Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

zwey von ihnen in einem Hause bekannt, welches
ein altes Ehepaar ohne Kinder bewohnte. Die
Gefangnen merkten, daß die alten Leute eine Brief-
tasche voll Assignaten hatten, und beschlossen, sich
derselben zu bemeistern. Sie traten daher Abends
in das abgelegne Haus, lockten die Alten in den
Keller, um ihnen Wein zu geben, und ermordeten
sie, und nahmen die Brieftasche zu sich. Diese
Mordthat entdeckte man bald, und brachte die
Thäter nach Dijon ins Gefängniß. Man sprach
ihnen nach den Gesetzen das Todesurtheil, vollzog
es aber nicht, sondern entschied: sie sollten bis
zum Frieden sitzen bleiben, und dann dem Kaiser,
dessen Soldaten sie waren, zur Bestrafung über-
lassen werden.

Im Gefängniß bekannten sie gegen andere
Deutsche, daß sie sich kein Gewissen draus mach-
ten, Franzosen umgebracht zu haben, denn diese
verdienten nichts anders. Man muß aber wissen,
daß b[e]yde Mörder gutkatholische Christen und
Oestreicher waren. Als ich im Winter im Spital
Rousseau war, disputirte ein Kaiserlicher Unter-
offizier ganz im Ernste, daß man, ohne sich zu
versündigen, einen Franzosen tödten könnte: sie
lägen einmal im Kirchenbann, und es stände da-
her jedem frey, sie zu bestrafen bis aufs todtschla-
gen. -- Ich kann nicht sagen, ob diese blutdür-

zwey von ihnen in einem Hauſe bekannt, welches
ein altes Ehepaar ohne Kinder bewohnte. Die
Gefangnen merkten, daß die alten Leute eine Brief-
taſche voll Aſſignaten hatten, und beſchloſſen, ſich
derſelben zu bemeiſtern. Sie traten daher Abends
in das abgelegne Haus, lockten die Alten in den
Keller, um ihnen Wein zu geben, und ermordeten
ſie, und nahmen die Brieftaſche zu ſich. Dieſe
Mordthat entdeckte man bald, und brachte die
Thaͤter nach Dijon ins Gefaͤngniß. Man ſprach
ihnen nach den Geſetzen das Todesurtheil, vollzog
es aber nicht, ſondern entſchied: ſie ſollten bis
zum Frieden ſitzen bleiben, und dann dem Kaiſer,
deſſen Soldaten ſie waren, zur Beſtrafung uͤber-
laſſen werden.

Im Gefaͤngniß bekannten ſie gegen andere
Deutſche, daß ſie ſich kein Gewiſſen draus mach-
ten, Franzoſen umgebracht zu haben, denn dieſe
verdienten nichts anders. Man muß aber wiſſen,
daß b[e]yde Moͤrder gutkatholiſche Chriſten und
Oeſtreicher waren. Als ich im Winter im Spital
Rouſſeau war, diſputirte ein Kaiſerlicher Unter-
offizier ganz im Ernſte, daß man, ohne ſich zu
verſuͤndigen, einen Franzoſen toͤdten koͤnnte: ſie
laͤgen einmal im Kirchenbann, und es ſtaͤnde da-
her jedem frey, ſie zu beſtrafen bis aufs todtſchla-
gen. — Ich kann nicht ſagen, ob dieſe blutduͤr-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0041" n="37"/>
zwey von ihnen in einem Hau&#x017F;e bekannt, welches<lb/>
ein altes Ehepaar ohne Kinder bewohnte. Die<lb/>
Gefangnen merkten, daß die alten Leute eine Brief-<lb/>
ta&#x017F;che voll A&#x017F;&#x017F;ignaten hatten, und be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;ich<lb/>
der&#x017F;elben zu bemei&#x017F;tern. Sie traten daher Abends<lb/>
in das abgelegne Haus, lockten die Alten in den<lb/>
Keller, um ihnen Wein zu geben, und ermordeten<lb/>
&#x017F;ie, und nahmen die Briefta&#x017F;che zu &#x017F;ich. Die&#x017F;e<lb/>
Mordthat entdeckte man bald, und brachte die<lb/>
Tha&#x0364;ter nach Dijon ins Gefa&#x0364;ngniß. Man &#x017F;prach<lb/>
ihnen nach den Ge&#x017F;etzen das Todesurtheil, vollzog<lb/>
es aber nicht, &#x017F;ondern ent&#x017F;chied: &#x017F;ie &#x017F;ollten bis<lb/>
zum Frieden &#x017F;itzen bleiben, und dann dem Kai&#x017F;er,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Soldaten &#x017F;ie waren, zur Be&#x017F;trafung u&#x0364;ber-<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en werden.</p><lb/>
        <p>Im Gefa&#x0364;ngniß bekannten &#x017F;ie gegen andere<lb/>
Deut&#x017F;che, daß &#x017F;ie &#x017F;ich kein Gewi&#x017F;&#x017F;en draus mach-<lb/>
ten, Franzo&#x017F;en umgebracht zu haben, denn die&#x017F;e<lb/>
verdienten nichts anders. Man muß aber wi&#x017F;&#x017F;en,<lb/>
daß b<supplied>e</supplied>yde Mo&#x0364;rder gutkatholi&#x017F;che Chri&#x017F;ten und<lb/>
Oe&#x017F;treicher waren. Als ich im Winter im Spital<lb/>
Rou&#x017F;&#x017F;eau war, di&#x017F;putirte ein Kai&#x017F;erlicher Unter-<lb/>
offizier ganz im Ern&#x017F;te, daß man, ohne &#x017F;ich zu<lb/>
ver&#x017F;u&#x0364;ndigen, einen Franzo&#x017F;en to&#x0364;dten ko&#x0364;nnte: &#x017F;ie<lb/>
la&#x0364;gen einmal im Kirchenbann, und es &#x017F;ta&#x0364;nde da-<lb/>
her jedem frey, &#x017F;ie zu be&#x017F;trafen bis aufs todt&#x017F;chla-<lb/>
gen. &#x2014; Ich kann nicht &#x017F;agen, ob die&#x017F;e blutdu&#x0364;r-<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[37/0041] zwey von ihnen in einem Hauſe bekannt, welches ein altes Ehepaar ohne Kinder bewohnte. Die Gefangnen merkten, daß die alten Leute eine Brief- taſche voll Aſſignaten hatten, und beſchloſſen, ſich derſelben zu bemeiſtern. Sie traten daher Abends in das abgelegne Haus, lockten die Alten in den Keller, um ihnen Wein zu geben, und ermordeten ſie, und nahmen die Brieftaſche zu ſich. Dieſe Mordthat entdeckte man bald, und brachte die Thaͤter nach Dijon ins Gefaͤngniß. Man ſprach ihnen nach den Geſetzen das Todesurtheil, vollzog es aber nicht, ſondern entſchied: ſie ſollten bis zum Frieden ſitzen bleiben, und dann dem Kaiſer, deſſen Soldaten ſie waren, zur Beſtrafung uͤber- laſſen werden. Im Gefaͤngniß bekannten ſie gegen andere Deutſche, daß ſie ſich kein Gewiſſen draus mach- ten, Franzoſen umgebracht zu haben, denn dieſe verdienten nichts anders. Man muß aber wiſſen, daß beyde Moͤrder gutkatholiſche Chriſten und Oeſtreicher waren. Als ich im Winter im Spital Rouſſeau war, diſputirte ein Kaiſerlicher Unter- offizier ganz im Ernſte, daß man, ohne ſich zu verſuͤndigen, einen Franzoſen toͤdten koͤnnte: ſie laͤgen einmal im Kirchenbann, und es ſtaͤnde da- her jedem frey, ſie zu beſtrafen bis aufs todtſchla- gen. — Ich kann nicht ſagen, ob dieſe blutduͤr-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/41
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/41>, abgerufen am 21.11.2024.