lonel bey der Maison du roi; sodann den Marquis von Pontbruiant, Major-general. Mein Hauptmann war gerade damals, als man sie ein- zog, auf der Hauptwache, und ich mußte hin, um mit diesen Herren zu reden, und den Dolmetscher vorzustellen. Der Graf war ein alter Wollüstling, und daher schien er mir gleich eben kein starker Pa- triot zu seyn: der Marquis war ein junger feuriger Mann, der mir als höchst verschmizt vorkam. Um ihn auf die Probe zu stellen, -- nicht zu verra- then -- fing ich an, Emigrantenmäßig aufzuschnei- den, und die großen Thaten anzuführen, welche wir, vereint mit den Emigrirten, gegen die Pa- trioten verrichten wollten. Der Marquis machte zu meinem Geschwätze eine Mine, die mir mehr sagte, als Worte je konnten; und seine ganze Ant- wort war: daß man wohl mehr Schwierigkeiten finden würde, als man glaubte. Von Mirabeau sagte er: er ist zwar unser Feind, doch immer ein großer Kopf. Diese Sprache, im Munde eines Emigranten, zeigte mir den Mann; und gerne hätte ich ihm meine Gedanken mitgetheilt, aber die Furcht vor den -- Juden, wie Bahrdt zu sagen pflegte, hielt mich zurück. -- Beyde Herren sind hernach nebst andern entlassen; aber auch Beyde haben sich nach ihrem Vaterlande zurückbegeben: das hörten wir bey Verdun.
lonel bey der Maiſon du roi; ſodann den Marquis von Pontbruiant, Major-géneral. Mein Hauptmann war gerade damals, als man ſie ein- zog, auf der Hauptwache, und ich mußte hin, um mit dieſen Herren zu reden, und den Dolmetſcher vorzuſtellen. Der Graf war ein alter Wolluͤſtling, und daher ſchien er mir gleich eben kein ſtarker Pa- triot zu ſeyn: der Marquis war ein junger feuriger Mann, der mir als hoͤchſt verſchmizt vorkam. Um ihn auf die Probe zu ſtellen, — nicht zu verra- then — fing ich an, Emigrantenmaͤßig aufzuſchnei- den, und die großen Thaten anzufuͤhren, welche wir, vereint mit den Emigrirten, gegen die Pa- trioten verrichten wollten. Der Marquis machte zu meinem Geſchwaͤtze eine Mine, die mir mehr ſagte, als Worte je konnten; und ſeine ganze Ant- wort war: daß man wohl mehr Schwierigkeiten finden wuͤrde, als man glaubte. Von Mirabeau ſagte er: er iſt zwar unſer Feind, doch immer ein großer Kopf. Dieſe Sprache, im Munde eines Emigranten, zeigte mir den Mann; und gerne haͤtte ich ihm meine Gedanken mitgetheilt, aber die Furcht vor den — Juden, wie Bahrdt zu ſagen pflegte, hielt mich zuruͤck. — Beyde Herren ſind hernach nebſt andern entlaſſen; aber auch Beyde haben ſich nach ihrem Vaterlande zuruͤckbegeben: das hoͤrten wir bey Verdun.
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lonel bey der Maiſon du roi; ſodann den Marquis
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mit dieſen Herren zu reden, und den Dolmetſcher
vorzuſtellen. Der Graf war ein alter Wolluͤſtling,
und daher ſchien er mir gleich eben kein ſtarker Pa-
triot zu ſeyn: der Marquis war ein junger feuriger
Mann, der mir als hoͤchſt verſchmizt vorkam. Um
ihn auf die Probe zu ſtellen, — nicht zu verra-
then — fing ich an, Emigrantenmaͤßig aufzuſchnei-
den, und die großen Thaten anzufuͤhren, welche
wir, vereint mit den Emigrirten, gegen die Pa-
trioten verrichten wollten. Der Marquis machte
zu meinem Geſchwaͤtze eine Mine, die mir mehr
ſagte, als Worte je konnten; und ſeine ganze Ant-
wort war: daß man wohl mehr Schwierigkeiten
finden wuͤrde, als man glaubte. Von Mirabeau
ſagte er: er iſt zwar unſer Feind, doch immer ein
großer Kopf. Dieſe Sprache, im Munde eines
Emigranten, zeigte mir den Mann; und gerne haͤtte
ich ihm meine Gedanken mitgetheilt, aber die Furcht
vor den — Juden, wie Bahrdt zu ſagen pflegte,
hielt mich zuruͤck. — Beyde Herren ſind hernach
nebſt andern entlaſſen; aber auch Beyde haben ſich
nach ihrem Vaterlande zuruͤckbegeben: das hoͤrten
wir bey Verdun.
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Laukhard, Friedrich Christian: F. C. Laukhards Leben und Schicksale. Bd. 3. Leipzig, 1796, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/laukhard_leben03_1796/72>, abgerufen am 27.11.2024.
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