"Man preißt den Luther hoch und theu'r, Daß er den Papst beschränkte: Wer schenkt uns einen Luther heu'r, Der manchen Sultan lenkte! Denn Fesseln drücken immerdar, Es lege sie ein Gregor an, Ein Calvin, Sultan oder Zaar, Migazzi, oder Kerim-Chan, Sie drücken hart und schänden drein Den Kärkermeister auf dem Thron. Und doch will keiner Henker seyn, Und jeder bebt vor Ludwigs Lohn: *) O tempora, o mores!"
Vier und funfzigstes Kapitel.
Fortsetzung.
Unsre Compagnie blieb bis den 9ten Jun in Frey- stätt, worauf wir ein Lager oberhalb Kehl, nicht weit vom Rhein, bey den Dörfern Marlen und Goldscheier bezogen, und daselbst bis den 9ten Jul stehen blieben. Vom Lager aus, worin ich wenig zu thun hatte, besuchte ich meine Freunde oft, und hatte oft selbst Besuche, weil ich anfieng,
*)LudwigsXVI, oder des Guillotinirten.
„Sehr inkonſequent!“
„Man preißt den Luther hoch und theu'r, Daß er den Papſt beſchraͤnkte: Wer ſchenkt uns einen Luther heu'r, Der manchen Sultan lenkte! Denn Feſſeln druͤcken immerdar, Es lege ſie ein Gregor an, Ein Calvin, Sultan oder Zaar, Migazzi, oder Kerim-Chan, Sie druͤcken hart und ſchaͤnden drein Den Kaͤrkermeiſter auf dem Thron. Und doch will keiner Henker ſeyn, Und jeder bebt vor Ludwigs Lohn: *) O tempora, o mores!“
Vier und funfzigſtes Kapitel.
Fortſetzung.
Unſre Compagnie blieb bis den 9ten Jun in Frey- ſtaͤtt, worauf wir ein Lager oberhalb Kehl, nicht weit vom Rhein, bey den Doͤrfern Marlen und Goldſcheier bezogen, und daſelbſt bis den 9ten Jul ſtehen blieben. Vom Lager aus, worin ich wenig zu thun hatte, beſuchte ich meine Freunde oft, und hatte oft ſelbſt Beſuche, weil ich anfieng,
*)LudwigsXVI, oder des Guillotinirten.
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„Sehr inkonſequent!“
„Man preißt den Luther hoch und theu'r,
Daß er den Papſt beſchraͤnkte:
Wer ſchenkt uns einen Luther heu'r,
Der manchen Sultan lenkte!
Denn Feſſeln druͤcken immerdar,
Es lege ſie ein Gregor an,
Ein Calvin, Sultan oder Zaar,
Migazzi, oder Kerim-Chan,
Sie druͤcken hart und ſchaͤnden drein
Den Kaͤrkermeiſter auf dem Thron.
Und doch will keiner Henker ſeyn,
Und jeder bebt vor Ludwigs Lohn: *)
O tempora, o mores!“
Vier und funfzigſtes Kapitel.
Fortſetzung.
Unſre Compagnie blieb bis den 9ten Jun in Frey-
ſtaͤtt, worauf wir ein Lager oberhalb Kehl, nicht
weit vom Rhein, bey den Doͤrfern Marlen und
Goldſcheier bezogen, und daſelbſt bis den 9ten
Jul ſtehen blieben. Vom Lager aus, worin ich
wenig zu thun hatte, beſuchte ich meine Freunde
oft, und hatte oft ſelbſt Beſuche, weil ich anfieng,
*) Ludwigs XVI, oder des Guillotinirten.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 220. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/224>, abgerufen am 16.02.2025.
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