Aber es emigrirten auch Viele im Jahre 1793, als die deutschen Truppen sich so bald aus dem El- saß zurücktrollen mußten. Vorzüglich trug sich das in jenen Herrschaften zu, welche zwar unter französischer Hoheit standen, aber doch andern deutschen Fürsten, Herren, Grafen u. s. w. zuge- hörten. Dieß war der Fall bey den Elsasser-Un- terthanen des Landgrafen von Hessen-Darmstadt, des Bischofs von Strasburg, Basel u. s. w.
Auch aus jenen Oertern, welche unmittelbar französisch waren, ging eine starke Emigration vor sich, als eben die Deutschen sich zurückzogen. Die Deutschen hatten nämlich den Leuten weis ge- macht, daß, ob sie gleich auf eine kurze Zeit weg müßten, doch nächstens wiederkommen, und alles, was den Rebellen anhinge, mit Feuer und Schwerdt zerstören würden. Das hatten die kurzsichtigen und erschrockenen Leute geglaubt, und waren, um den Deutschen zu hofiren, abgezogen -- in Hoff- nung besserer Zeiten durch die prahlhaften Deut- schen.
Auch trug das Betragen vieler Franzosen selbst nicht wenig bey, die Leute in Furcht zu jagen. Wenn sie irgend wohin kamen, wo sonst Deutsche gestanden waren, so verfuhren sie mit den Leuten sehr hart, schalten sie Aristokraten, und machten ihnen selbst kleine Dienste, die sie dem Feinde er-
Aber es emigrirten auch Viele im Jahre 1793, als die deutſchen Truppen ſich ſo bald aus dem El- ſaß zuruͤcktrollen mußten. Vorzuͤglich trug ſich das in jenen Herrſchaften zu, welche zwar unter franzoͤſiſcher Hoheit ſtanden, aber doch andern deutſchen Fuͤrſten, Herren, Grafen u. ſ. w. zuge- hoͤrten. Dieß war der Fall bey den Elſaſſer-Un- terthanen des Landgrafen von Heſſen-Darmſtadt, des Biſchofs von Strasburg, Baſel u. ſ. w.
Auch aus jenen Oertern, welche unmittelbar franzoͤſiſch waren, ging eine ſtarke Emigration vor ſich, als eben die Deutſchen ſich zuruͤckzogen. Die Deutſchen hatten naͤmlich den Leuten weis ge- macht, daß, ob ſie gleich auf eine kurze Zeit weg muͤßten, doch naͤchſtens wiederkommen, und alles, was den Rebellen anhinge, mit Feuer und Schwerdt zerſtoͤren wuͤrden. Das hatten die kurzſichtigen und erſchrockenen Leute geglaubt, und waren, um den Deutſchen zu hofiren, abgezogen — in Hoff- nung beſſerer Zeiten durch die prahlhaften Deut- ſchen.
Auch trug das Betragen vieler Franzoſen ſelbſt nicht wenig bey, die Leute in Furcht zu jagen. Wenn ſie irgend wohin kamen, wo ſonſt Deutſche geſtanden waren, ſo verfuhren ſie mit den Leuten ſehr hart, ſchalten ſie Ariſtokraten, und machten ihnen ſelbſt kleine Dienſte, die ſie dem Feinde er-
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0159"n="155"/><p>Aber es emigrirten auch Viele im Jahre 1793,<lb/>
als die deutſchen Truppen ſich ſo bald aus dem El-<lb/>ſaß zuruͤcktrollen mußten. Vorzuͤglich trug ſich<lb/>
das in jenen Herrſchaften zu, welche zwar unter<lb/>
franzoͤſiſcher Hoheit ſtanden, aber doch andern<lb/>
deutſchen Fuͤrſten, Herren, Grafen u. ſ. w. zuge-<lb/>
hoͤrten. Dieß war der Fall bey den Elſaſſer-Un-<lb/>
terthanen des Landgrafen von Heſſen-Darmſtadt,<lb/>
des Biſchofs von Strasburg, Baſel u. ſ. w.</p><lb/><p>Auch aus jenen Oertern, welche unmittelbar<lb/>
franzoͤſiſch waren, ging eine ſtarke Emigration vor<lb/>ſich, als eben die Deutſchen ſich zuruͤckzogen.<lb/>
Die Deutſchen hatten naͤmlich den Leuten weis ge-<lb/>
macht, daß, ob ſie gleich auf eine kurze Zeit weg<lb/>
muͤßten, doch naͤchſtens wiederkommen, und alles,<lb/>
was den Rebellen anhinge, mit Feuer und Schwerdt<lb/>
zerſtoͤren wuͤrden. Das hatten die kurzſichtigen<lb/>
und erſchrockenen Leute geglaubt, und waren, um<lb/>
den Deutſchen zu hofiren, abgezogen — in Hoff-<lb/>
nung beſſerer Zeiten durch die prahlhaften Deut-<lb/>ſchen.</p><lb/><p>Auch trug das Betragen vieler Franzoſen ſelbſt<lb/>
nicht wenig bey, die Leute in Furcht zu jagen.<lb/>
Wenn ſie irgend wohin kamen, wo ſonſt Deutſche<lb/>
geſtanden waren, ſo verfuhren ſie mit den Leuten<lb/>ſehr hart, ſchalten ſie Ariſtokraten, und machten<lb/>
ihnen ſelbſt kleine Dienſte, die ſie dem Feinde er-<lb/></p></div></body></text></TEI>
[155/0159]
Aber es emigrirten auch Viele im Jahre 1793,
als die deutſchen Truppen ſich ſo bald aus dem El-
ſaß zuruͤcktrollen mußten. Vorzuͤglich trug ſich
das in jenen Herrſchaften zu, welche zwar unter
franzoͤſiſcher Hoheit ſtanden, aber doch andern
deutſchen Fuͤrſten, Herren, Grafen u. ſ. w. zuge-
hoͤrten. Dieß war der Fall bey den Elſaſſer-Un-
terthanen des Landgrafen von Heſſen-Darmſtadt,
des Biſchofs von Strasburg, Baſel u. ſ. w.
Auch aus jenen Oertern, welche unmittelbar
franzoͤſiſch waren, ging eine ſtarke Emigration vor
ſich, als eben die Deutſchen ſich zuruͤckzogen.
Die Deutſchen hatten naͤmlich den Leuten weis ge-
macht, daß, ob ſie gleich auf eine kurze Zeit weg
muͤßten, doch naͤchſtens wiederkommen, und alles,
was den Rebellen anhinge, mit Feuer und Schwerdt
zerſtoͤren wuͤrden. Das hatten die kurzſichtigen
und erſchrockenen Leute geglaubt, und waren, um
den Deutſchen zu hofiren, abgezogen — in Hoff-
nung beſſerer Zeiten durch die prahlhaften Deut-
ſchen.
Auch trug das Betragen vieler Franzoſen ſelbſt
nicht wenig bey, die Leute in Furcht zu jagen.
Wenn ſie irgend wohin kamen, wo ſonſt Deutſche
geſtanden waren, ſo verfuhren ſie mit den Leuten
ſehr hart, ſchalten ſie Ariſtokraten, und machten
ihnen ſelbſt kleine Dienſte, die ſie dem Feinde er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/159>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.