Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797.

Bild:
<< vorherige Seite

Drohungen, u. d. gl. zum Geständniß eines Ver-
brechens zu bewegen. Allein auf diese Weise wür-
de ein boshafter Verbrecher in Frankreich nie kön-
nen gestraft werden, wenn man, wie noch in den
meisten Provinzen Deutschlands, das eigne Ge-
ständniß des Verbrechers für ein nothwendiges Er-
forderniß zur Gültigkeit eines rechtlichen Aus-
spruchs halten wollte. Daher ist jezt in Frankreich
festgesezt, daß wenn das Verbrechen hinlänglich
bewiesen ist, man sofort zum Spruche schreiten
könne, ohne das eigne Geständniß durch gewalt-
same Mittel herauszubringen.

Im Preußischen hat man den Gebrauch der
Folter schon lange unterlassen, aber um das Ge-
ständniß einer Uebelthat herauszuholen, hat man
sich oft solcher Mittel bedient, welche von der Fol-
ter wenig verschieden sind. Ich will hier zwey
Fälle von der Art anführen, welche zwar nicht an
ihrem rechten Orte sind, aber doch beweisen, wie
behutsam man bey Untersuchung der kriminalen
Wahrheit verfahren müsse. Ich habe beyde Fälle
in Halle selbst erlebt.

Einige Bauern hatten an ihrem Wagen einen
Kober gebunden, welcher von zwey Soldaten ab-
geschnitten und gestohlen wurde. In diesem Kober
befanden sich 20 Thaler an Gelde. Die Soldaten
waren zwar gesehen, aber nicht erkannt worden.

Drohungen, u. d. gl. zum Geſtaͤndniß eines Ver-
brechens zu bewegen. Allein auf dieſe Weiſe wuͤr-
de ein boshafter Verbrecher in Frankreich nie koͤn-
nen geſtraft werden, wenn man, wie noch in den
meiſten Provinzen Deutſchlands, das eigne Ge-
ſtaͤndniß des Verbrechers fuͤr ein nothwendiges Er-
forderniß zur Guͤltigkeit eines rechtlichen Aus-
ſpruchs halten wollte. Daher iſt jezt in Frankreich
feſtgeſezt, daß wenn das Verbrechen hinlaͤnglich
bewieſen iſt, man ſofort zum Spruche ſchreiten
koͤnne, ohne das eigne Geſtaͤndniß durch gewalt-
ſame Mittel herauszubringen.

Im Preußiſchen hat man den Gebrauch der
Folter ſchon lange unterlaſſen, aber um das Ge-
ſtaͤndniß einer Uebelthat herauszuholen, hat man
ſich oft ſolcher Mittel bedient, welche von der Fol-
ter wenig verſchieden ſind. Ich will hier zwey
Faͤlle von der Art anfuͤhren, welche zwar nicht an
ihrem rechten Orte ſind, aber doch beweiſen, wie
behutſam man bey Unterſuchung der kriminalen
Wahrheit verfahren muͤſſe. Ich habe beyde Faͤlle
in Halle ſelbſt erlebt.

Einige Bauern hatten an ihrem Wagen einen
Kober gebunden, welcher von zwey Soldaten ab-
geſchnitten und geſtohlen wurde. In dieſem Kober
befanden ſich 20 Thaler an Gelde. Die Soldaten
waren zwar geſehen, aber nicht erkannt worden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0113" n="109"/>
Drohungen, u. d. gl. zum Ge&#x017F;ta&#x0364;ndniß eines Ver-<lb/>
brechens zu bewegen. Allein auf die&#x017F;e Wei&#x017F;e wu&#x0364;r-<lb/>
de ein boshafter Verbrecher in Frankreich nie ko&#x0364;n-<lb/>
nen ge&#x017F;traft werden, wenn man, wie noch in den<lb/>
mei&#x017F;ten Provinzen Deut&#x017F;chlands, das eigne Ge-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndniß des Verbrechers fu&#x0364;r ein nothwendiges Er-<lb/>
forderniß zur Gu&#x0364;ltigkeit eines rechtlichen Aus-<lb/>
&#x017F;pruchs halten wollte. Daher i&#x017F;t jezt in Frankreich<lb/>
fe&#x017F;tge&#x017F;ezt, daß wenn das Verbrechen hinla&#x0364;nglich<lb/>
bewie&#x017F;en i&#x017F;t, man &#x017F;ofort zum Spruche &#x017F;chreiten<lb/>
ko&#x0364;nne, ohne das eigne Ge&#x017F;ta&#x0364;ndniß durch gewalt-<lb/>
&#x017F;ame Mittel herauszubringen.</p><lb/>
        <p>Im Preußi&#x017F;chen hat man den Gebrauch der<lb/>
Folter &#x017F;chon lange unterla&#x017F;&#x017F;en, aber um das Ge-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;ndniß einer Uebelthat herauszuholen, hat man<lb/>
&#x017F;ich oft &#x017F;olcher Mittel bedient, welche von der Fol-<lb/>
ter wenig ver&#x017F;chieden &#x017F;ind. Ich will hier zwey<lb/>
Fa&#x0364;lle von der Art anfu&#x0364;hren, welche zwar nicht an<lb/>
ihrem rechten Orte &#x017F;ind, aber doch bewei&#x017F;en, wie<lb/>
behut&#x017F;am man bey Unter&#x017F;uchung der kriminalen<lb/>
Wahrheit verfahren mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e. Ich habe beyde Fa&#x0364;lle<lb/>
in Halle &#x017F;elb&#x017F;t erlebt.</p><lb/>
        <p>Einige Bauern hatten an ihrem Wagen einen<lb/>
Kober gebunden, welcher von zwey Soldaten ab-<lb/>
ge&#x017F;chnitten und ge&#x017F;tohlen wurde. In die&#x017F;em Kober<lb/>
befanden &#x017F;ich 20 Thaler an Gelde. Die Soldaten<lb/>
waren zwar ge&#x017F;ehen, aber nicht erkannt worden.<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[109/0113] Drohungen, u. d. gl. zum Geſtaͤndniß eines Ver- brechens zu bewegen. Allein auf dieſe Weiſe wuͤr- de ein boshafter Verbrecher in Frankreich nie koͤn- nen geſtraft werden, wenn man, wie noch in den meiſten Provinzen Deutſchlands, das eigne Ge- ſtaͤndniß des Verbrechers fuͤr ein nothwendiges Er- forderniß zur Guͤltigkeit eines rechtlichen Aus- ſpruchs halten wollte. Daher iſt jezt in Frankreich feſtgeſezt, daß wenn das Verbrechen hinlaͤnglich bewieſen iſt, man ſofort zum Spruche ſchreiten koͤnne, ohne das eigne Geſtaͤndniß durch gewalt- ſame Mittel herauszubringen. Im Preußiſchen hat man den Gebrauch der Folter ſchon lange unterlaſſen, aber um das Ge- ſtaͤndniß einer Uebelthat herauszuholen, hat man ſich oft ſolcher Mittel bedient, welche von der Fol- ter wenig verſchieden ſind. Ich will hier zwey Faͤlle von der Art anfuͤhren, welche zwar nicht an ihrem rechten Orte ſind, aber doch beweiſen, wie behutſam man bey Unterſuchung der kriminalen Wahrheit verfahren muͤſſe. Ich habe beyde Faͤlle in Halle ſelbſt erlebt. Einige Bauern hatten an ihrem Wagen einen Kober gebunden, welcher von zwey Soldaten ab- geſchnitten und geſtohlen wurde. In dieſem Kober befanden ſich 20 Thaler an Gelde. Die Soldaten waren zwar geſehen, aber nicht erkannt worden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/113
Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,2. Leipzig, 1797, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0402_1797/113>, abgerufen am 17.05.2024.