Das Wesen wie der Schein. Wer nichts hat, kann nichts geben. Fluch und Verdorrung steht dem un- nützen, unthätigen, fruchtlosen Christen unausbleib- lich bevor; So gewiß Freude und Belohnung dem gu- ten und fruchtbaren. Dieß ist so oft und auf so man- nichfal ige Weise gesagt, daß es für den Gläubigen an das Evangelium keinem Zweifel unterworfen seyn kann. Die merkwürdigsten Parallelstellen sind, nebst den schon angeführten, folgende: -- Die Erde, die den Re-Hehr. VI. 7. 8. gen, der oft über sie kommt, trinket, und denen bequehm Kraut trägt, die sie bauen, die em- pfängt den Seegen von Gott; Welche aber Dor- nen und Disteln trägt, die ist untüchtig und dem Fluche nah -- und sie wird zuletzt verbrannt. Seyd erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit durch Jesum Christum zum Lob und Preise Got- tes. Besonders aber verdient im dreyzehnten CapitelLuc. XII 6-9. des Evangeliums St. Lucä die Parabel vom Feigenbaum nachgelesen zu werden.
Die zwote Hauptlehre, die sich aus unserm Text so natürlich ergiebt, wie die Erste, die so klar drinn liegt, und von dem Herrn selbst so geflissentlich daraus hergeleitet wird, daß es wahrlich blosse Heucheley oder Frechheit ist, zu leugnen, daß sie sich daraus ergebe, ist die von der grossen Kraft eines zweifelfreyen Glau- bens, und eines liebevollen Gebeths. Es ist eine von den besondern Lieblingslehren Christi, daß dem schlechterdings zweifelfreyen Glauben alles, auch das schwehrste, auch das unmöglichstscheinende möglich sey.
Christus
Glaubenskraft. Feigenbaum.
Das Weſen wie der Schein. Wer nichts hat, kann nichts geben. Fluch und Verdorrung ſteht dem un- nützen, unthätigen, fruchtloſen Chriſten unausbleib- lich bevor; So gewiß Freude und Belohnung dem gu- ten und fruchtbaren. Dieß iſt ſo oft und auf ſo man- nichfal ige Weiſe geſagt, daß es für den Gläubigen an das Evangelium keinem Zweifel unterworfen ſeyn kann. Die merkwürdigſten Parallelſtellen ſind, nebſt den ſchon angeführten, folgende: — Die Erde, die den Re-Hehr. VI. 7. 8. gen, der oft über ſie kommt, trinket, und denen bequehm Kraut trägt, die ſie bauen, die em- pfängt den Seegen von Gott; Welche aber Dor- nen und Diſteln trägt, die iſt untüchtig und dem Fluche nah — und ſie wird zuletzt verbrannt. Seyd erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit durch Jeſum Chriſtum zum Lob und Preiſe Got- tes. Beſonders aber verdient im dreyzehnten CapitelLuc. XII 6-9. des Evangeliums St. Lucä die Parabel vom Feigenbaum nachgeleſen zu werden.
Die zwote Hauptlehre, die ſich aus unſerm Text ſo natürlich ergiebt, wie die Erſte, die ſo klar drinn liegt, und von dem Herrn ſelbſt ſo gefliſſentlich daraus hergeleitet wird, daß es wahrlich bloſſe Heucheley oder Frechheit iſt, zu leugnen, daß ſie ſich daraus ergebe, iſt die von der groſſen Kraft eines zweifelfreyen Glau- bens, und eines liebevollen Gebeths. Es iſt eine von den beſondern Lieblingslehren Chriſti, daß dem ſchlechterdings zweifelfreyen Glauben alles, auch das ſchwehrſte, auch das unmöglichſtſcheinende möglich ſey.
Chriſtus
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[315[335]/0343]
Glaubenskraft. Feigenbaum.
Das Weſen wie der Schein. Wer nichts hat, kann
nichts geben. Fluch und Verdorrung ſteht dem un-
nützen, unthätigen, fruchtloſen Chriſten unausbleib-
lich bevor; So gewiß Freude und Belohnung dem gu-
ten und fruchtbaren. Dieß iſt ſo oft und auf ſo man-
nichfal ige Weiſe geſagt, daß es für den Gläubigen an
das Evangelium keinem Zweifel unterworfen ſeyn kann.
Die merkwürdigſten Parallelſtellen ſind, nebſt den ſchon
angeführten, folgende: — Die Erde, die den Re-
gen, der oft über ſie kommt, trinket, und denen
bequehm Kraut trägt, die ſie bauen, die em-
pfängt den Seegen von Gott; Welche aber Dor-
nen und Diſteln trägt, die iſt untüchtig und dem
Fluche nah — und ſie wird zuletzt verbrannt.
Seyd erfüllet mit Früchten der Gerechtigkeit
durch Jeſum Chriſtum zum Lob und Preiſe Got-
tes. Beſonders aber verdient im dreyzehnten Capitel
des Evangeliums St. Lucä die Parabel vom Feigenbaum
nachgeleſen zu werden.
Hehr.
VI. 7. 8.
Luc. XII
6-9.
Die zwote Hauptlehre, die ſich aus unſerm Text
ſo natürlich ergiebt, wie die Erſte, die ſo klar drinn
liegt, und von dem Herrn ſelbſt ſo gefliſſentlich daraus
hergeleitet wird, daß es wahrlich bloſſe Heucheley oder
Frechheit iſt, zu leugnen, daß ſie ſich daraus ergebe, iſt
die von der groſſen Kraft eines zweifelfreyen Glau-
bens, und eines liebevollen Gebeths. Es iſt eine
von den beſondern Lieblingslehren Chriſti, daß dem
ſchlechterdings zweifelfreyen Glauben alles, auch das
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 315[335]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/343>, abgerufen am 24.11.2024.
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