haben sich auf Moses Stuhl gesetzt, darum al- les, was sie euch sagen, das ihr halten sollet, das haltet und thut; Aber thut nicht nach ihren Wer- ken, denn sie sagen es wohl, aber sie thun es nicht.
Welche Achtung fürs öffentliche Lehramt! Christus respektirt (hochachtet) und heißt respektiren, was zu re- spektiren ist -- Stand und Amt auch der unwürdigsten, auch der verdorbensten Menschen. Er söndert Amt und Person -- schätzt und ehret jenes, wenn Er auch diese zur Warnung des verführten Volkes brandmarken muß. Um des schlechten Charakters und Betragens einer Person willen, den öffentlichen Stand und das Amt dieser Person verachten, gering schätzen -- verächtlich, lächerlich machen, seine ursprüngliche Würde, sein Gött- liches in's Dunkle stellen -- die Fehler der Person dem Amte zuschieben, das ist nicht nur eines Jüngers Chri- sti, sondern jedes edeln, denkenden Menschen unwürdig -- das verräth eine kleine niedrige Seele.
Die Pharisäer sind öffentliche Lehrer des göttli- chen mosaischen Gesetzes -- als solche verdienen sie euere Achtung und euern Gehorsam. Alle die Pflich- ten, die sie euch aus diesem Gesetze lehren, zu deren Befolgung sie euch auffodern, müsset ihr annehmen und ausüben. Aber ja, ihrem eignen Beyspiel dürft ihr nicht folgen -- Sie lehren euch was recht und gut ist, aber sie selbst thun nicht was sie lehren.
Schreckliches Urtheil über Lehrer und Führer des Volkes -- Sie sagens, aber sie thun's nicht! Wenn der Knecht, der den Willen seines Herrn weiß,
und
Phariſäer und Schriftgelehrten.
haben ſich auf Moſes Stuhl geſetzt, darum al- les, was ſie euch ſagen, das ihr halten ſollet, das haltet und thut; Aber thut nicht nach ihren Wer- ken, denn ſie ſagen es wohl, aber ſie thun es nicht.
Welche Achtung fürs öffentliche Lehramt! Chriſtus reſpektirt (hochachtet) und heißt reſpektiren, was zu re- ſpektiren iſt — Stand und Amt auch der unwürdigſten, auch der verdorbenſten Menſchen. Er ſöndert Amt und Perſon — ſchätzt und ehret jenes, wenn Er auch dieſe zur Warnung des verführten Volkes brandmarken muß. Um des ſchlechten Charakters und Betragens einer Perſon willen, den öffentlichen Stand und das Amt dieſer Perſon verachten, gering ſchätzen — verächtlich, lächerlich machen, ſeine urſprüngliche Würde, ſein Gött- liches in’s Dunkle ſtellen — die Fehler der Perſon dem Amte zuſchieben, das iſt nicht nur eines Jüngers Chri- ſti, ſondern jedes edeln, denkenden Menſchen unwürdig — das verräth eine kleine niedrige Seele.
Die Phariſäer ſind öffentliche Lehrer des göttli- chen moſaiſchen Geſetzes — als ſolche verdienen ſie euere Achtung und euern Gehorſam. Alle die Pflich- ten, die ſie euch aus dieſem Geſetze lehren, zu deren Befolgung ſie euch auffodern, müſſet ihr annehmen und ausüben. Aber ja, ihrem eignen Beyſpiel dürft ihr nicht folgen — Sie lehren euch was recht und gut iſt, aber ſie ſelbſt thun nicht was ſie lehren.
Schreckliches Urtheil über Lehrer und Führer des Volkes — Sie ſagens, aber ſie thun’s nicht! Wenn der Knecht, der den Willen ſeines Herrn weiß,
und
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[347[367]/0375]
Phariſäer und Schriftgelehrten.
haben ſich auf Moſes Stuhl geſetzt, darum al-
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haltet und thut; Aber thut nicht nach ihren Wer-
ken, denn ſie ſagen es wohl, aber ſie thun es nicht.
Welche Achtung fürs öffentliche Lehramt! Chriſtus
reſpektirt (hochachtet) und heißt reſpektiren, was zu re-
ſpektiren iſt — Stand und Amt auch der unwürdigſten,
auch der verdorbenſten Menſchen. Er ſöndert Amt und
Perſon — ſchätzt und ehret jenes, wenn Er auch dieſe
zur Warnung des verführten Volkes brandmarken muß.
Um des ſchlechten Charakters und Betragens einer
Perſon willen, den öffentlichen Stand und das Amt
dieſer Perſon verachten, gering ſchätzen — verächtlich,
lächerlich machen, ſeine urſprüngliche Würde, ſein Gött-
liches in’s Dunkle ſtellen — die Fehler der Perſon dem
Amte zuſchieben, das iſt nicht nur eines Jüngers Chri-
ſti, ſondern jedes edeln, denkenden Menſchen unwürdig
— das verräth eine kleine niedrige Seele.
Die Phariſäer ſind öffentliche Lehrer des göttli-
chen moſaiſchen Geſetzes — als ſolche verdienen ſie
euere Achtung und euern Gehorſam. Alle die Pflich-
ten, die ſie euch aus dieſem Geſetze lehren, zu deren
Befolgung ſie euch auffodern, müſſet ihr annehmen und
ausüben. Aber ja, ihrem eignen Beyſpiel dürft ihr
nicht folgen — Sie lehren euch was recht und gut iſt,
aber ſie ſelbſt thun nicht was ſie lehren.
Schreckliches Urtheil über Lehrer und Führer des
Volkes — Sie ſagens, aber ſie thun’s nicht!
Wenn der Knecht, der den Willen ſeines Herrn weiß,
und
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 347[367]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/375>, abgerufen am 23.11.2024.
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