tiven. -- Sollte aber, demohnerachtet, das alte System noch Anhänger im Stillen haben, so müs- sen die mit der Zeit sich auch verlieren. Der öffent- liche Gemeingeist, und die Beeiferung, Andern an Einsicht nicht nachzustehen, oder die Schaam und der Spott darüber -- wird sie weiter bringen. Wer demnach am positiven Christenthume noch hängt, wird es reinigen. Die Päpsteley hält ihn nicht mehr ab, es, wie der alte, ehrwürdige Spal- ding, *) nur für das zu nehmen, was es, seiner moralischen Natur nach, nur seyn kann und sollte. Es wird ihm endlich das werden, was Jakob als allgemeines Religionssystem für alle Vernünf- tige so bündig, lichtvoll und schön darstellt.
Ob man die sogenannte Offenbarung der Chri- sten, oder die Bibel, forthin in Frankreich für etwas mehr, als für eine individuelle Copie der eig- nen Art, Gott, Welt und sich zu betrachten, nehmen, und folglich sie nur historisch benutzen werde, wie die Bücher eines Herodots; Homers u. a., bedarf keiner weitern Berührung. -- Kurz, da die Einrichtung der republikanischen Gottesvereh- rung, unbekümmert um alles System, blos auf die Anfachung der bürgerlichen und gesellschaftlichen Tugenden gerichtet ist: so steht allerdings zu hoffen,
*) Die Religion, eine Angelegenheit des Menschen. Leipzig, 179[6].
tiven. — Sollte aber, demohnerachtet, das alte Syſtem noch Anhaͤnger im Stillen haben, ſo muͤſ- ſen die mit der Zeit ſich auch verlieren. Der oͤffent- liche Gemeingeiſt, und die Beeiferung, Andern an Einſicht nicht nachzuſtehen, oder die Schaam und der Spott daruͤber — wird ſie weiter bringen. Wer demnach am poſitiven Chriſtenthume noch haͤngt, wird es reinigen. Die Paͤpſteley haͤlt ihn nicht mehr ab, es, wie der alte, ehrwuͤrdige Spal- ding, *) nur fuͤr das zu nehmen, was es, ſeiner moraliſchen Natur nach, nur ſeyn kann und ſollte. Es wird ihm endlich das werden, was Jakob als allgemeines Religionsſyſtem fuͤr alle Vernuͤnf- tige ſo buͤndig, lichtvoll und ſchoͤn darſtellt.
Ob man die ſogenannte Offenbarung der Chri- ſten, oder die Bibel, forthin in Frankreich fuͤr etwas mehr, als fuͤr eine individuelle Copie der eig- nen Art, Gott, Welt und ſich zu betrachten, nehmen, und folglich ſie nur hiſtoriſch benutzen werde, wie die Buͤcher eines Herodots; Homers u. a., bedarf keiner weitern Beruͤhrung. — Kurz, da die Einrichtung der republikaniſchen Gottesvereh- rung, unbekuͤmmert um alles Syſtem, blos auf die Anfachung der buͤrgerlichen und geſellſchaftlichen Tugenden gerichtet iſt: ſo ſteht allerdings zu hoffen,
*) Die Religion, eine Angelegenheit des Menſchen. Leipzig, 179[6].
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tiven. — Sollte aber, demohnerachtet, das alte
Syſtem noch Anhaͤnger im Stillen haben, ſo muͤſ-
ſen die mit der Zeit ſich auch verlieren. Der oͤffent-
liche Gemeingeiſt, und die Beeiferung, Andern
an Einſicht nicht nachzuſtehen, oder die Schaam
und der Spott daruͤber — wird ſie weiter bringen.
Wer demnach am poſitiven Chriſtenthume noch
haͤngt, wird es reinigen. Die Paͤpſteley haͤlt ihn nicht
mehr ab, es, wie der alte, ehrwuͤrdige Spal-
ding, *) nur fuͤr das zu nehmen, was es, ſeiner
moraliſchen Natur nach, nur ſeyn kann und ſollte.
Es wird ihm endlich das werden, was Jakob
als allgemeines Religionsſyſtem fuͤr alle Vernuͤnf-
tige ſo buͤndig, lichtvoll und ſchoͤn darſtellt.
Ob man die ſogenannte Offenbarung der Chri-
ſten, oder die Bibel, forthin in Frankreich fuͤr
etwas mehr, als fuͤr eine individuelle Copie der eig-
nen Art, Gott, Welt und ſich zu betrachten, nehmen,
und folglich ſie nur hiſtoriſch benutzen werde,
wie die Buͤcher eines Herodots; Homers u. a.,
bedarf keiner weitern Beruͤhrung. — Kurz, da
die Einrichtung der republikaniſchen Gottesvereh-
rung, unbekuͤmmert um alles Syſtem, blos auf
die Anfachung der buͤrgerlichen und geſellſchaftlichen
Tugenden gerichtet iſt: ſo ſteht allerdings zu hoffen,
*) Die Religion, eine Angelegenheit des Menſchen. Leipzig, 1796.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 4,1. Leipzig, 1797, S. 301. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben0401_1797/305>, abgerufen am 22.11.2024.
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