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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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schrecklichen Augenblick, den wir Tod nennen,
einigermaßen vermindern: Und das ist viel: denn
Felix, qui -- -- -- -- -- --
-- -- -- inexorabile fatum
Subjecit pedibus, strepitumque Acherontis avari.

Ich saß neben seinem Bette: da fragte er
mich:

Krüger: Glauben Sie nicht, lieber Lauk-
hard, daß, wer sich so recht innig von der Unsterb-
lichkeit der Seele überzeugt hat, ganz ruhig sterben
könne?

Ich: Weiß nicht recht! denn es scheint mir,
daß die Ueberzeugung von der Unsterblichkeit der
Seele, so wie die Theologen sie behaupten, nur
auf Gründen beruhe, die von einer Offenbarung,
einem göttlichen Gericht, Himmel, Hölle und an-
dern solchen Dingen hergenommen sind; daß also
der Mensch, der -- theologisch zu sprechen --
unmöglich wissen kann, ob er in der andern Welt
im Himmel oder in der Hölle fortdauern werde,
immer mit einer gewissen Furcht dieß Leben ver-
lassen müsse.

Krüger: Eben das ist auch meine Meynung!
Aber was kümmern uns die Theologen und ihre
Grillen! Ich habe, seitdem ich dem Tode so nahe
gekommen bin, über Unsterblichkeit fleißig nach-
gedacht, aber für mich nichts gefunden, das ich

ſchrecklichen Augenblick, den wir Tod nennen,
einigermaßen vermindern: Und das iſt viel: denn
Felix, qui — — — — — —
— — — inexorabile fatum
Subjecit pedibus, ſtrepitumque Acherontis avari.

Ich ſaß neben ſeinem Bette: da fragte er
mich:

Kruͤger: Glauben Sie nicht, lieber Lauk-
hard, daß, wer ſich ſo recht innig von der Unſterb-
lichkeit der Seele uͤberzeugt hat, ganz ruhig ſterben
koͤnne?

Ich: Weiß nicht recht! denn es ſcheint mir,
daß die Ueberzeugung von der Unſterblichkeit der
Seele, ſo wie die Theologen ſie behaupten, nur
auf Gruͤnden beruhe, die von einer Offenbarung,
einem goͤttlichen Gericht, Himmel, Hoͤlle und an-
dern ſolchen Dingen hergenommen ſind; daß alſo
der Menſch, der — theologiſch zu ſprechen —
unmoͤglich wiſſen kann, ob er in der andern Welt
im Himmel oder in der Hoͤlle fortdauern werde,
immer mit einer gewiſſen Furcht dieß Leben ver-
laſſen muͤſſe.

Kruͤger: Eben das iſt auch meine Meynung!
Aber was kuͤmmern uns die Theologen und ihre
Grillen! Ich habe, ſeitdem ich dem Tode ſo nahe
gekommen bin, uͤber Unſterblichkeit fleißig nach-
gedacht, aber fuͤr mich nichts gefunden, das ich

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[336/0340] ſchrecklichen Augenblick, den wir Tod nennen, einigermaßen vermindern: Und das iſt viel: denn Felix, qui — — — — — — — — — inexorabile fatum Subjecit pedibus, ſtrepitumque Acherontis avari. Ich ſaß neben ſeinem Bette: da fragte er mich: Kruͤger: Glauben Sie nicht, lieber Lauk- hard, daß, wer ſich ſo recht innig von der Unſterb- lichkeit der Seele uͤberzeugt hat, ganz ruhig ſterben koͤnne? Ich: Weiß nicht recht! denn es ſcheint mir, daß die Ueberzeugung von der Unſterblichkeit der Seele, ſo wie die Theologen ſie behaupten, nur auf Gruͤnden beruhe, die von einer Offenbarung, einem goͤttlichen Gericht, Himmel, Hoͤlle und an- dern ſolchen Dingen hergenommen ſind; daß alſo der Menſch, der — theologiſch zu ſprechen — unmoͤglich wiſſen kann, ob er in der andern Welt im Himmel oder in der Hoͤlle fortdauern werde, immer mit einer gewiſſen Furcht dieß Leben ver- laſſen muͤſſe. Kruͤger: Eben das iſt auch meine Meynung! Aber was kuͤmmern uns die Theologen und ihre Grillen! Ich habe, ſeitdem ich dem Tode ſo nahe gekommen bin, uͤber Unſterblichkeit fleißig nach- gedacht, aber fuͤr mich nichts gefunden, das ich

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/340>, abgerufen am 30.06.2024.