hen gemeinschaftlich zu Pilatus. Ihr Ansehen, ihre gesammte Gesellschaft, an diesem Tage, in dieser Frühe -- soll Ihn blenden, Ihn erschrecken. Sie alle haben schon einmüthig Ihm den Tod geschworen -- Welche Verblendung -- um nicht zu sagen, welche Verrucht- heit! -- und in dem Kreise, an der Spitze dieser Ver- blendeten geht die ewige Wahrheit und Liebe gebunden, als ob sie die Sünde selbst wäre, stille daher -- Ein Ebenbild der unbegreiflichen unausdenklichen Langmuth, die unermeßliche Fehler freyer Wesen duldet, trägt, vergiebt.
226. Judas Reue und Ende.
Matth. XXVII. 3-10.
Da das sahe Judas, der Ihn verrathen hat- te, daß Er verdammt war zum Tode, gereuete es ihn, und brachte herwieder die dreyßig Sil- berlinge den Hohenpriestern und den Aeltesten. Und sprach: Ich habe übel gethan, daß ich un- schuldig Blut verrathen habe. Sie sprachen: Was gehet uns das an? Da siehe du zu. Und er warf die Silberlinge in den Tempel, hub sich davon, und erhenkte sich selbst. Aber die Ho- henpriester nahmen die Silberlinge, und sprachen: Es taugt nicht, daß wir sie in den Gotteskasten legen, denn es ist Blutgeld. Sie hielten aber einen Rath, und kauften einen Töpfersacker dar- um zum Begräbniß der Pilger. Daher ist sel- biger Acker genennet der Blutacker bis auf den heutigen Tag. Da ist erfüllet, das gesagt ist
heutigen
Matthäus XXVII.
hen gemeinſchaftlich zu Pilatus. Ihr Anſehen, ihre geſammte Geſellſchaft, an dieſem Tage, in dieſer Frühe — ſoll Ihn blenden, Ihn erſchrecken. Sie alle haben ſchon einmüthig Ihm den Tod geſchworen — Welche Verblendung — um nicht zu ſagen, welche Verrucht- heit! — und in dem Kreiſe, an der Spitze dieſer Ver- blendeten geht die ewige Wahrheit und Liebe gebunden, als ob ſie die Sünde ſelbſt wäre, ſtille daher — Ein Ebenbild der unbegreiflichen unausdenklichen Langmuth, die unermeßliche Fehler freyer Weſen duldet, trägt, vergiebt.
226. Judas Reue und Ende.
Matth. XXVII. 3-10.
Da das ſahe Judas, der Ihn verrathen hat- te, daß Er verdammt war zum Tode, gereuete es ihn, und brachte herwieder die dreyßig Sil- berlinge den Hohenprieſtern und den Aelteſten. Und ſprach: Ich habe übel gethan, daß ich un- ſchuldig Blut verrathen habe. Sie ſprachen: Was gehet uns das an? Da ſiehe du zu. Und er warf die Silberlinge in den Tempel, hub ſich davon, und erhenkte ſich ſelbſt. Aber die Ho- henprieſter nahmen die Silberlinge, und ſprachen: Es taugt nicht, daß wir ſie in den Gotteskaſten legen, denn es iſt Blutgeld. Sie hielten aber einen Rath, und kauften einen Töpfersacker dar- um zum Begräbniß der Pilger. Daher iſt ſel- biger Acker genennet der Blutacker bis auf den heutigen Tag. Da iſt erfüllet, das geſagt iſt
heutigen
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[498[518]/0526]
Matthäus XXVII.
hen gemeinſchaftlich zu Pilatus. Ihr Anſehen, ihre
geſammte Geſellſchaft, an dieſem Tage, in dieſer Frühe
— ſoll Ihn blenden, Ihn erſchrecken. Sie alle haben
ſchon einmüthig Ihm den Tod geſchworen — Welche
Verblendung — um nicht zu ſagen, welche Verrucht-
heit! — und in dem Kreiſe, an der Spitze dieſer Ver-
blendeten geht die ewige Wahrheit und Liebe gebunden,
als ob ſie die Sünde ſelbſt wäre, ſtille daher — Ein
Ebenbild der unbegreiflichen unausdenklichen Langmuth,
die unermeßliche Fehler freyer Weſen duldet, trägt,
vergiebt.
226.
Judas Reue und Ende.
Da das ſahe Judas, der Ihn verrathen hat-
te, daß Er verdammt war zum Tode, gereuete
es ihn, und brachte herwieder die dreyßig Sil-
berlinge den Hohenprieſtern und den Aelteſten.
Und ſprach: Ich habe übel gethan, daß ich un-
ſchuldig Blut verrathen habe. Sie ſprachen:
Was gehet uns das an? Da ſiehe du zu. Und
er warf die Silberlinge in den Tempel, hub ſich
davon, und erhenkte ſich ſelbſt. Aber die Ho-
henprieſter nahmen die Silberlinge, und ſprachen:
Es taugt nicht, daß wir ſie in den Gotteskaſten
legen, denn es iſt Blutgeld. Sie hielten aber
einen Rath, und kauften einen Töpfersacker dar-
um zum Begräbniß der Pilger. Daher iſt ſel-
biger Acker genennet der Blutacker bis auf den
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 498[518]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/526>, abgerufen am 24.11.2024.
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