Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Matthäus XXVI.
Frage an unsern Herrn schon in der Wüste, eh' Er
noch öffentlich in Judäa aufgetreten, war: Bist du
der Sohn Gottes, so sprich .. Bist du der Sohn
Gottes, so wirf dich hinab
.. "Ich beschwöre dich
&q;in dem Namen Jehovah des Gottes Israels .. Bist
&q;du der Meßias? Der göttliche König, den unsere
&q;Nation erwaret --" -- Schon triumphirte der Ho-
hepriester, oder die Hölle in ihm über die Antwort, die
Jesus geben würde, sie mögte ausfallen, wie sie woll-
te ... Er brauchte all sein hochpriesterliches Anse-
hen -- Jesu einen Fallstrick des Todes zu legen. "Sagt'
&q;Er: Nein! Ich bin's nicht -- warum sprach Er
&q;denn so viel von sich, als einem Gottessohne? War-
&q;um sagte Er denn so öffentlich: Ich und Jeho-
&q;vah sind eins?
-- Warum machte Er dann sich
&q;selbst Gotte gleich? -- Sagt Er aber: Ich bins
&q;-- so sey Er sogleich als ein Gotteslästerer zum
&q;Tode verurtheilt!"

Jesus, die höchste Einfalt selbst, die Wahrheit
in Person, antwortet gerade zu und unzweydeutig, un-
bekümmert, wie's aufgenommen werden würde, oder
vielmehr gewiß, daß es ihm höchstübel aufgenommen
werden mußte.

"Ich bins! -- Es ist, wie du sagst .. dieser
&q;Menschensohn hier, der als ein gemeiner verächtlicher
&q;Erdensohn vor euch steht, ist eben der, von dem Da-
&q;niel
weissagte, daß Er auf den Wolken des Him-
&q;mels kommen und über alle Nationen herrschen, und

&q;alle

Matthäus XXVI.
Frage an unſern Herrn ſchon in der Wüſte, eh’ Er
noch öffentlich in Judäa aufgetreten, war: Biſt du
der Sohn Gottes, ſo ſprich .. Biſt du der Sohn
Gottes, ſo wirf dich hinab
.. „Ich beſchwöre dich
&q;in dem Namen Jehovah des Gottes Iſraels .. Biſt
&q;du der Meßias? Der göttliche König, den unſere
&q;Nation erwaret —„ — Schon triumphirte der Ho-
heprieſter, oder die Hölle in ihm über die Antwort, die
Jeſus geben würde, ſie mögte ausfallen, wie ſie woll-
te ... Er brauchte all ſein hochprieſterliches Anſe-
hen — Jeſu einen Fallſtrick des Todes zu legen. „Sagt’
&q;Er: Nein! Ich bin’s nicht — warum ſprach Er
&q;denn ſo viel von ſich, als einem Gottesſohne? War-
&q;um ſagte Er denn ſo öffentlich: Ich und Jeho-
&q;vah ſind eins?
— Warum machte Er dann ſich
&q;ſelbſt Gotte gleich? — Sagt Er aber: Ich bins
&q;— ſo ſey Er ſogleich als ein Gottesläſterer zum
&q;Tode verurtheilt!„

Jeſus, die höchſte Einfalt ſelbſt, die Wahrheit
in Perſon, antwortet gerade zu und unzweydeutig, un-
bekümmert, wie’s aufgenommen werden würde, oder
vielmehr gewiß, daß es ihm höchſtübel aufgenommen
werden mußte.

Ich bins! — Es iſt, wie du ſagſt .. dieſer
&q;Menſchenſohn hier, der als ein gemeiner verächtlicher
&q;Erdenſohn vor euch ſteht, iſt eben der, von dem Da-
&q;niel
weiſſagte, daß Er auf den Wolken des Him-
&q;mels kommen und über alle Nationen herrſchen, und

&q;alle
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0514" n="486[506]"/><fw place="top" type="header">Matthäus <hi rendition="#aq">XXVI.</hi></fw><lb/>
Frage an un&#x017F;ern Herrn &#x017F;chon in der Wü&#x017F;te, eh&#x2019; Er<lb/>
noch öffentlich in Judäa aufgetreten, war: <hi rendition="#fr">Bi&#x017F;t du<lb/>
der Sohn Gottes, &#x017F;o &#x017F;prich .. Bi&#x017F;t du der Sohn<lb/>
Gottes, &#x017F;o wirf dich hinab</hi> .. &#x201E;Ich be&#x017F;chwöre dich<lb/>
&amp;q;in dem Namen Jehovah des Gottes I&#x017F;raels .. Bi&#x017F;t<lb/>
&amp;q;du der Meßias? Der göttliche König, den un&#x017F;ere<lb/>
&amp;q;Nation erwaret &#x2014;&#x201E; &#x2014; Schon triumphirte der Ho-<lb/>
heprie&#x017F;ter, oder die Hölle in ihm über die Antwort, die<lb/>
Je&#x017F;us geben würde, &#x017F;ie mögte ausfallen, wie &#x017F;ie woll-<lb/>
te ... Er brauchte all &#x017F;ein hochprie&#x017F;terliches An&#x017F;e-<lb/>
hen &#x2014; Je&#x017F;u einen Fall&#x017F;trick des Todes zu legen. &#x201E;Sagt&#x2019;<lb/>
&amp;q;Er: <hi rendition="#fr">Nein! Ich bin&#x2019;s nicht</hi> &#x2014; warum &#x017F;prach Er<lb/>
&amp;q;denn &#x017F;o viel von &#x017F;ich, als einem Gottes&#x017F;ohne? War-<lb/>
&amp;q;um &#x017F;agte Er denn &#x017F;o öffentlich: <hi rendition="#fr">Ich und Jeho-<lb/>
&amp;q;vah &#x017F;ind eins?</hi> &#x2014; Warum machte Er dann &#x017F;ich<lb/>
&amp;q;&#x017F;elb&#x017F;t <hi rendition="#fr">Gotte gleich?</hi> &#x2014; Sagt Er aber: <hi rendition="#fr">Ich bins</hi><lb/>
&amp;q;&#x2014; &#x017F;o &#x017F;ey Er &#x017F;ogleich als ein Gotteslä&#x017F;terer zum<lb/>
&amp;q;Tode verurtheilt!&#x201E;</p><lb/>
            <p><hi rendition="#fr">Je&#x017F;us,</hi> die höch&#x017F;te Einfalt &#x017F;elb&#x017F;t, die Wahrheit<lb/>
in Per&#x017F;on, antwortet gerade zu und unzweydeutig, un-<lb/>
bekümmert, wie&#x2019;s aufgenommen werden würde, oder<lb/>
vielmehr gewiß, daß es ihm höch&#x017F;tübel aufgenommen<lb/>
werden mußte.</p><lb/>
            <p>&#x201E;<hi rendition="#fr">Ich bins!</hi> &#x2014; Es i&#x017F;t, wie du &#x017F;ag&#x017F;t .. die&#x017F;er<lb/>
&amp;q;Men&#x017F;chen&#x017F;ohn hier, der als ein gemeiner verächtlicher<lb/>
&amp;q;Erden&#x017F;ohn vor euch &#x017F;teht, i&#x017F;t eben der, von dem <hi rendition="#fr">Da-<lb/>
&amp;q;niel</hi> wei&#x017F;&#x017F;agte, daß Er auf den Wolken des Him-<lb/>
&amp;q;mels kommen und über alle Nationen herr&#x017F;chen, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&amp;q;alle</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[486[506]/0514] Matthäus XXVI. Frage an unſern Herrn ſchon in der Wüſte, eh’ Er noch öffentlich in Judäa aufgetreten, war: Biſt du der Sohn Gottes, ſo ſprich .. Biſt du der Sohn Gottes, ſo wirf dich hinab .. „Ich beſchwöre dich &q;in dem Namen Jehovah des Gottes Iſraels .. Biſt &q;du der Meßias? Der göttliche König, den unſere &q;Nation erwaret —„ — Schon triumphirte der Ho- heprieſter, oder die Hölle in ihm über die Antwort, die Jeſus geben würde, ſie mögte ausfallen, wie ſie woll- te ... Er brauchte all ſein hochprieſterliches Anſe- hen — Jeſu einen Fallſtrick des Todes zu legen. „Sagt’ &q;Er: Nein! Ich bin’s nicht — warum ſprach Er &q;denn ſo viel von ſich, als einem Gottesſohne? War- &q;um ſagte Er denn ſo öffentlich: Ich und Jeho- &q;vah ſind eins? — Warum machte Er dann ſich &q;ſelbſt Gotte gleich? — Sagt Er aber: Ich bins &q;— ſo ſey Er ſogleich als ein Gottesläſterer zum &q;Tode verurtheilt!„ Jeſus, die höchſte Einfalt ſelbſt, die Wahrheit in Perſon, antwortet gerade zu und unzweydeutig, un- bekümmert, wie’s aufgenommen werden würde, oder vielmehr gewiß, daß es ihm höchſtübel aufgenommen werden mußte. „Ich bins! — Es iſt, wie du ſagſt .. dieſer &q;Menſchenſohn hier, der als ein gemeiner verächtlicher &q;Erdenſohn vor euch ſteht, iſt eben der, von dem Da- &q;niel weiſſagte, daß Er auf den Wolken des Him- &q;mels kommen und über alle Nationen herrſchen, und &q;alle

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/514
Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 486[506]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/514>, abgerufen am 24.11.2024.