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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796.

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Provence so gesprochen hat, diesem Poltron
nicht auf der Stelle eine derbe Rückantwort gegeben
hat: aber er strafte ihn nur mit Verachtung. Man
sieht indeß, wie hoch diese Leutchen sich und ihre
Horde taxirten! Und doch waren eben sie es mit,
um derer willen wir uns zur Schlachtbank anschick-
ten!

Ueber den geringen Aufwand, den der Herzog
machte, räsonnirten die Emigranten auch nicht we-
nig. Sie meynten, er müsse ein sehr armer Teu-
fel von Fürsten seyn, daß er nicht mehr aufgehen
ließe. Aber so urtheilten Menschen, denen weise
Sparsamkeit ganz fremde war, und die ihr Lob
und ihre Größe in der unsinnigsten Verschwendung
suchten.

Der Marketender unsers Bataillons war ein
Jude, der aber gar nicht anstand, am Schabes
Geld einzunehmen, Speck zu verhandeln, und
was der sieben Sachen mehr sind, die das Mosai-
sche Gesetz den Juden untersagt. Seine Toleranz
gieng gar so weit, daß er nichts dawider hatte,
wenn seine junge Ehehälfte für sechs Batzen auch
einen Christen ihrer Reize genießen ließ. Dieser
Jude aus Neuwied hat uns indeß jämmerlich ge-
prellt; und zum Dank dafür wurde ein Lied auf
ihn anfänglich schriftlich herumgetragen, hernach
aber zu Frankfurt gedruckt, und ihm zum Schimpf

Provence ſo geſprochen hat, dieſem Poltron
nicht auf der Stelle eine derbe Ruͤckantwort gegeben
hat: aber er ſtrafte ihn nur mit Verachtung. Man
ſieht indeß, wie hoch dieſe Leutchen ſich und ihre
Horde taxirten! Und doch waren eben ſie es mit,
um derer willen wir uns zur Schlachtbank anſchick-
ten!

Ueber den geringen Aufwand, den der Herzog
machte, raͤſonnirten die Emigranten auch nicht we-
nig. Sie meynten, er muͤſſe ein ſehr armer Teu-
fel von Fuͤrſten ſeyn, daß er nicht mehr aufgehen
ließe. Aber ſo urtheilten Menſchen, denen weiſe
Sparſamkeit ganz fremde war, und die ihr Lob
und ihre Groͤße in der unſinnigſten Verſchwendung
ſuchten.

Der Marketender unſers Bataillons war ein
Jude, der aber gar nicht anſtand, am Schabes
Geld einzunehmen, Speck zu verhandeln, und
was der ſieben Sachen mehr ſind, die das Moſai-
ſche Geſetz den Juden unterſagt. Seine Toleranz
gieng gar ſo weit, daß er nichts dawider hatte,
wenn ſeine junge Ehehaͤlfte fuͤr ſechs Batzen auch
einen Chriſten ihrer Reize genießen ließ. Dieſer
Jude aus Neuwied hat uns indeß jaͤmmerlich ge-
prellt; und zum Dank dafuͤr wurde ein Lied auf
ihn anfaͤnglich ſchriftlich herumgetragen, hernach
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[69/0081] Provence ſo geſprochen hat, dieſem Poltron nicht auf der Stelle eine derbe Ruͤckantwort gegeben hat: aber er ſtrafte ihn nur mit Verachtung. Man ſieht indeß, wie hoch dieſe Leutchen ſich und ihre Horde taxirten! Und doch waren eben ſie es mit, um derer willen wir uns zur Schlachtbank anſchick- ten! Ueber den geringen Aufwand, den der Herzog machte, raͤſonnirten die Emigranten auch nicht we- nig. Sie meynten, er muͤſſe ein ſehr armer Teu- fel von Fuͤrſten ſeyn, daß er nicht mehr aufgehen ließe. Aber ſo urtheilten Menſchen, denen weiſe Sparſamkeit ganz fremde war, und die ihr Lob und ihre Groͤße in der unſinnigſten Verſchwendung ſuchten. Der Marketender unſers Bataillons war ein Jude, der aber gar nicht anſtand, am Schabes Geld einzunehmen, Speck zu verhandeln, und was der ſieben Sachen mehr ſind, die das Moſai- ſche Geſetz den Juden unterſagt. Seine Toleranz gieng gar ſo weit, daß er nichts dawider hatte, wenn ſeine junge Ehehaͤlfte fuͤr ſechs Batzen auch einen Chriſten ihrer Reize genießen ließ. Dieſer Jude aus Neuwied hat uns indeß jaͤmmerlich ge- prellt; und zum Dank dafuͤr wurde ein Lied auf ihn anfaͤnglich ſchriftlich herumgetragen, hernach aber zu Frankfurt gedruckt, und ihm zum Schimpf

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Zitationshilfe: Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/81>, abgerufen am 24.11.2024.