Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783.Matthäus XVII. Begriffe war -- Es ist nichts aus der Evangelischen Ge-schichte so klar, so auffallend, so gar keinem Widerspru- che -- redlicher Menschen ausgesetzt, wie das: Daß Chri- stus den Menschen Muth machen, sie über alle kleinli- che Zweifeley und Aengstlichkeit erheben, und ihnen einen unumschränkten Glauben an Gott, an einen auf sie und ihre Bedürfnisse aufmerksamen und wohlbesorgten Gott einflössen will. Sie sollen durchaus nie verzagen; Nie seiner Macht und seinem Willen zu helfen, Gränzen se- tzen; Sollen immer weniger die Natur, und immer mehr den Herrn der Natur ansehen. Christus als Haupt der Menschheit, als Herr der Natur -- mögte alle sei- ne Jünger an seiner Kraft, seiner Herrschaft über Al- les theilnehmen lassen. Er mögte sie alle hier oder dort zu sich hinauferheben -- Sie alle erlösen von dem furcht- baren Drucke der allgewaltigen, alles tödtenden Natur. O laßt uns bethen und glauben! Brüder erweckt Brü- der, weniger mit Worten und leerem unempfundnem Geschwätze, als durch vorleuchtenden Glauben selbst zum Glauben! Haltet fest an der Einfalt des Evangeliums! Laßt das Wort Christi mehr gelten, als aller Welt Wort! Zertretet jeden Zweifel, gleich einem Ungeziefer, das sich euern Füssen nähert! Seyd Christen Christusehrer! Eh- rer seines Wortes! Festhalter an seinen Aussagen und Verheissungen! Was der Glaube nicht vermag, vermag keine andere Kraft der Seele. Der Glaube ist so we- nig als die Liebe durch eine andere Kraft und Eigen- schaft der Seele ersetzbar. Und obgleich er ohne Liebe nicht den mindesten sittlichen Werth hat; so ist er den- noch
Matthäus XVII. Begriffe war — Es iſt nichts aus der Evangeliſchen Ge-ſchichte ſo klar, ſo auffallend, ſo gar keinem Widerſpru- che — redlicher Menſchen ausgeſetzt, wie das: Daß Chri- ſtus den Menſchen Muth machen, ſie über alle kleinli- che Zweifeley und Aengſtlichkeit erheben, und ihnen einen unumſchränkten Glauben an Gott, an einen auf ſie und ihre Bedürfniſſe aufmerkſamen und wohlbeſorgten Gott einflöſſen will. Sie ſollen durchaus nie verzagen; Nie ſeiner Macht und ſeinem Willen zu helfen, Gränzen ſe- tzen; Sollen immer weniger die Natur, und immer mehr den Herrn der Natur anſehen. Chriſtus als Haupt der Menſchheit, als Herr der Natur — mögte alle ſei- ne Jünger an ſeiner Kraft, ſeiner Herrſchaft über Al- les theilnehmen laſſen. Er mögte ſie alle hier oder dort zu ſich hinauferheben — Sie alle erlöſen von dem furcht- baren Drucke der allgewaltigen, alles tödtenden Natur. O laßt uns bethen und glauben! Brüder erweckt Brü- der, weniger mit Worten und leerem unempfundnem Geſchwätze, als durch vorleuchtenden Glauben ſelbſt zum Glauben! Haltet feſt an der Einfalt des Evangeliums! Laßt das Wort Chriſti mehr gelten, als aller Welt Wort! Zertretet jeden Zweifel, gleich einem Ungeziefer, das ſich euern Füſſen nähert! Seyd Chriſten Chriſtusehrer! Eh- rer ſeines Wortes! Feſthalter an ſeinen Auſſagen und Verheiſſungen! Was der Glaube nicht vermag, vermag keine andere Kraft der Seele. Der Glaube iſt ſo we- nig als die Liebe durch eine andere Kraft und Eigen- ſchaft der Seele erſetzbar. Und obgleich er ohne Liebe nicht den mindeſten ſittlichen Werth hat; ſo iſt er den- noch
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Matthäus XVII.
Begriffe war — Es iſt nichts aus der Evangeliſchen Ge-
ſchichte ſo klar, ſo auffallend, ſo gar keinem Widerſpru-
che — redlicher Menſchen ausgeſetzt, wie das: Daß Chri-
ſtus den Menſchen Muth machen, ſie über alle kleinli-
che Zweifeley und Aengſtlichkeit erheben, und ihnen einen
unumſchränkten Glauben an Gott, an einen auf ſie und
ihre Bedürfniſſe aufmerkſamen und wohlbeſorgten Gott
einflöſſen will. Sie ſollen durchaus nie verzagen; Nie
ſeiner Macht und ſeinem Willen zu helfen, Gränzen ſe-
tzen; Sollen immer weniger die Natur, und immer mehr
den Herrn der Natur anſehen. Chriſtus als Haupt
der Menſchheit, als Herr der Natur — mögte alle ſei-
ne Jünger an ſeiner Kraft, ſeiner Herrſchaft über Al-
les theilnehmen laſſen. Er mögte ſie alle hier oder dort
zu ſich hinauferheben — Sie alle erlöſen von dem furcht-
baren Drucke der allgewaltigen, alles tödtenden Natur.
O laßt uns bethen und glauben! Brüder erweckt Brü-
der, weniger mit Worten und leerem unempfundnem
Geſchwätze, als durch vorleuchtenden Glauben ſelbſt zum
Glauben! Haltet feſt an der Einfalt des Evangeliums!
Laßt das Wort Chriſti mehr gelten, als aller Welt Wort!
Zertretet jeden Zweifel, gleich einem Ungeziefer, das ſich
euern Füſſen nähert! Seyd Chriſten Chriſtusehrer! Eh-
rer ſeines Wortes! Feſthalter an ſeinen Auſſagen und
Verheiſſungen! Was der Glaube nicht vermag, vermag
keine andere Kraft der Seele. Der Glaube iſt ſo we-
nig als die Liebe durch eine andere Kraft und Eigen-
ſchaft der Seele erſetzbar. Und obgleich er ohne Liebe
nicht den mindeſten ſittlichen Werth hat; ſo iſt er den-
noch
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