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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797.

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wenn es auf der Stube übel riecht, oder Stroh u.
dgl. auf dem Fußboden herum liegt. Reinlichkeit
sagte immer der Major Fraipon, ist die Seele
der Krankenwärterey: Reinlichkeit ist die erste Be-
dingung jeder Kur. Tobak darf auf den Sälen
niemand rauchen; wer rauchen will, muß hinaus-
gehen.

Jeden Morgen, sobald es zehn Uhr schlägt, wird
geläutet, und die Krankenwärter holen erst ihren
Kranken Bouillon, oder Fleischbrühe, wovon
jeder einen Napf voll erhält; sodann wird das
Brod, das Fleisch, das Gemüse und der
Wein in Beyseyn eines Feldscheers, der von
Bette zu Bette mitgeht, und im Tagebuch nach-
sieht, was jedem Kranken vom Medikus ver-
ordnet ist, ausgegeben. Es ist allen Wärtern ver-
boten, den Kranken irgend etwas zu essen oder
zu trinken zu geben, oder zu holen: kömmt so was
heraus, so wird der Krankenwärter mir nichts, dir
nichts, fortgejagt; denn der Medikus spricht, in
der Diät bestehe die Seele der Kur; doch kann der
Patient sich, mit Bewilligung des Arztes, dies und
jenes für sein Geld holen lassen z. B. Honig, Pflau-
men und dergleichen, doch aber nur mit Bewilli-
gung des Arztes. Ein Kamerad von mir ließ sich
einmal bereden, einem Volontär eine halbe Flasche
Champagnerwein zu holen, welches der sonst sanfte,

wenn es auf der Stube uͤbel riecht, oder Stroh u.
dgl. auf dem Fußboden herum liegt. Reinlichkeit
ſagte immer der Major Fraipon, iſt die Seele
der Krankenwaͤrterey: Reinlichkeit iſt die erſte Be-
dingung jeder Kur. Tobak darf auf den Saͤlen
niemand rauchen; wer rauchen will, muß hinaus-
gehen.

Jeden Morgen, ſobald es zehn Uhr ſchlaͤgt, wird
gelaͤutet, und die Krankenwaͤrter holen erſt ihren
Kranken Bouillon, oder Fleiſchbruͤhe, wovon
jeder einen Napf voll erhaͤlt; ſodann wird das
Brod, das Fleiſch, das Gemuͤſe und der
Wein in Beyſeyn eines Feldſcheers, der von
Bette zu Bette mitgeht, und im Tagebuch nach-
ſieht, was jedem Kranken vom Medikus ver-
ordnet iſt, ausgegeben. Es iſt allen Waͤrtern ver-
boten, den Kranken irgend etwas zu eſſen oder
zu trinken zu geben, oder zu holen: koͤmmt ſo was
heraus, ſo wird der Krankenwaͤrter mir nichts, dir
nichts, fortgejagt; denn der Medikus ſpricht, in
der Diaͤt beſtehe die Seele der Kur; doch kann der
Patient ſich, mit Bewilligung des Arztes, dies und
jenes fuͤr ſein Geld holen laſſen z. B. Honig, Pflau-
men und dergleichen, doch aber nur mit Bewilli-
gung des Arztes. Ein Kamerad von mir ließ ſich
einmal bereden, einem Volontaͤr eine halbe Flaſche
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[459/0463] wenn es auf der Stube uͤbel riecht, oder Stroh u. dgl. auf dem Fußboden herum liegt. Reinlichkeit ſagte immer der Major Fraipon, iſt die Seele der Krankenwaͤrterey: Reinlichkeit iſt die erſte Be- dingung jeder Kur. Tobak darf auf den Saͤlen niemand rauchen; wer rauchen will, muß hinaus- gehen. Jeden Morgen, ſobald es zehn Uhr ſchlaͤgt, wird gelaͤutet, und die Krankenwaͤrter holen erſt ihren Kranken Bouillon, oder Fleiſchbruͤhe, wovon jeder einen Napf voll erhaͤlt; ſodann wird das Brod, das Fleiſch, das Gemuͤſe und der Wein in Beyſeyn eines Feldſcheers, der von Bette zu Bette mitgeht, und im Tagebuch nach- ſieht, was jedem Kranken vom Medikus ver- ordnet iſt, ausgegeben. Es iſt allen Waͤrtern ver- boten, den Kranken irgend etwas zu eſſen oder zu trinken zu geben, oder zu holen: koͤmmt ſo was heraus, ſo wird der Krankenwaͤrter mir nichts, dir nichts, fortgejagt; denn der Medikus ſpricht, in der Diaͤt beſtehe die Seele der Kur; doch kann der Patient ſich, mit Bewilligung des Arztes, dies und jenes fuͤr ſein Geld holen laſſen z. B. Honig, Pflau- men und dergleichen, doch aber nur mit Bewilli- gung des Arztes. Ein Kamerad von mir ließ ſich einmal bereden, einem Volontaͤr eine halbe Flaſche Champagnerwein zu holen, welches der ſonſt ſanfte,

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/463>, abgerufen am 22.11.2024.