Marc. XIII. 3. 4.rallelstelle bey Markus waren's: Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas -- und sprachen: Sag' uns: Wann wird dieses geschehen? Und welches wird das Zeichen deiner Zukunft und des Endes der Welt seyn? Auf einer Anhöhe des Oehlberg's, wo man Stadt und Tempel vor dem Auge hatte -- sitzt izt Jesus mit seinen Jüngern -- hier fragten sie Ihn, hier antwortet Er ihnen. Je lebendiger und wahrer wir uns dieß Lokale, Oertliche der Unterredung verge- genwärtigen können, um so simpler und verständlicher wird sie uns werden.
Die Jünger, wir wissen's auch aus andern Stel- len des Evangeliums, wie beschränkt ihr Blick in's Reich des Meßias war -- wie sie noch an den allge- meinen jüdischirdischen Begriffen und Erwartungen hielten -- sie denken sich die Zerstörung Jerusa- lems und des Tempels, die Zukunft des Meßias, oder seine königlich majestätische Erscheinung und das Ende der Welt, als Eine und dieselbe Bege- benheit, wenigstens als schnell und unmittelbar auf einander folgende Begebenheiten. Von der allmähli- Matth. XIII. 31. 32.gen Entwicklung des Senfkorns zum allbeschattenden Baume hatten sie noch keinen hellen Begriff: Erst spä- 2. Petr. III. 8.ter lehrte sie der Geist der Wahrheit: daß tausend Jahre vor dem Herrn sind wie Ein Tag. Der Tempel war in ihren Augen so erhaben, so wichtig, daß sie nicht begreifen konnten wie nach seiner Zerstö- rung die Welt noch einen Augenblick bestehen könnte.
Es
Matthäus XXIV.
Marc. XIII. 3. 4.rallelſtelle bey Markus waren’s: Petrus, Jakobus, Johannes und Andreas — und ſprachen: Sag’ uns: Wann wird dieſes geſchehen? Und welches wird das Zeichen deiner Zukunft und des Endes der Welt ſeyn? Auf einer Anhöhe des Oehlberg’s, wo man Stadt und Tempel vor dem Auge hatte — ſitzt izt Jeſus mit ſeinen Jüngern — hier fragten ſie Ihn, hier antwortet Er ihnen. Je lebendiger und wahrer wir uns dieß Lokale, Oertliche der Unterredung verge- genwärtigen können, um ſo ſimpler und verſtändlicher wird ſie uns werden.
Die Jünger, wir wiſſen’s auch aus andern Stel- len des Evangeliums, wie beſchränkt ihr Blick in’s Reich des Meßias war — wie ſie noch an den allge- meinen jüdiſchirdiſchen Begriffen und Erwartungen hielten — ſie denken ſich die Zerſtörung Jeruſa- lems und des Tempels, die Zukunft des Meßias, oder ſeine königlich majeſtätiſche Erſcheinung und das Ende der Welt, als Eine und dieſelbe Bege- benheit, wenigſtens als ſchnell und unmittelbar auf einander folgende Begebenheiten. Von der allmähli- Matth. XIII. 31. 32.gen Entwicklung des Senfkorns zum allbeſchattenden Baume hatten ſie noch keinen hellen Begriff: Erſt ſpä- 2. Petr. III. 8.ter lehrte ſie der Geiſt der Wahrheit: daß tauſend Jahre vor dem Herrn ſind wie Ein Tag. Der Tempel war in ihren Augen ſo erhaben, ſo wichtig, daß ſie nicht begreifen konnten wie nach ſeiner Zerſtö- rung die Welt noch einen Augenblick beſtehen könnte.
Es
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[382[402]/0410]
Matthäus XXIV.
rallelſtelle bey Markus waren’s: Petrus, Jakobus,
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uns: Wann wird dieſes geſchehen? Und welches
wird das Zeichen deiner Zukunft und des Endes
der Welt ſeyn? Auf einer Anhöhe des Oehlberg’s, wo
man Stadt und Tempel vor dem Auge hatte — ſitzt
izt Jeſus mit ſeinen Jüngern — hier fragten ſie Ihn,
hier antwortet Er ihnen. Je lebendiger und wahrer
wir uns dieß Lokale, Oertliche der Unterredung verge-
genwärtigen können, um ſo ſimpler und verſtändlicher
wird ſie uns werden.
Marc.
XIII. 3. 4.
Die Jünger, wir wiſſen’s auch aus andern Stel-
len des Evangeliums, wie beſchränkt ihr Blick in’s
Reich des Meßias war — wie ſie noch an den allge-
meinen jüdiſchirdiſchen Begriffen und Erwartungen
hielten — ſie denken ſich die Zerſtörung Jeruſa-
lems und des Tempels, die Zukunft des Meßias,
oder ſeine königlich majeſtätiſche Erſcheinung und
das Ende der Welt, als Eine und dieſelbe Bege-
benheit, wenigſtens als ſchnell und unmittelbar auf
einander folgende Begebenheiten. Von der allmähli-
gen Entwicklung des Senfkorns zum allbeſchattenden
Baume hatten ſie noch keinen hellen Begriff: Erſt ſpä-
ter lehrte ſie der Geiſt der Wahrheit: daß tauſend
Jahre vor dem Herrn ſind wie Ein Tag. Der
Tempel war in ihren Augen ſo erhaben, ſo wichtig,
daß ſie nicht begreifen konnten wie nach ſeiner Zerſtö-
rung die Welt noch einen Augenblick beſtehen könnte.
Matth.
XIII. 31. 32.
2. Petr.
III. 8.
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 382[402]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/410>, abgerufen am 22.11.2024.
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