Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Behältnisse der Gefangenen waren am Ta-
ge nicht verschlossen, und die Gefangenen hatten
alle Freyheit, herum zu gehen und zu machen, was
sie wollten. Ich habe sogar bemerkt, daß man
ihnen den Gebrauch der Messer erlaubte. So z.
B. schufterten hier zwey Schuster für einen Mei-
ster in der Stadt, und führten alle Geräthschaften,
wie jeder andere Schuster.

Wenn es Abends dunkel ward, mußten die
Gefangenen in ihre Behältnisse, aber Simon,
der Aufwärter, vergaß oft das Einschließen, oder
er ließ sich leicht erbitten, die Thüre nur einzuhän-
gen: und dann konnte man heraus in den Hof, so
oft und so lange, als man wollte. Dieses war
uns allen willkommen: denn die damalige gewal-
tige Hitze machte, daß man die Kühle der Nacht
gern im Freyen genoß. -- Das Lager der Gefan-
genen waren Strohsäcke und Friesdecken, welche
man aber damals wegen der Hitze nicht leiden
konnte.

In dem Hofe, worin ich saß, saßen noch ohn-
gefähr 40 Mann, von welchen einige verurtheilt
waren, nach Toulon gebracht und da auf eine
bestimmte Zeit verwahrt zu werden. Unter diesen
Leuten befanden sich viele grobe Verbrecher, und
keiner schien mir, wie sie dieß sogar selbst einräum-
ten, seine Strafe nicht verdient zu haben. Drey

Die Behaͤltniſſe der Gefangenen waren am Ta-
ge nicht verſchloſſen, und die Gefangenen hatten
alle Freyheit, herum zu gehen und zu machen, was
ſie wollten. Ich habe ſogar bemerkt, daß man
ihnen den Gebrauch der Meſſer erlaubte. So z.
B. ſchufterten hier zwey Schuſter fuͤr einen Mei-
ſter in der Stadt, und fuͤhrten alle Geraͤthſchaften,
wie jeder andere Schuſter.

Wenn es Abends dunkel ward, mußten die
Gefangenen in ihre Behaͤltniſſe, aber Simon,
der Aufwaͤrter, vergaß oft das Einſchließen, oder
er ließ ſich leicht erbitten, die Thuͤre nur einzuhaͤn-
gen: und dann konnte man heraus in den Hof, ſo
oft und ſo lange, als man wollte. Dieſes war
uns allen willkommen: denn die damalige gewal-
tige Hitze machte, daß man die Kuͤhle der Nacht
gern im Freyen genoß. — Das Lager der Gefan-
genen waren Strohſaͤcke und Friesdecken, welche
man aber damals wegen der Hitze nicht leiden
konnte.

In dem Hofe, worin ich ſaß, ſaßen noch ohn-
gefaͤhr 40 Mann, von welchen einige verurtheilt
waren, nach Toulon gebracht und da auf eine
beſtimmte Zeit verwahrt zu werden. Unter dieſen
Leuten befanden ſich viele grobe Verbrecher, und
keiner ſchien mir, wie ſie dieß ſogar ſelbſt einraͤum-
ten, ſeine Strafe nicht verdient zu haben. Drey

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0006" n="2"/>
        <p>Die Beha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e der Gefangenen waren am Ta-<lb/>
ge nicht ver&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, und die Gefangenen hatten<lb/>
alle Freyheit, herum zu gehen und zu machen, was<lb/>
&#x017F;ie wollten. Ich habe &#x017F;ogar bemerkt, daß man<lb/>
ihnen den Gebrauch der Me&#x017F;&#x017F;er erlaubte. So z.<lb/>
B. &#x017F;chufterten hier zwey Schu&#x017F;ter fu&#x0364;r einen Mei-<lb/>
&#x017F;ter in der Stadt, und fu&#x0364;hrten alle Gera&#x0364;th&#x017F;chaften,<lb/>
wie jeder andere Schu&#x017F;ter.</p><lb/>
        <p>Wenn es Abends dunkel ward, mußten die<lb/>
Gefangenen in ihre Beha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;e, aber <hi rendition="#g">Simon</hi>,<lb/>
der Aufwa&#x0364;rter, vergaß oft das Ein&#x017F;chließen, oder<lb/>
er ließ &#x017F;ich leicht erbitten, die Thu&#x0364;re nur einzuha&#x0364;n-<lb/>
gen: und dann konnte man heraus in den Hof, &#x017F;o<lb/>
oft und &#x017F;o lange, als man wollte. Die&#x017F;es war<lb/>
uns allen willkommen: denn die damalige gewal-<lb/>
tige Hitze machte, daß man die Ku&#x0364;hle der Nacht<lb/>
gern im Freyen genoß. &#x2014; Das Lager der Gefan-<lb/>
genen waren Stroh&#x017F;a&#x0364;cke und Friesdecken, welche<lb/>
man aber damals wegen der Hitze nicht leiden<lb/>
konnte.</p><lb/>
        <p>In dem Hofe, worin ich &#x017F;aß, &#x017F;aßen noch ohn-<lb/>
gefa&#x0364;hr 40 Mann, von welchen einige verurtheilt<lb/>
waren, nach <hi rendition="#g">Toulon</hi> gebracht und da auf eine<lb/>
be&#x017F;timmte Zeit verwahrt zu werden. Unter die&#x017F;en<lb/>
Leuten befanden &#x017F;ich viele grobe Verbrecher, und<lb/>
keiner &#x017F;chien mir, wie &#x017F;ie dieß &#x017F;ogar &#x017F;elb&#x017F;t einra&#x0364;um-<lb/>
ten, &#x017F;eine Strafe nicht verdient zu haben. Drey<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0006] Die Behaͤltniſſe der Gefangenen waren am Ta- ge nicht verſchloſſen, und die Gefangenen hatten alle Freyheit, herum zu gehen und zu machen, was ſie wollten. Ich habe ſogar bemerkt, daß man ihnen den Gebrauch der Meſſer erlaubte. So z. B. ſchufterten hier zwey Schuſter fuͤr einen Mei- ſter in der Stadt, und fuͤhrten alle Geraͤthſchaften, wie jeder andere Schuſter. Wenn es Abends dunkel ward, mußten die Gefangenen in ihre Behaͤltniſſe, aber Simon, der Aufwaͤrter, vergaß oft das Einſchließen, oder er ließ ſich leicht erbitten, die Thuͤre nur einzuhaͤn- gen: und dann konnte man heraus in den Hof, ſo oft und ſo lange, als man wollte. Dieſes war uns allen willkommen: denn die damalige gewal- tige Hitze machte, daß man die Kuͤhle der Nacht gern im Freyen genoß. — Das Lager der Gefan- genen waren Strohſaͤcke und Friesdecken, welche man aber damals wegen der Hitze nicht leiden konnte. In dem Hofe, worin ich ſaß, ſaßen noch ohn- gefaͤhr 40 Mann, von welchen einige verurtheilt waren, nach Toulon gebracht und da auf eine beſtimmte Zeit verwahrt zu werden. Unter dieſen Leuten befanden ſich viele grobe Verbrecher, und keiner ſchien mir, wie ſie dieß ſogar ſelbſt einraͤum- ten, ſeine Strafe nicht verdient zu haben. Drey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/6
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/6>, abgerufen am 23.11.2024.