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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

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abschneiden. Als ich ihm aber sagte, daß ich kein
Geld anwenden würde, neue zu kaufen, so gab er
mir einen neuen Thaler, und ich schnitt die Knö-
pfe ab.

Wir erhielten täglich zur Löhnung, der gemeine
16, der Korporal 24 Kreuzer, und jeder 6 Kreu-
zer Brodgeld, welches indeß wegen der großen
Theurung nicht zureichte. Damit aber die Leute
ihr Geld nicht auf einmal versaufen sollten, so gab
man ihnen die Löhnung jeden Tag früh. Dieses
Geschäft hatte ich und drey Kameraden, die auch
den hohen Korporalsposten bekleideten, über uns.
Da die Mannschaft nichts zu thun hatte, so ver-
soffen die Kerls ihre Löhnung in Wein, aßen et-
was Brod dazu und legten sich hernach auf die Bä-
renhaut schlafen, oder gingen auf die nächsten
Dörfer stehlen und rauben. Es ist ganz unbe-
schreiblich, wie verhaßt das Gesindel der Emigran-
ten, und ihre Truppen in den Gegenden des Ober-
rheins, wegen ihres Stehlens und Raubens, ge-
worden sind. Wer nur ihren Namen nennt, setzt
das Epithetum: Spitzbube, Galgenstrick, Hol-
lunke oder sonst einen Ehrentitel dieser Art hinzu!
Ich könnte mehrere Stückchen davon anführen,
aber wozu? Die Wichte sind in ganz Deutschland
bekannt genug, und jeder, der sie etwas kennt,
weiß auch, daß nichts so niederträchtig, so schlecht

abſchneiden. Als ich ihm aber ſagte, daß ich kein
Geld anwenden wuͤrde, neue zu kaufen, ſo gab er
mir einen neuen Thaler, und ich ſchnitt die Knoͤ-
pfe ab.

Wir erhielten taͤglich zur Loͤhnung, der gemeine
16, der Korporal 24 Kreuzer, und jeder 6 Kreu-
zer Brodgeld, welches indeß wegen der großen
Theurung nicht zureichte. Damit aber die Leute
ihr Geld nicht auf einmal verſaufen ſollten, ſo gab
man ihnen die Loͤhnung jeden Tag fruͤh. Dieſes
Geſchaͤft hatte ich und drey Kameraden, die auch
den hohen Korporalspoſten bekleideten, uͤber uns.
Da die Mannſchaft nichts zu thun hatte, ſo ver-
ſoffen die Kerls ihre Loͤhnung in Wein, aßen et-
was Brod dazu und legten ſich hernach auf die Baͤ-
renhaut ſchlafen, oder gingen auf die naͤchſten
Doͤrfer ſtehlen und rauben. Es iſt ganz unbe-
ſchreiblich, wie verhaßt das Geſindel der Emigran-
ten, und ihre Truppen in den Gegenden des Ober-
rheins, wegen ihres Stehlens und Raubens, ge-
worden ſind. Wer nur ihren Namen nennt, ſetzt
das Epithetum: Spitzbube, Galgenſtrick, Hol-
lunke oder ſonſt einen Ehrentitel dieſer Art hinzu!
Ich koͤnnte mehrere Stuͤckchen davon anfuͤhren,
aber wozu? Die Wichte ſind in ganz Deutſchland
bekannt genug, und jeder, der ſie etwas kennt,
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[187/0191] abſchneiden. Als ich ihm aber ſagte, daß ich kein Geld anwenden wuͤrde, neue zu kaufen, ſo gab er mir einen neuen Thaler, und ich ſchnitt die Knoͤ- pfe ab. Wir erhielten taͤglich zur Loͤhnung, der gemeine 16, der Korporal 24 Kreuzer, und jeder 6 Kreu- zer Brodgeld, welches indeß wegen der großen Theurung nicht zureichte. Damit aber die Leute ihr Geld nicht auf einmal verſaufen ſollten, ſo gab man ihnen die Loͤhnung jeden Tag fruͤh. Dieſes Geſchaͤft hatte ich und drey Kameraden, die auch den hohen Korporalspoſten bekleideten, uͤber uns. Da die Mannſchaft nichts zu thun hatte, ſo ver- ſoffen die Kerls ihre Loͤhnung in Wein, aßen et- was Brod dazu und legten ſich hernach auf die Baͤ- renhaut ſchlafen, oder gingen auf die naͤchſten Doͤrfer ſtehlen und rauben. Es iſt ganz unbe- ſchreiblich, wie verhaßt das Geſindel der Emigran- ten, und ihre Truppen in den Gegenden des Ober- rheins, wegen ihres Stehlens und Raubens, ge- worden ſind. Wer nur ihren Namen nennt, ſetzt das Epithetum: Spitzbube, Galgenſtrick, Hol- lunke oder ſonſt einen Ehrentitel dieſer Art hinzu! Ich koͤnnte mehrere Stuͤckchen davon anfuͤhren, aber wozu? Die Wichte ſind in ganz Deutſchland bekannt genug, und jeder, der ſie etwas kennt, weiß auch, daß nichts ſo niedertraͤchtig, ſo ſchlecht

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 187. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/191>, abgerufen am 24.11.2024.