die Stadt gefahren, und verscharrt wurden. Das Magazin für das Leinenzeug war in der ehemali- gen Klosterkirche; auch das irdene Geschirr und anderes Geräthe. In der Sakristey logirte Talon, der Aufseher über das Magazin. Die Bilder der Heiligen, welche meist von Gyps waren, lagen auch hier alle zerschlagen herum, und die deutschen Soldaten schnitten sich Tabakspfeifenköpfe aus den Trümmern dieser ehemaligen Gegenstände der öf- fentlichen Verehrung!
Unter meinen Verrichtungen war mir keine lästig, als das Klystiren und das Wegbringen der Todten. Jenes muß jeder Krankenwärter vom Chirurgus lernen, und dann nach des Arztes Vor- schrift vornehmen. Diese Arbeit habe ich niemals gerne gethan. Eben so lästig war mir das Weg- schaffen der Leichen, welche allemal von zwey Kran- kenwärtern in den Garten hinab getragen werden mußten, nachdem man sie vorher ganz entkleidet und in alte Betttücher gewickelt hat. Doch ich wußte einmal, daß dieses seyn mußte, und da ich mich dazu verstanden hatte, so gewöhnte ich mich auch daran.
Ich habe die Zeit meines Aufenthalts im Hos- pital mehr als 40 Kranken besorgt, und ich könnte mir nicht vorwerfen, daß ein einziger unzufrieden weggegangen wäre. Mit Vergnügen befolgte ich
die Stadt gefahren, und verſcharrt wurden. Das Magazin fuͤr das Leinenzeug war in der ehemali- gen Kloſterkirche; auch das irdene Geſchirr und anderes Geraͤthe. In der Sakriſtey logirte Talon, der Aufſeher uͤber das Magazin. Die Bilder der Heiligen, welche meiſt von Gyps waren, lagen auch hier alle zerſchlagen herum, und die deutſchen Soldaten ſchnitten ſich Tabakspfeifenkoͤpfe aus den Truͤmmern dieſer ehemaligen Gegenſtaͤnde der oͤf- fentlichen Verehrung!
Unter meinen Verrichtungen war mir keine laͤſtig, als das Klyſtiren und das Wegbringen der Todten. Jenes muß jeder Krankenwaͤrter vom Chirurgus lernen, und dann nach des Arztes Vor- ſchrift vornehmen. Dieſe Arbeit habe ich niemals gerne gethan. Eben ſo laͤſtig war mir das Weg- ſchaffen der Leichen, welche allemal von zwey Kran- kenwaͤrtern in den Garten hinab getragen werden mußten, nachdem man ſie vorher ganz entkleidet und in alte Betttuͤcher gewickelt hat. Doch ich wußte einmal, daß dieſes ſeyn mußte, und da ich mich dazu verſtanden hatte, ſo gewoͤhnte ich mich auch daran.
Ich habe die Zeit meines Aufenthalts im Hos- pital mehr als 40 Kranken beſorgt, und ich koͤnnte mir nicht vorwerfen, daß ein einziger unzufrieden weggegangen waͤre. Mit Vergnuͤgen befolgte ich
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0456"n="452"/>
die Stadt gefahren, und verſcharrt wurden. Das<lb/>
Magazin fuͤr das Leinenzeug war in der ehemali-<lb/>
gen Kloſterkirche; auch das irdene Geſchirr und<lb/>
anderes Geraͤthe. In der Sakriſtey logirte Talon,<lb/>
der Aufſeher uͤber das Magazin. Die Bilder der<lb/>
Heiligen, welche meiſt von Gyps waren, lagen<lb/>
auch hier alle zerſchlagen herum, und die deutſchen<lb/>
Soldaten ſchnitten ſich Tabakspfeifenkoͤpfe aus den<lb/>
Truͤmmern dieſer ehemaligen Gegenſtaͤnde der oͤf-<lb/>
fentlichen Verehrung!</p><lb/><p>Unter meinen Verrichtungen war mir keine<lb/>
laͤſtig, als das Klyſtiren und das Wegbringen der<lb/>
Todten. Jenes muß jeder Krankenwaͤrter vom<lb/>
Chirurgus lernen, und dann nach des Arztes Vor-<lb/>ſchrift vornehmen. Dieſe Arbeit habe ich niemals<lb/>
gerne gethan. Eben ſo laͤſtig war mir das Weg-<lb/>ſchaffen der Leichen, welche allemal von zwey Kran-<lb/>
kenwaͤrtern in den Garten hinab getragen werden<lb/>
mußten, nachdem man ſie vorher ganz entkleidet<lb/>
und in alte Betttuͤcher gewickelt hat. Doch ich<lb/>
wußte einmal, daß dieſes ſeyn mußte, und da ich<lb/>
mich dazu verſtanden hatte, ſo gewoͤhnte ich mich<lb/>
auch daran.</p><lb/><p>Ich habe die Zeit meines Aufenthalts im Hos-<lb/>
pital mehr als 40 Kranken beſorgt, und ich koͤnnte<lb/>
mir nicht vorwerfen, daß ein einziger unzufrieden<lb/>
weggegangen waͤre. Mit Vergnuͤgen befolgte ich<lb/></p></div></body></text></TEI>
[452/0456]
die Stadt gefahren, und verſcharrt wurden. Das
Magazin fuͤr das Leinenzeug war in der ehemali-
gen Kloſterkirche; auch das irdene Geſchirr und
anderes Geraͤthe. In der Sakriſtey logirte Talon,
der Aufſeher uͤber das Magazin. Die Bilder der
Heiligen, welche meiſt von Gyps waren, lagen
auch hier alle zerſchlagen herum, und die deutſchen
Soldaten ſchnitten ſich Tabakspfeifenkoͤpfe aus den
Truͤmmern dieſer ehemaligen Gegenſtaͤnde der oͤf-
fentlichen Verehrung!
Unter meinen Verrichtungen war mir keine
laͤſtig, als das Klyſtiren und das Wegbringen der
Todten. Jenes muß jeder Krankenwaͤrter vom
Chirurgus lernen, und dann nach des Arztes Vor-
ſchrift vornehmen. Dieſe Arbeit habe ich niemals
gerne gethan. Eben ſo laͤſtig war mir das Weg-
ſchaffen der Leichen, welche allemal von zwey Kran-
kenwaͤrtern in den Garten hinab getragen werden
mußten, nachdem man ſie vorher ganz entkleidet
und in alte Betttuͤcher gewickelt hat. Doch ich
wußte einmal, daß dieſes ſeyn mußte, und da ich
mich dazu verſtanden hatte, ſo gewoͤhnte ich mich
auch daran.
Ich habe die Zeit meines Aufenthalts im Hos-
pital mehr als 40 Kranken beſorgt, und ich koͤnnte
mir nicht vorwerfen, daß ein einziger unzufrieden
weggegangen waͤre. Mit Vergnuͤgen befolgte ich
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/456>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.