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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.

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Matthäus XIX.
nige Gott -- Also hatte der Frager Ihn mit Unrecht
gut genannt. Warum? Weil er Ihn nicht kannte,
nicht für den hielt, der Er wirklich war. Er hielt Ihn
für einen Menschen -- und für mehr nicht. Christum
für etwas höheres, etwas übermenschliches und göttli-
ches zu halten, war ihm noch nicht gegeben. In den
Augen der reinen Wahrheit ist kein Mensch, wie wei-
se, wie vortreflich er immer sey -- wie sehr er sich so
gar unter gutgeheissenen Menschen auszeichne, gut, das
ist, rein und vollkommen. Ueberdieß konnte Chri-
stus
selbst mit Wahrheit in einem sehr erhabnen Sinne
sagen: Daß Gott allein gut sey; Das heißt: allein
ursprünglich gut -- unendlich gut, ur-gut
-- al-
lein ein Licht, in welchem keine Art von Finsterniß war.
Dieß Wort des Herrn soll uns also lehren mit Lobsprü-
chen und Ehrenbenennungen, die wir andern, auch
guten Menschen geben, äusserst behutsam und sparsam
seyn, oder, wenn wir sie auch loben und gut heissen, an-
ders nicht, als mit Hinsicht auf Gott, den Urheber, den
Geber und Wirker alles Guten zu preisen.

4. Haben wir die Antwort des Herrn an den rei-
chen Jüngling zu beherzigen: Willst du in das Le-
ben eingeben, so halte die Gebote.
Es ist heilige,
ewige, unveränderliche Wahrheit: Der vollkommen sitt-
liche Mensch würde nicht sterben. Der Tod ist der Sün-
de Sold. Wer nicht sündigt, auf den hat der Tod
kein Recht, kein Anspruch. Er würde leben, ewig le-
ben. Vollkommner Gehorsam, vollkommnes Leben.
Auf Christus, der die Gebote des Vaters ohne Tadel

hielt,

Matthäus XIX.
nige Gott — Alſo hatte der Frager Ihn mit Unrecht
gut genannt. Warum? Weil er Ihn nicht kannte,
nicht für den hielt, der Er wirklich war. Er hielt Ihn
für einen Menſchen — und für mehr nicht. Chriſtum
für etwas höheres, etwas übermenſchliches und göttli-
ches zu halten, war ihm noch nicht gegeben. In den
Augen der reinen Wahrheit iſt kein Menſch, wie wei-
ſe, wie vortreflich er immer ſey — wie ſehr er ſich ſo
gar unter gutgeheiſſenen Menſchen auszeichne, gut, das
iſt, rein und vollkommen. Ueberdieß konnte Chri-
ſtus
ſelbſt mit Wahrheit in einem ſehr erhabnen Sinne
ſagen: Daß Gott allein gut ſey; Das heißt: allein
urſprünglich gut — unendlich gut, ur-gut
— al-
lein ein Licht, in welchem keine Art von Finſterniß war.
Dieß Wort des Herrn ſoll uns alſo lehren mit Lobſprü-
chen und Ehrenbenennungen, die wir andern, auch
guten Menſchen geben, äuſſerſt behutſam und ſparſam
ſeyn, oder, wenn wir ſie auch loben und gut heiſſen, an-
ders nicht, als mit Hinſicht auf Gott, den Urheber, den
Geber und Wirker alles Guten zu preiſen.

4. Haben wir die Antwort des Herrn an den rei-
chen Jüngling zu beherzigen: Willſt du in das Le-
ben eingeben, ſo halte die Gebote.
Es iſt heilige,
ewige, unveränderliche Wahrheit: Der vollkommen ſitt-
liche Menſch würde nicht ſterben. Der Tod iſt der Sün-
de Sold. Wer nicht ſündigt, auf den hat der Tod
kein Recht, kein Anſpruch. Er würde leben, ewig le-
ben. Vollkommner Gehorſam, vollkommnes Leben.
Auf Chriſtus, der die Gebote des Vaters ohne Tadel

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[282[302]/0310] Matthäus XIX. nige Gott — Alſo hatte der Frager Ihn mit Unrecht gut genannt. Warum? Weil er Ihn nicht kannte, nicht für den hielt, der Er wirklich war. Er hielt Ihn für einen Menſchen — und für mehr nicht. Chriſtum für etwas höheres, etwas übermenſchliches und göttli- ches zu halten, war ihm noch nicht gegeben. In den Augen der reinen Wahrheit iſt kein Menſch, wie wei- ſe, wie vortreflich er immer ſey — wie ſehr er ſich ſo gar unter gutgeheiſſenen Menſchen auszeichne, gut, das iſt, rein und vollkommen. Ueberdieß konnte Chri- ſtus ſelbſt mit Wahrheit in einem ſehr erhabnen Sinne ſagen: Daß Gott allein gut ſey; Das heißt: allein urſprünglich gut — unendlich gut, ur-gut — al- lein ein Licht, in welchem keine Art von Finſterniß war. Dieß Wort des Herrn ſoll uns alſo lehren mit Lobſprü- chen und Ehrenbenennungen, die wir andern, auch guten Menſchen geben, äuſſerſt behutſam und ſparſam ſeyn, oder, wenn wir ſie auch loben und gut heiſſen, an- ders nicht, als mit Hinſicht auf Gott, den Urheber, den Geber und Wirker alles Guten zu preiſen. 4. Haben wir die Antwort des Herrn an den rei- chen Jüngling zu beherzigen: Willſt du in das Le- ben eingeben, ſo halte die Gebote. Es iſt heilige, ewige, unveränderliche Wahrheit: Der vollkommen ſitt- liche Menſch würde nicht ſterben. Der Tod iſt der Sün- de Sold. Wer nicht ſündigt, auf den hat der Tod kein Recht, kein Anſpruch. Er würde leben, ewig le- ben. Vollkommner Gehorſam, vollkommnes Leben. Auf Chriſtus, der die Gebote des Vaters ohne Tadel hielt,

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Zitationshilfe: Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 282[302]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/310>, abgerufen am 24.11.2024.