Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

fünf Bände meiner Begebenheiten durchgelesen.
Also muß es ihnen auch angenehm seyn, zu erfah-
ren, wie Meister Laukhard, von dem sie nun, und
vielleicht auf immer, Abschied nehmen, in der Zu-
kunft zu leben gedenke. Ich hoffe, die meisten
meiner Leser werden mir es gönnen, wenn's mir
endlich einmal wohl geht, und eben daher glaube
ich auch, daß sie den mit Vernunft und Ueberlegung
angelegten Plan gewiß nicht misbilligen werden.
Wüßte ich es besser zu machen, so würde ich es
thun; aber ich weiß jezt kein besseres Mittel, mir
eine ruhige Subsistenz zu verschaffen. Ob ich aber
meine Ruhe je ganz wieder erhalten werde, ist eine
Frage, die ich mir nicht getraue, zu bejahen. Auf
mich lasten zu viel Vergehungen, zu viel dumme
Streiche, deren Rückerinnerung mit Bitterkeit ver-
[bun]den ist, und die mir, wegen meines zähen und
treuen Gedächtnisses, oft lebhaft vorkommen, und
mir mein Daseyn verkümmern, wenigstens so lange
der lebhafte Eindruck davon anhält. Das ist frei-
lich, ich fühle es tief, die natürlichste Folge der
Sünde, welche nicht ausbleiben kann, und die
auch kein Gott wegschaffen kann. Solche Strafen
währen auch ewig, d. i. so lange die Seele ihr Er-
innerungsvermögen behält. Ich werde zu seiner Zeit
über diese Materie, wovon ich so traurige Erfah-
rungen selbst längst gemacht habe und täglich noch

fuͤnf Baͤnde meiner Begebenheiten durchgeleſen.
Alſo muß es ihnen auch angenehm ſeyn, zu erfah-
ren, wie Meiſter Laukhard, von dem ſie nun, und
vielleicht auf immer, Abſchied nehmen, in der Zu-
kunft zu leben gedenke. Ich hoffe, die meiſten
meiner Leſer werden mir es goͤnnen, wenn's mir
endlich einmal wohl geht, und eben daher glaube
ich auch, daß ſie den mit Vernunft und Ueberlegung
angelegten Plan gewiß nicht misbilligen werden.
Wuͤßte ich es beſſer zu machen, ſo wuͤrde ich es
thun; aber ich weiß jezt kein beſſeres Mittel, mir
eine ruhige Subſiſtenz zu verſchaffen. Ob ich aber
meine Ruhe je ganz wieder erhalten werde, iſt eine
Frage, die ich mir nicht getraue, zu bejahen. Auf
mich laſten zu viel Vergehungen, zu viel dumme
Streiche, deren Ruͤckerinnerung mit Bitterkeit ver-
[bun]den iſt, und die mir, wegen meines zaͤhen und
treuen Gedaͤchtniſſes, oft lebhaft vorkommen, und
mir mein Daſeyn verkuͤmmern, wenigſtens ſo lange
der lebhafte Eindruck davon anhaͤlt. Das iſt frei-
lich, ich fuͤhle es tief, die natuͤrlichſte Folge der
Suͤnde, welche nicht ausbleiben kann, und die
auch kein Gott wegſchaffen kann. Solche Strafen
waͤhren auch ewig, d. i. ſo lange die Seele ihr Er-
innerungsvermoͤgen behaͤlt. Ich werde zu ſeiner Zeit
uͤber dieſe Materie, wovon ich ſo traurige Erfah-
rungen ſelbſt laͤngſt gemacht habe und taͤglich noch

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0364" n="360"/>
fu&#x0364;nf Ba&#x0364;nde meiner Begebenheiten durchgele&#x017F;en.<lb/>
Al&#x017F;o muß es ihnen auch angenehm &#x017F;eyn, zu erfah-<lb/>
ren, wie Mei&#x017F;ter Laukhard, von dem &#x017F;ie nun, und<lb/>
vielleicht auf immer, Ab&#x017F;chied nehmen, in der Zu-<lb/>
kunft zu leben gedenke. Ich hoffe, die mei&#x017F;ten<lb/>
meiner Le&#x017F;er werden mir es go&#x0364;nnen, wenn's mir<lb/>
endlich einmal wohl geht, und eben daher glaube<lb/>
ich auch, daß &#x017F;ie den mit Vernunft und Ueberlegung<lb/>
angelegten Plan gewiß nicht misbilligen werden.<lb/>
Wu&#x0364;ßte ich es be&#x017F;&#x017F;er zu machen, &#x017F;o wu&#x0364;rde ich es<lb/>
thun; aber ich weiß jezt kein be&#x017F;&#x017F;eres Mittel, mir<lb/>
eine ruhige Sub&#x017F;i&#x017F;tenz zu ver&#x017F;chaffen. Ob ich aber<lb/>
meine Ruhe je ganz wieder erhalten werde, i&#x017F;t eine<lb/>
Frage, die ich mir nicht getraue, zu bejahen. Auf<lb/>
mich la&#x017F;ten zu viel Vergehungen, zu viel dumme<lb/>
Streiche, deren Ru&#x0364;ckerinnerung mit Bitterkeit ver-<lb/><supplied>bun</supplied>den i&#x017F;t, und die mir, wegen meines za&#x0364;hen und<lb/>
treuen Geda&#x0364;chtni&#x017F;&#x017F;es, oft lebhaft vorkommen, und<lb/>
mir mein Da&#x017F;eyn verku&#x0364;mmern, wenig&#x017F;tens &#x017F;o lange<lb/>
der lebhafte Eindruck davon anha&#x0364;lt. Das i&#x017F;t frei-<lb/>
lich, ich fu&#x0364;hle es tief, die natu&#x0364;rlich&#x017F;te Folge der<lb/>
Su&#x0364;nde, welche nicht ausbleiben kann, und die<lb/>
auch kein Gott weg&#x017F;chaffen kann. Solche Strafen<lb/>
wa&#x0364;hren auch ewig, d. i. &#x017F;o lange die Seele ihr Er-<lb/>
innerungsvermo&#x0364;gen beha&#x0364;lt. Ich werde zu &#x017F;einer Zeit<lb/>
u&#x0364;ber die&#x017F;e Materie, wovon ich &#x017F;o traurige Erfah-<lb/>
rungen &#x017F;elb&#x017F;t la&#x0364;ng&#x017F;t gemacht habe und ta&#x0364;glich noch<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[360/0364] fuͤnf Baͤnde meiner Begebenheiten durchgeleſen. Alſo muß es ihnen auch angenehm ſeyn, zu erfah- ren, wie Meiſter Laukhard, von dem ſie nun, und vielleicht auf immer, Abſchied nehmen, in der Zu- kunft zu leben gedenke. Ich hoffe, die meiſten meiner Leſer werden mir es goͤnnen, wenn's mir endlich einmal wohl geht, und eben daher glaube ich auch, daß ſie den mit Vernunft und Ueberlegung angelegten Plan gewiß nicht misbilligen werden. Wuͤßte ich es beſſer zu machen, ſo wuͤrde ich es thun; aber ich weiß jezt kein beſſeres Mittel, mir eine ruhige Subſiſtenz zu verſchaffen. Ob ich aber meine Ruhe je ganz wieder erhalten werde, iſt eine Frage, die ich mir nicht getraue, zu bejahen. Auf mich laſten zu viel Vergehungen, zu viel dumme Streiche, deren Ruͤckerinnerung mit Bitterkeit ver- bunden iſt, und die mir, wegen meines zaͤhen und treuen Gedaͤchtniſſes, oft lebhaft vorkommen, und mir mein Daſeyn verkuͤmmern, wenigſtens ſo lange der lebhafte Eindruck davon anhaͤlt. Das iſt frei- lich, ich fuͤhle es tief, die natuͤrlichſte Folge der Suͤnde, welche nicht ausbleiben kann, und die auch kein Gott wegſchaffen kann. Solche Strafen waͤhren auch ewig, d. i. ſo lange die Seele ihr Er- innerungsvermoͤgen behaͤlt. Ich werde zu ſeiner Zeit uͤber dieſe Materie, wovon ich ſo traurige Erfah- rungen ſelbſt laͤngſt gemacht habe und taͤglich noch

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/364
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/364>, abgerufen am 22.11.2024.