gemacht hatte. Hr. Zappe und ich saßen bey ein- ander auf dem Weinkeller, und waren vergnügt, als Schäfer sich so nach seiner dummdreisten Art bey uns eindrang, und an unserm Wein Theil nahm, welchen Hr. Zappe auch gerne hergab, da er hörte, der Zudringliche sey mein Hauswirth. Dieser, wel- cher bloß gekommen zu schmarntzen, hörte nun, Hr. Zappe sey ein Lederhändler, und machte seine Sachen so gut, daß Zappe ihm für hundert Thaler Leder zu schicken versprach, welche Schäfer auf die Ostermesse bezahlen sollte. Sie machten sogar eine Art von schriftlichem Contract. Den folgenden Tag sprach ich Hn. Zappe auf dem Löwen; er frag- te mich nach dem Credit des Großsprechers; als ich ihm aber die wahren Umstände desselben entdeck- te, dankte er mir und war froh, daß er sein Leder noch hatte. Hätte er es geschickt, so war er geprellt, wie so mancher andere.
Mit allen Leuten im Hause zankte sich Mosjeh Schäfer alle Tage, und besonders heftig, wenn er kein Geld hatte, welches dann sehr oft der Fall war. Er haßte nichts so sehr, als die Arbeit; früh, wenn er aufstand -- früh hieß aber bey Schäfer so viel als um neun oder zehn Uhr -- zog er sich schnell an, und eilte in eine Kneipe, um da sein Frühstück einzunehmen: nach Tische, das heißt nach der Zeit, wo ordentliche Leute zu essen pflegen,
gemacht hatte. Hr. Zappe und ich ſaßen bey ein- ander auf dem Weinkeller, und waren vergnuͤgt, als Schaͤfer ſich ſo nach ſeiner dummdreiſten Art bey uns eindrang, und an unſerm Wein Theil nahm, welchen Hr. Zappe auch gerne hergab, da er hoͤrte, der Zudringliche ſey mein Hauswirth. Dieſer, wel- cher bloß gekommen zu ſchmarntzen, hoͤrte nun, Hr. Zappe ſey ein Lederhaͤndler, und machte ſeine Sachen ſo gut, daß Zappe ihm fuͤr hundert Thaler Leder zu ſchicken verſprach, welche Schaͤfer auf die Oſtermeſſe bezahlen ſollte. Sie machten ſogar eine Art von ſchriftlichem Contract. Den folgenden Tag ſprach ich Hn. Zappe auf dem Loͤwen; er frag- te mich nach dem Credit des Großſprechers; als ich ihm aber die wahren Umſtaͤnde deſſelben entdeck- te, dankte er mir und war froh, daß er ſein Leder noch hatte. Haͤtte er es geſchickt, ſo war er geprellt, wie ſo mancher andere.
Mit allen Leuten im Hauſe zankte ſich Mosjeh Schaͤfer alle Tage, und beſonders heftig, wenn er kein Geld hatte, welches dann ſehr oft der Fall war. Er haßte nichts ſo ſehr, als die Arbeit; fruͤh, wenn er aufſtand — fruͤh hieß aber bey Schaͤfer ſo viel als um neun oder zehn Uhr — zog er ſich ſchnell an, und eilte in eine Kneipe, um da ſein Fruͤhſtuͤck einzunehmen: nach Tiſche, das heißt nach der Zeit, wo ordentliche Leute zu eſſen pflegen,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0238"n="230"/>
gemacht hatte. Hr. Zappe und ich ſaßen bey ein-<lb/>
ander auf dem Weinkeller, und waren vergnuͤgt,<lb/>
als Schaͤfer ſich ſo nach ſeiner dummdreiſten Art<lb/>
bey uns eindrang, und an unſerm Wein Theil nahm,<lb/>
welchen Hr. Zappe auch gerne hergab, da er hoͤrte,<lb/>
der Zudringliche ſey mein Hauswirth. Dieſer, wel-<lb/>
cher bloß gekommen zu ſchmarntzen, hoͤrte nun, Hr.<lb/>
Zappe ſey ein Lederhaͤndler, und machte ſeine<lb/>
Sachen ſo gut, daß Zappe ihm fuͤr hundert Thaler<lb/>
Leder zu ſchicken verſprach, welche Schaͤfer auf die<lb/>
Oſtermeſſe bezahlen ſollte. Sie machten ſogar eine<lb/>
Art von ſchriftlichem Contract. Den folgenden<lb/>
Tag ſprach ich Hn. Zappe auf dem Loͤwen; er frag-<lb/>
te mich nach dem Credit des Großſprechers; als<lb/>
ich ihm aber die wahren Umſtaͤnde deſſelben entdeck-<lb/>
te, dankte er mir und war froh, daß er ſein Leder<lb/>
noch hatte. Haͤtte er es geſchickt, ſo war er geprellt,<lb/>
wie ſo mancher andere.</p><lb/><p>Mit allen Leuten im Hauſe zankte ſich Mosjeh<lb/>
Schaͤfer alle Tage, und beſonders heftig, wenn er<lb/>
kein Geld hatte, welches dann ſehr oft der Fall<lb/>
war. Er haßte nichts ſo ſehr, als die Arbeit; fruͤh,<lb/>
wenn er aufſtand — fruͤh hieß aber bey Schaͤfer ſo<lb/>
viel als um neun oder zehn Uhr — zog er ſich<lb/>ſchnell an, und eilte in eine Kneipe, um da ſein<lb/>
Fruͤhſtuͤck einzunehmen: nach Tiſche, das heißt nach<lb/>
der Zeit, wo ordentliche Leute zu eſſen pflegen,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[230/0238]
gemacht hatte. Hr. Zappe und ich ſaßen bey ein-
ander auf dem Weinkeller, und waren vergnuͤgt,
als Schaͤfer ſich ſo nach ſeiner dummdreiſten Art
bey uns eindrang, und an unſerm Wein Theil nahm,
welchen Hr. Zappe auch gerne hergab, da er hoͤrte,
der Zudringliche ſey mein Hauswirth. Dieſer, wel-
cher bloß gekommen zu ſchmarntzen, hoͤrte nun, Hr.
Zappe ſey ein Lederhaͤndler, und machte ſeine
Sachen ſo gut, daß Zappe ihm fuͤr hundert Thaler
Leder zu ſchicken verſprach, welche Schaͤfer auf die
Oſtermeſſe bezahlen ſollte. Sie machten ſogar eine
Art von ſchriftlichem Contract. Den folgenden
Tag ſprach ich Hn. Zappe auf dem Loͤwen; er frag-
te mich nach dem Credit des Großſprechers; als
ich ihm aber die wahren Umſtaͤnde deſſelben entdeck-
te, dankte er mir und war froh, daß er ſein Leder
noch hatte. Haͤtte er es geſchickt, ſo war er geprellt,
wie ſo mancher andere.
Mit allen Leuten im Hauſe zankte ſich Mosjeh
Schaͤfer alle Tage, und beſonders heftig, wenn er
kein Geld hatte, welches dann ſehr oft der Fall
war. Er haßte nichts ſo ſehr, als die Arbeit; fruͤh,
wenn er aufſtand — fruͤh hieß aber bey Schaͤfer ſo
viel als um neun oder zehn Uhr — zog er ſich
ſchnell an, und eilte in eine Kneipe, um da ſein
Fruͤhſtuͤck einzunehmen: nach Tiſche, das heißt nach
der Zeit, wo ordentliche Leute zu eſſen pflegen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 5. Leipzig, 1802, S. 230. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben05_1802/238>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.