Die Gesetze, welche freye Menschen verbin- den sollen, müssen vernünftig d. i. der Wür- de des Menschen, und dem Wohl des Staats so angemessen seyn, daß alle einzelne Mitglieder ver- edelt und so viel nur immer möglich ist, versorgt und beglückt werden. Es ist hier der Ort nicht, anzugeben, wie man solche Gesetze finden müsse: das gehört in eine Abhandlung über die Legislation, den schwersten und interessantesten Punkt der ganzen Philosophie. Ich begnüge mich, nur zu sagen, daß die Grundlage jedes Gesetzes, die Würde des Menschen und das allgemeine Wohl des Staats seyn muß.
Freyheit heißt, nach solchen Gesetzen handeln zu können, und NB.handeln zu müssen, welche jeder vernünftige Bürger eines wohleinge- richteten Staates als vernünftig, d. i. mit der Würde seiner Natur und dem allgemeinen Besten seines Staates im Zusammenhang erkennen kann. Ich sage, erkennen kann: denn es giebt Dummköpfe, Egoisten, Pfaffen, Edelleute und andere, welche niemals erkennen wollen, was gut ist: mit diesen kann man nicht anders zurechte kommen, als daß man sie zur Befolgung der Gesetze zwinge.
Wenn ich die Geschichte der Philosophie recht inne hätte, so dächte ich, diesen Begriff der Frey- heit mit dem Stoischen Grundsatz: "daß jeder
Die Geſetze, welche freye Menſchen verbin- den ſollen, muͤſſen vernuͤnftig d. i. der Wuͤr- de des Menſchen, und dem Wohl des Staats ſo angemeſſen ſeyn, daß alle einzelne Mitglieder ver- edelt und ſo viel nur immer moͤglich iſt, verſorgt und begluͤckt werden. Es iſt hier der Ort nicht, anzugeben, wie man ſolche Geſetze finden muͤſſe: das gehoͤrt in eine Abhandlung uͤber die Legislation, den ſchwerſten und intereſſanteſten Punkt der ganzen Philoſophie. Ich begnuͤge mich, nur zu ſagen, daß die Grundlage jedes Geſetzes, die Wuͤrde des Menſchen und das allgemeine Wohl des Staats ſeyn muß.
Freyheit heißt, nach ſolchen Geſetzen handeln zu koͤnnen, und NB.handeln zu muͤſſen, welche jeder vernuͤnftige Buͤrger eines wohleinge- richteten Staates als vernuͤnftig, d. i. mit der Wuͤrde ſeiner Natur und dem allgemeinen Beſten ſeines Staates im Zuſammenhang erkennen kann. Ich ſage, erkennen kann: denn es giebt Dummkoͤpfe, Egoiſten, Pfaffen, Edelleute und andere, welche niemals erkennen wollen, was gut iſt: mit dieſen kann man nicht anders zurechte kommen, als daß man ſie zur Befolgung der Geſetze zwinge.
Wenn ich die Geſchichte der Philoſophie recht inne haͤtte, ſo daͤchte ich, dieſen Begriff der Frey- heit mit dem Stoiſchen Grundſatz: „daß jeder
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Die Geſetze, welche freye Menſchen verbin-
den ſollen, muͤſſen vernuͤnftig d. i. der Wuͤr-
de des Menſchen, und dem Wohl des Staats ſo
angemeſſen ſeyn, daß alle einzelne Mitglieder ver-
edelt und ſo viel nur immer moͤglich iſt,
verſorgt und begluͤckt werden. Es iſt hier der Ort
nicht, anzugeben, wie man ſolche Geſetze finden
muͤſſe: das gehoͤrt in eine Abhandlung uͤber die
Legislation, den ſchwerſten und intereſſanteſten
Punkt der ganzen Philoſophie. Ich begnuͤge mich,
nur zu ſagen, daß die Grundlage jedes Geſetzes,
die Wuͤrde des Menſchen und das allgemeine Wohl
des Staats ſeyn muß.
Freyheit heißt, nach ſolchen Geſetzen handeln
zu koͤnnen, und NB. handeln zu muͤſſen,
welche jeder vernuͤnftige Buͤrger eines wohleinge-
richteten Staates als vernuͤnftig, d. i. mit der
Wuͤrde ſeiner Natur und dem allgemeinen Beſten
ſeines Staates im Zuſammenhang erkennen
kann. Ich ſage, erkennen kann: denn es
giebt Dummkoͤpfe, Egoiſten, Pfaffen, Edelleute und
andere, welche niemals erkennen wollen, was gut iſt:
mit dieſen kann man nicht anders zurechte kommen,
als daß man ſie zur Befolgung der Geſetze zwinge.
Wenn ich die Geſchichte der Philoſophie recht
inne haͤtte, ſo daͤchte ich, dieſen Begriff der Frey-
heit mit dem Stoiſchen Grundſatz: „daß jeder
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/92>, abgerufen am 21.11.2024.
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