che weiter keinen Theil an der Lyonschen Rebellion genommen hatten, zur Guillotine abgeführt.
Sie erschienen beyde auf dem Blutgerüste, hiel- ten sich fest umschlungen, und sagten sich ganz un- befangen die zärtlichsten Dinge. Endlich riß die junge schöne Frau sich los, und sagte zu ihrem Gat- ten, der sie wieder umarmen wollte: hatons ce mo- ment, mon ami; c'est pour nous rejoindre bientot!*) Sie legte sich sofort aufs Brett; und ihr Kopf flog herunter. Ihr Geliebter bat den Guillotineur, ihr die theuren Wangen seiner Freundin noch einmal küssen zu lassen, und als dieses geschehen war, übergab er sich mit der größten Gleichgültigkeit den Händen des Henkers. Als der Guillotineur beyde Köpfe dem Volke hinwies, schrie auch keine Seele: "es lebe die Republik!" wie doch sonst gewöhnlich ist: alle schauten, in stumpfen Schmerz verlohren, vor sich hin, und bewiesen dadurch, daß sie noch nicht alles Gefühl für Natur und Menschlichkeit verlohren hatten. Diese Geschichte war lange das Gespräch des Tages, und wurde mit sehr humanen Glossen begleitet. Natur, rie- fen Viele, edle, allmächtige Natur: was ist ge- gen dich Kunst, Politik und Tod! --
*) Lassen wir diesen Augenblick beschleunigen, mein Freund, da- mit wir bald wieder vereinigt werden.
che weiter keinen Theil an der Lyonſchen Rebellion genommen hatten, zur Guillotine abgefuͤhrt.
Sie erſchienen beyde auf dem Blutgeruͤſte, hiel- ten ſich feſt umſchlungen, und ſagten ſich ganz un- befangen die zaͤrtlichſten Dinge. Endlich riß die junge ſchoͤne Frau ſich los, und ſagte zu ihrem Gat- ten, der ſie wieder umarmen wollte: hâtons ce mo- ment, mon ami; c'eſt pour nous rejoindre bientôt!*) Sie legte ſich ſofort aufs Brett; und ihr Kopf flog herunter. Ihr Geliebter bat den Guillotineur, ihr die theuren Wangen ſeiner Freundin noch einmal kuͤſſen zu laſſen, und als dieſes geſchehen war, uͤbergab er ſich mit der groͤßten Gleichguͤltigkeit den Haͤnden des Henkers. Als der Guillotineur beyde Koͤpfe dem Volke hinwies, ſchrie auch keine Seele: „es lebe die Republik!“ wie doch ſonſt gewoͤhnlich iſt: alle ſchauten, in ſtumpfen Schmerz verlohren, vor ſich hin, und bewieſen dadurch, daß ſie noch nicht alles Gefuͤhl fuͤr Natur und Menſchlichkeit verlohren hatten. Dieſe Geſchichte war lange das Geſpraͤch des Tages, und wurde mit ſehr humanen Gloſſen begleitet. Natur, rie- fen Viele, edle, allmaͤchtige Natur: was iſt ge- gen dich Kunſt, Politik und Tod! —
*) Laſſen wir dieſen Augenblick beſchleunigen, mein Freund, da- mit wir bald wieder vereinigt werden.
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che weiter keinen Theil an der Lyonſchen Rebellion
genommen hatten, zur Guillotine abgefuͤhrt.
Sie erſchienen beyde auf dem Blutgeruͤſte, hiel-
ten ſich feſt umſchlungen, und ſagten ſich ganz un-
befangen die zaͤrtlichſten Dinge. Endlich riß die
junge ſchoͤne Frau ſich los, und ſagte zu ihrem Gat-
ten, der ſie wieder umarmen wollte: hâtons ce mo-
ment, mon ami; c'eſt pour nous rejoindre bientôt! *)
Sie legte ſich ſofort aufs Brett; und ihr Kopf flog
herunter. Ihr Geliebter bat den Guillotineur, ihr
die theuren Wangen ſeiner Freundin noch einmal
kuͤſſen zu laſſen, und als dieſes geſchehen war,
uͤbergab er ſich mit der groͤßten Gleichguͤltigkeit
den Haͤnden des Henkers. Als der Guillotineur
beyde Koͤpfe dem Volke hinwies, ſchrie auch keine
Seele: „es lebe die Republik!“ wie doch ſonſt
gewoͤhnlich iſt: alle ſchauten, in ſtumpfen Schmerz
verlohren, vor ſich hin, und bewieſen dadurch,
daß ſie noch nicht alles Gefuͤhl fuͤr Natur und
Menſchlichkeit verlohren hatten. Dieſe Geſchichte
war lange das Geſpraͤch des Tages, und wurde
mit ſehr humanen Gloſſen begleitet. Natur, rie-
fen Viele, edle, allmaͤchtige Natur: was iſt ge-
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*) Laſſen wir dieſen Augenblick beſchleunigen, mein Freund, da-
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/363>, abgerufen am 25.11.2024.
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