenden Schädeln) Die Hervorragungen über der
eingebognen Nase -- geben der Stirn ein wildes und unfeines Wesen.

Der Schädel des Aethiopiers geht steil und stark in die Höhe, wird plötzlich schmal;
über den Augen zugeschärft, unter denselben stark hervorragend; von hinten hoch kugelförmig.

Das Stirnbein des Holländers neiget sich sanft zu seinem rundlichen Gesichte herab;
ist über den Augen, in der Gegend der Schleimhöhlen, wo die Augenbraunen liegen, ein wenig
erhaben, welche Erhöhung zum Theil sich über die Augenhöhlen hinzieht und verliert. Ueber

der

in Anſehung des Geſchlechtes, und beſonders der Nationen.
fenheit des Koͤrpers und der Seele — das iſt, der ſichtbaren und unſichtbaren Kraͤfte des Men-
ſchen, wuͤrkt, zu einander gebildet werden, ungeachtet der Nationalcharakter von jeglicher derſelbe
bleibt, der freylich groͤßtentheils eher bemerkt, als beſchrieben werden kann.

Feinere Unterſchiede derſelben Knochen beyſeite geſetzt, wird es genug ſeyn, einige Bey-
ſpiele ſehr von einander entfernter Nationen anzufuͤhren. Zwar zeigen ſich dergleichen in Abſicht auf
die Staͤrke, die Feſtigkeit, die Bauart, das Verhaͤltniß der Theile, in allen Theilen der Skelete
verſchiedener Voͤlker, am allermeiſten aber doch in der Geſtaltung des Geſichtes, das uͤberall den Aus-
druck der beſondern Art und Natur der Seele an ſich hat.

VIII.
Dritte Tafel. B.
Drey Schaͤdel, eines Hollaͤnders, Calmucken, Mohren.

Man betrachte die Geſtalt der drey verſchiedenen Todtenſchaͤdel, die hier vorgelegt werden.

Der erſte iſt eines Hollaͤnders, der zweyte eines Calmucken, der dritte eines Ae-
thiopiers.

Das Geſicht des erſten iſt uͤberhaupt runder nach allen Richtungen; die Hirnſchalenkno-
chen ſind breiter, uͤberall gleichfoͤrmiger umgebogen, gewoͤlbt; auf beyden Seiten weniger platt
gedruͤckt, dem Anſehen nach glatter, voller, und zarter, als der andern beyden.

Der Calmuckenſchaͤdel hat ein groͤberes, rauheres Anſehen; iſt oben etwas platter,
auf den Seiten weit hervorſtehend, zugleich feſt, und wie zuſammengepreßt; das Geſicht breit und
flach. (Man vergleiche es mit den vorherſtehenden Schaͤdeln) Die Hervorragungen uͤber der
eingebognen Naſe — geben der Stirn ein wildes und unfeines Weſen.

Der Schaͤdel des Aethiopiers geht ſteil und ſtark in die Hoͤhe, wird ploͤtzlich ſchmal;
uͤber den Augen zugeſchaͤrft, unter denſelben ſtark hervorragend; von hinten hoch kugelfoͤrmig.

Das Stirnbein des Hollaͤnders neiget ſich ſanft zu ſeinem rundlichen Geſichte herab;
iſt uͤber den Augen, in der Gegend der Schleimhoͤhlen, wo die Augenbraunen liegen, ein wenig
erhaben, welche Erhoͤhung zum Theil ſich uͤber die Augenhoͤhlen hinzieht und verliert. Ueber

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[159/0225] in Anſehung des Geſchlechtes, und beſonders der Nationen. fenheit des Koͤrpers und der Seele — das iſt, der ſichtbaren und unſichtbaren Kraͤfte des Men- ſchen, wuͤrkt, zu einander gebildet werden, ungeachtet der Nationalcharakter von jeglicher derſelbe bleibt, der freylich groͤßtentheils eher bemerkt, als beſchrieben werden kann. Feinere Unterſchiede derſelben Knochen beyſeite geſetzt, wird es genug ſeyn, einige Bey- ſpiele ſehr von einander entfernter Nationen anzufuͤhren. Zwar zeigen ſich dergleichen in Abſicht auf die Staͤrke, die Feſtigkeit, die Bauart, das Verhaͤltniß der Theile, in allen Theilen der Skelete verſchiedener Voͤlker, am allermeiſten aber doch in der Geſtaltung des Geſichtes, das uͤberall den Aus- druck der beſondern Art und Natur der Seele an ſich hat. VIII. Dritte Tafel. B. Drey Schaͤdel, eines Hollaͤnders, Calmucken, Mohren. Man betrachte die Geſtalt der drey verſchiedenen Todtenſchaͤdel, die hier vorgelegt werden. Der erſte iſt eines Hollaͤnders, der zweyte eines Calmucken, der dritte eines Ae- thiopiers. Das Geſicht des erſten iſt uͤberhaupt runder nach allen Richtungen; die Hirnſchalenkno- chen ſind breiter, uͤberall gleichfoͤrmiger umgebogen, gewoͤlbt; auf beyden Seiten weniger platt gedruͤckt, dem Anſehen nach glatter, voller, und zarter, als der andern beyden. Der Calmuckenſchaͤdel hat ein groͤberes, rauheres Anſehen; iſt oben etwas platter, auf den Seiten weit hervorſtehend, zugleich feſt, und wie zuſammengepreßt; das Geſicht breit und flach. (Man vergleiche es mit den vorherſtehenden Schaͤdeln) Die Hervorragungen uͤber der eingebognen Naſe — geben der Stirn ein wildes und unfeines Weſen. Der Schaͤdel des Aethiopiers geht ſteil und ſtark in die Hoͤhe, wird ploͤtzlich ſchmal; uͤber den Augen zugeſchaͤrft, unter denſelben ſtark hervorragend; von hinten hoch kugelfoͤrmig. Das Stirnbein des Hollaͤnders neiget ſich ſanft zu ſeinem rundlichen Geſichte herab; iſt uͤber den Augen, in der Gegend der Schleimhoͤhlen, wo die Augenbraunen liegen, ein wenig erhaben, welche Erhoͤhung zum Theil ſich uͤber die Augenhoͤhlen hinzieht und verliert. Ueber der

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 2. Leipzig u. a., 1776, S. 159. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_fragmente02_1776/225>, abgerufen am 22.11.2024.