was der täglich lernen, in seine Seele aufnehmen, ge- niessen, mit sich selbst vereinbahren kann, ist unbeschreib- lich! Der ist ein wahrhaft seeliger Mensch! Alles was da ist, ist da, gesehen, gehört, genossen zu werden; Für alles Sichtbare hat der Mensch sichtbare Sinnen -- Für alles Unsichtbare, Göttliche hat er innere Sinnen -- Aufmerksamkeit, Glaubensfähigkeit, Liebe, Hoffnung. Wohl dem, der diese wenigstens so oft öffnet, als seine äussern!
113. Propheten und Apostel.
Wahrlich, Ich sage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt zu sehen, was ihr sehet, und haben's nicht gesehen, und zu hören, was ihr höret, und habens nicht gehört. -- So ungleich sind die Gaben des Herrn und die Zeiten. Nicht alle Zeiten sind zu einerley Gaben bestimmt. Jede Zeit soll dankbar annehmen, was ihr bestimmt ist; Und wenn eine Zeit vorzüglich geseegnet ist; Wenn eine Zeit der Offenbahrung ist, des Nähertretens der Gottheit, eine Zeit der Erfüllung längst gethaner Verheissungen; Wenn Etwas geschiehet, was die vorigen Jahrhunderte noch nicht tragen mochten -- so werde die vorzügliche Gnade anbethend erkannt, und mit Weisheit benutzt. Unser Jahrhundert hat so manches, was einige vorige Jahr- hundert nicht hatten. Von dem was uns gegeben ist, wird Rechenschaft gefordert werden. Es gehört zur Weisheit von obenherab, zu erkennen, was man hat, und mit vor-
zügli-
Matthäus XIII.
was der täglich lernen, in ſeine Seele aufnehmen, ge- nieſſen, mit ſich ſelbſt vereinbahren kann, iſt unbeſchreib- lich! Der iſt ein wahrhaft ſeeliger Menſch! Alles was da iſt, iſt da, geſehen, gehört, genoſſen zu werden; Für alles Sichtbare hat der Menſch ſichtbare Sinnen — Für alles Unſichtbare, Göttliche hat er innere Sinnen — Aufmerkſamkeit, Glaubensfähigkeit, Liebe, Hoffnung. Wohl dem, der dieſe wenigſtens ſo oft öffnet, als ſeine äuſſern!
113. Propheten und Apoſtel.
Wahrlich, Ich ſage euch: Viele Propheten und Gerechte haben begehrt zu ſehen, was ihr ſehet, und haben’s nicht geſehen, und zu hören, was ihr höret, und habens nicht gehört. — So ungleich ſind die Gaben des Herrn und die Zeiten. Nicht alle Zeiten ſind zu einerley Gaben beſtimmt. Jede Zeit ſoll dankbar annehmen, was ihr beſtimmt iſt; Und wenn eine Zeit vorzüglich geſeegnet iſt; Wenn eine Zeit der Offenbahrung iſt, des Nähertretens der Gottheit, eine Zeit der Erfüllung längſt gethaner Verheiſſungen; Wenn Etwas geſchiehet, was die vorigen Jahrhunderte noch nicht tragen mochten — ſo werde die vorzügliche Gnade anbethend erkannt, und mit Weisheit benutzt. Unſer Jahrhundert hat ſo manches, was einige vorige Jahr- hundert nicht hatten. Von dem was uns gegeben iſt, wird Rechenſchaft gefordert werden. Es gehört zur Weisheit von obenherab, zu erkennen, was man hat, und mit vor-
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[184[204]/0212]
Matthäus XIII.
was der täglich lernen, in ſeine Seele aufnehmen, ge-
nieſſen, mit ſich ſelbſt vereinbahren kann, iſt unbeſchreib-
lich! Der iſt ein wahrhaft ſeeliger Menſch! Alles was
da iſt, iſt da, geſehen, gehört, genoſſen zu werden; Für
alles Sichtbare hat der Menſch ſichtbare Sinnen — Für
alles Unſichtbare, Göttliche hat er innere Sinnen —
Aufmerkſamkeit, Glaubensfähigkeit, Liebe, Hoffnung.
Wohl dem, der dieſe wenigſtens ſo oft öffnet, als ſeine
äuſſern!
113.
Propheten und Apoſtel.
Wahrlich, Ich ſage euch: Viele Propheten
und Gerechte haben begehrt zu ſehen, was ihr
ſehet, und haben’s nicht geſehen, und zu hören,
was ihr höret, und habens nicht gehört. — So
ungleich ſind die Gaben des Herrn und die Zeiten. Nicht
alle Zeiten ſind zu einerley Gaben beſtimmt. Jede Zeit
ſoll dankbar annehmen, was ihr beſtimmt iſt; Und wenn
eine Zeit vorzüglich geſeegnet iſt; Wenn eine Zeit der
Offenbahrung iſt, des Nähertretens der Gottheit, eine
Zeit der Erfüllung längſt gethaner Verheiſſungen; Wenn
Etwas geſchiehet, was die vorigen Jahrhunderte noch
nicht tragen mochten — ſo werde die vorzügliche Gnade
anbethend erkannt, und mit Weisheit benutzt. Unſer
Jahrhundert hat ſo manches, was einige vorige Jahr-
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Lavater, Johann Caspar: Betrachtungen über die wichtigsten Stellen der Evangelien. Bd. 1: Matthäus und Markus. Dessau/Leipzig, 1783, S. 184[204]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/lavater_betrachtungen01_1783/212>, abgerufen am 21.11.2024.
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