mit den Anerbieten ihres Feindes nicht zufrieden, zumal da ihr Sachwalter, der Stiftsamtmann Büttner versicherte, der Prozeß könne für Mada- me nicht verlohren gehen. Aber es heißt auch hier Fraudancur jure periti.
Der Prozeß ging verlohren, und zwar in allen Instanzen: die Acten sind, wegen der vielen darin vorkommenden Allotria und alter und neuer Ge- schichten gar sehr erbaulich zu lesen. Gedruckt haben sie werden sollen, und es würde auch gesche- hen seyn, wenn der Buchdrucker hätte auf Pump drucken, und bis ad calendas graecas mit der Be- zahlung warten wollen. Meine Bemühungen, ei- nen Vergleich zu bewirken, waren also vergebens; doch setzte ich meine Besuche bey Madam fort, weil ich wirklich viel Vergnügen in ihrem Umgang fand. Indeßen hatte Frau Ilschnerin auch Scandal mit ihrem Manne, und beyde Theile trugen auf Ehe- scheidung an. Die Acten dieses Prozeßes sind auch gar erbaulich zu lesen, und den Winter von 1800 bis 1801 durfte man nur den Universitätskeller be- suchen, um aus dem Munde eines Hn. Ausculta- tors einen fidelen Auszug aus den die Ilschnerische Ehescheidungssache betreffenden Acten zu hören. Der Hr. Auscultator mogte nicht umsonst auscul- tirt haben. Ehe die Scheidung wirklich erfolgte, besuchte ich die Madam noch immer; der Mann
mit den Anerbieten ihres Feindes nicht zufrieden, zumal da ihr Sachwalter, der Stiftsamtmann Buͤttner verſicherte, der Prozeß koͤnne fuͤr Mada- me nicht verlohren gehen. Aber es heißt auch hier Fraudancur jure periti.
Der Prozeß ging verlohren, und zwar in allen Inſtanzen: die Acten ſind, wegen der vielen darin vorkommenden Allotria und alter und neuer Ge- ſchichten gar ſehr erbaulich zu leſen. Gedruckt haben ſie werden ſollen, und es wuͤrde auch geſche- hen ſeyn, wenn der Buchdrucker haͤtte auf Pump drucken, und bis ad calendas graecas mit der Be- zahlung warten wollen. Meine Bemuͤhungen, ei- nen Vergleich zu bewirken, waren alſo vergebens; doch ſetzte ich meine Beſuche bey Madam fort, weil ich wirklich viel Vergnuͤgen in ihrem Umgang fand. Indeßen hatte Frau Ilſchnerin auch Scandal mit ihrem Manne, und beyde Theile trugen auf Ehe- ſcheidung an. Die Acten dieſes Prozeßes ſind auch gar erbaulich zu leſen, und den Winter von 1800 bis 1801 durfte man nur den Univerſitaͤtskeller be- ſuchen, um aus dem Munde eines Hn. Auſculta- tors einen fidelen Auszug aus den die Ilſchneriſche Eheſcheidungsſache betreffenden Acten zu hoͤren. Der Hr. Auſcultator mogte nicht umſonſt auſcul- tirt haben. Ehe die Scheidung wirklich erfolgte, beſuchte ich die Madam noch immer; der Mann
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mit den Anerbieten ihres Feindes nicht zufrieden,
zumal da ihr Sachwalter, der Stiftsamtmann
Buͤttner verſicherte, der Prozeß koͤnne fuͤr Mada-
me nicht verlohren gehen. Aber es heißt auch hier
Fraudancur jure periti.
Der Prozeß ging verlohren, und zwar in allen
Inſtanzen: die Acten ſind, wegen der vielen darin
vorkommenden Allotria und alter und neuer Ge-
ſchichten gar ſehr erbaulich zu leſen. Gedruckt
haben ſie werden ſollen, und es wuͤrde auch geſche-
hen ſeyn, wenn der Buchdrucker haͤtte auf Pump
drucken, und bis ad calendas graecas mit der Be-
zahlung warten wollen. Meine Bemuͤhungen, ei-
nen Vergleich zu bewirken, waren alſo vergebens;
doch ſetzte ich meine Beſuche bey Madam fort, weil
ich wirklich viel Vergnuͤgen in ihrem Umgang fand.
Indeßen hatte Frau Ilſchnerin auch Scandal mit
ihrem Manne, und beyde Theile trugen auf Ehe-
ſcheidung an. Die Acten dieſes Prozeßes ſind auch
gar erbaulich zu leſen, und den Winter von 1800
bis 1801 durfte man nur den Univerſitaͤtskeller be-
ſuchen, um aus dem Munde eines Hn. Auſculta-
tors einen fidelen Auszug aus den die Ilſchneriſche
Eheſcheidungsſache betreffenden Acten zu hoͤren.
Der Hr. Auſcultator mogte nicht umſonſt auſcul-
tirt haben. Ehe die Scheidung wirklich erfolgte,
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/294>, abgerufen am 24.11.2024.
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