Lavater, Johann Caspar: Physiognomische Fragmente, zur Beförderung der Menschenkenntniß und Menschenliebe. Bd. 1. Leipzig u. a., 1775.IX. Fragment. Von der Harmonie. Dasselbe gilt nun auch bey allen den tausendfältigen Vermischungen und Zusammense- Bis hieher, denk' ich, hat die Sache wenig Schwierigkeit. Ja vielleicht möchten mich Allein der nächste Schritt ist eben so wenig mit Schwierigkeit umfangen. Ein jeder vielmals wiederholter Zug, eine jede oftmalige Lage, Veränderung des Ge- Ein tausendmal wiederholter angenehmer Zug drückt sich ein, und giebt einen bleiben- Ein tausendmal wiederholter häßlicher Zug drückt sich ein, und giebt einen bleibenden Viele solche schöne Eindrücke auf die Physiognomie eines Menschen geben zusammen Moralisch-schöne Zustände nun, haben zu folge dessen, was wir oben gesagt haben, Dieselben Zustände, tausendmal wiederholt, machen also bleibende schöne Eindrücke auf Moralisch-häßliche Seelenzustände haben häßlichen Ausdruck. Kommen sie nun oft Und zwar verhältnißmäßig stärkere und tiefere, je öfter und stärker die einzelnen Aus- Ferner: Es giebt keinen Gemüthszustand, der nur in einem einzelnen Gliede, oder in
IX. Fragment. Von der Harmonie. Daſſelbe gilt nun auch bey allen den tauſendfaͤltigen Vermiſchungen und Zuſammenſe- Bis hieher, denk' ich, hat die Sache wenig Schwierigkeit. Ja vielleicht moͤchten mich Allein der naͤchſte Schritt iſt eben ſo wenig mit Schwierigkeit umfangen. Ein jeder vielmals wiederholter Zug, eine jede oftmalige Lage, Veraͤnderung des Ge- Ein tauſendmal wiederholter angenehmer Zug druͤckt ſich ein, und giebt einen bleiben- Ein tauſendmal wiederholter haͤßlicher Zug druͤckt ſich ein, und giebt einen bleibenden Viele ſolche ſchoͤne Eindruͤcke auf die Phyſiognomie eines Menſchen geben zuſammen Moraliſch-ſchoͤne Zuſtaͤnde nun, haben zu folge deſſen, was wir oben geſagt haben, Dieſelben Zuſtaͤnde, tauſendmal wiederholt, machen alſo bleibende ſchoͤne Eindruͤcke auf Moraliſch-haͤßliche Seelenzuſtaͤnde haben haͤßlichen Ausdruck. Kommen ſie nun oft Und zwar verhaͤltnißmaͤßig ſtaͤrkere und tiefere, je oͤfter und ſtaͤrker die einzelnen Aus- Ferner: Es giebt keinen Gemuͤthszuſtand, der nur in einem einzelnen Gliede, oder in
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IX. Fragment. Von der Harmonie.
Daſſelbe gilt nun auch bey allen den tauſendfaͤltigen Vermiſchungen und Zuſammenſe-
tzungen aller moraliſch ſchoͤnen, und moraliſch haͤßlichen Gemuͤthszuſtaͤnde und ihrer Ausdruͤcke!
Bis hieher, denk' ich, hat die Sache wenig Schwierigkeit. Ja vielleicht moͤchten mich
manche ſchon einer entbehrlichen Weitlaͤufigkeit beſchuldigen.
Allein der naͤchſte Schritt iſt eben ſo wenig mit Schwierigkeit umfangen.
Ein jeder vielmals wiederholter Zug, eine jede oftmalige Lage, Veraͤnderung des Ge-
ſichts, macht endlich einen bleibenden Eindruck auf den weichen Theilen des Angeſichts. Je
ſtaͤrker der Zug, und je oͤfter er wiederholet wird, deſto ſtaͤrkern, tiefern, unvertilgbarern
Eindruck (und wie unten wird erwieſen werden, ſelbſt auf die knochigten Theile von fruͤher
Jugend an) macht er.
Ein tauſendmal wiederholter angenehmer Zug druͤckt ſich ein, und giebt einen bleiben-
den ſchoͤnen Zug des Angeſichts.
Ein tauſendmal wiederholter haͤßlicher Zug druͤckt ſich ein, und giebt einen bleibenden
haͤßlichen Zug des Angeſichts.
Viele ſolche ſchoͤne Eindruͤcke auf die Phyſiognomie eines Menſchen geben zuſammen
(bey uͤbrigens gleichen Umſtaͤnden,) ein ſchoͤnes; viel ſolcher haͤßlichen, ein haͤßliches Angeſicht.
Moraliſch-ſchoͤne Zuſtaͤnde nun, haben zu folge deſſen, was wir oben geſagt haben,
ſchoͤnen Ausdruck.
Dieſelben Zuſtaͤnde, tauſendmal wiederholt, machen alſo bleibende ſchoͤne Eindruͤcke auf
das Angeſicht.
Moraliſch-haͤßliche Seelenzuſtaͤnde haben haͤßlichen Ausdruck. Kommen ſie nun oft
und immer wieder, ſo machen ſie bleibende haͤßliche Eindruͤcke.
Und zwar verhaͤltnißmaͤßig ſtaͤrkere und tiefere, je oͤfter und ſtaͤrker die einzelnen Aus-
druͤcke des oft wiederkommenden Zuſtandes der Seele geſchehen.
Ferner: Es giebt keinen Gemuͤthszuſtand, der nur in einem einzelnen Gliede, oder
Theile des Angeſichts, ſchlechterdings ausſchließungsweiſe, ſeinen Ausdruck habe. Wenn ſchon
der eine Zuſtand der Seele, ſich mehr in dieſem, als jenem Theile des Angeſichts ausdruͤckt,
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