daß er seine Heurath dennoch hat vollziehen wollen. Allein er wurde, sehr wahrscheinlich auf Anstiften des elenden, niedrigen Buben, in einem öffentli- chen Wirthshause von der ehemaligen Aufführung seines Mädchens lügenhaft unterrichtet, und oben- drein durch allerley spöttische Anmerkungen ge- kränkt. Nun konnte er freilich, wenn er anders seine Ehre schonen wollte, an diese Verbindung weiter nicht denken: er brach also davon ab und kündigte der Verläumdeten die Heurath auf. Wie tief der Vater gebeugt, und wie arg das gute Mädchen beschimpft und im ganzen Schwa- benlande verschrieen worden sey, kann man sich vorstellen. Ich besitze noch einen Feuerstahl, den mir das sonst edle Mädchen geschenkt hat, und so oft ich Feuer anschlage, denke ich mit Rührung die- ser Geschichte.
Sollte mein Buch von jungen Mächen gelesen werden, so kann ihnen diese Geschichte zur War- nung dienen, daß sie sich nicht, wie's gewöhnlich zu gehen pflegt, mit jedem schönthuenden Laffen einlassen, Briefe an sie schreiben, und so ihr künfti- ges Glück nicht untergraben. So ein Schlapps gau- dirt sich hernach noch obendrein, wenn er ein gutes, unschuldiges Mädchen in Schimpf und Schande gebracht hat. Man erfährt dieß ja in Städten, wo das junge Studenten- und Soldatenvolk die Mo-
daß er ſeine Heurath dennoch hat vollziehen wollen. Allein er wurde, ſehr wahrſcheinlich auf Anſtiften des elenden, niedrigen Buben, in einem oͤffentli- chen Wirthshauſe von der ehemaligen Auffuͤhrung ſeines Maͤdchens luͤgenhaft unterrichtet, und oben- drein durch allerley ſpoͤttiſche Anmerkungen ge- kraͤnkt. Nun konnte er freilich, wenn er anders ſeine Ehre ſchonen wollte, an dieſe Verbindung weiter nicht denken: er brach alſo davon ab und kuͤndigte der Verlaͤumdeten die Heurath auf. Wie tief der Vater gebeugt, und wie arg das gute Maͤdchen beſchimpft und im ganzen Schwa- benlande verſchrieen worden ſey, kann man ſich vorſtellen. Ich beſitze noch einen Feuerſtahl, den mir das ſonſt edle Maͤdchen geſchenkt hat, und ſo oft ich Feuer anſchlage, denke ich mit Ruͤhrung die- ſer Geſchichte.
Sollte mein Buch von jungen Maͤchen geleſen werden, ſo kann ihnen dieſe Geſchichte zur War- nung dienen, daß ſie ſich nicht, wie's gewoͤhnlich zu gehen pflegt, mit jedem ſchoͤnthuenden Laffen einlaſſen, Briefe an ſie ſchreiben, und ſo ihr kuͤnfti- ges Gluͤck nicht untergraben. So ein Schlapps gau- dirt ſich hernach noch obendrein, wenn er ein gutes, unſchuldiges Maͤdchen in Schimpf und Schande gebracht hat. Man erfaͤhrt dieß ja in Staͤdten, wo das junge Studenten- und Soldatenvolk die Mo-
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daß er ſeine Heurath dennoch hat vollziehen wollen.
Allein er wurde, ſehr wahrſcheinlich auf Anſtiften
des elenden, niedrigen Buben, in einem oͤffentli-
chen Wirthshauſe von der ehemaligen Auffuͤhrung
ſeines Maͤdchens luͤgenhaft unterrichtet, und oben-
drein durch allerley ſpoͤttiſche Anmerkungen ge-
kraͤnkt. Nun konnte er freilich, wenn er anders
ſeine Ehre ſchonen wollte, an dieſe Verbindung
weiter nicht denken: er brach alſo davon ab und
kuͤndigte der Verlaͤumdeten die Heurath auf.
Wie tief der Vater gebeugt, und wie arg das
gute Maͤdchen beſchimpft und im ganzen Schwa-
benlande verſchrieen worden ſey, kann man ſich
vorſtellen. Ich beſitze noch einen Feuerſtahl, den
mir das ſonſt edle Maͤdchen geſchenkt hat, und ſo
oft ich Feuer anſchlage, denke ich mit Ruͤhrung die-
ſer Geſchichte.
Sollte mein Buch von jungen Maͤchen geleſen
werden, ſo kann ihnen dieſe Geſchichte zur War-
nung dienen, daß ſie ſich nicht, wie's gewoͤhnlich
zu gehen pflegt, mit jedem ſchoͤnthuenden Laffen
einlaſſen, Briefe an ſie ſchreiben, und ſo ihr kuͤnfti-
ges Gluͤck nicht untergraben. So ein Schlapps gau-
dirt ſich hernach noch obendrein, wenn er ein gutes,
unſchuldiges Maͤdchen in Schimpf und Schande
gebracht hat. Man erfaͤhrt dieß ja in Staͤdten,
wo das junge Studenten- und Soldatenvolk die Mo-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 229. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/233>, abgerufen am 24.11.2024.
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